FPÖ-MdEP Andreas Mölzer setzt sich in der von ihm mitherausgegebenen Zur Zeit mit der Rolle des nationalfreiheitlichen Milieus im heurigen Gedankenjahr auseinander: Bis auf das "medial maßlos verstärkte Geraune zweier, in Summe durchaus respektabler Altbundesräte" (Zur Zeit 19/2005, S. 16) - gemeint sind die skandalösen Äußerungen von Kampl und Gudenus - sei vom "Dritten Lager" aus Anlass etwa des 60. Jahrestages der Befreiung vom NS-Regime nichts zu hören gewesen. Dies habe aber durchaus eine Logik, war dieses Lager doch "nach dem 8. Mai 1945 gewissermaßen der repräsentative Vertreter der Besiegten". Während sich die ÖsterreicherInnen nach 1945 als Opfer sehen konnten, blieben diejenigen, die sich immer noch als "Deutsche" sahen, ein "Teil dieses Tätervolkes". Von daher sei es nicht überraschend, dass man im "Dritten Lager" versucht war und ist, die Schuld zu minimieren, an den "Exculpierungs-Rituale[n]" teilzuhaben. Das deutschnationalistische Milieu habe sich allen Versuchen der "Vergangenheitsbewältigung und Re-Education" gegenüber versperrt, es sei der "nicht umerzogene, das heißt volkspädagogisch nicht entsprechend gleichgeschaltete Teil des deutschen Tätervolkes" geblieben. Mit dankenswerter Offenheit merkt Mölzer schließlich an, dass der "nationalfreiheitliche [...] Anteil der Österreicher" die "Reflexe, die unterschwelligen Abwehrhaltungen und die Verweigerungs- und Vermeidungsrituale in Hinblick auf die deutsche Schuld und damit auch auf die NS-Verbrechen aufrecht erhielt und zum Teil unterbewusst auch noch aufrecht erhält". Es sei u. a. diese "Hypothek", "in der vermeintlichen Pflicht zu stehen, alle Verbrechen der Besiegten von 1945 wider besseren Wissens irgendwie verteidigen zu müssen" (ebenda, S. 17), die das "Dritte Lager" gerade heuer derart marginalisiere.
Es sind wohl Aussagen wie die folgende, die es Mölzer heuer nicht opportun erscheinen ließen, am "Totengedenken" der Wiener Burschenschaften teilzunehmen: "Die Verbrechen, die im deutschen Namen vom NS-Regime begangen wurden, können weder verleugnet noch verharmlost oder gar durch irgendwelche Aufrechnungen relativiert werden." Wenn Mölzer dann sogar noch von korporierten Nazi-Schergen spricht, welche "die Menschenwürde Unschuldiger oder gar Schwächerer wie Frauen und Kinder mit Füßen getreten" haben und "auch 60 Jahre später nicht unsere Fürsprache und unsere Verteidigung" verdienten, dann könnte er sich auch in den Augen der korporierten Veranstalter als Redner am "Totengedenken" disqualifiziert haben. Auf jeden Fall mutet Mölzer mit seiner Aufforderung an das "Dritte Lager", endlich mit seinem "Geschichtsbild ins Reine" zu kommen und die "Verbrechen des Nationalsozialismus vorbehaltlos zu verurteilen" (ebenda, S. 18), diesem wohl zu viel zu.
Das zeigt sich schon allein darin, wie in Zur Zeit die skandalöse Äußerung eines Mitherausgebers, Bundesrat John Gudenus, verhandelt wird. Ausgerechnet der für seine antisemitischen Tiraden bekannte Friedrich Romig schreibt dort von einer "Hetzjagd auf Gudenus" (ebenda, S. 19). Dieser Sicht haben sich mit ihrer Unterschrift angeschlossen: J. F. Balvany, Katalin Clemente-Palma, Moishe A. Friedmann, Walter Lüftl, Günther Kappel, Waltraud Kupf, Richard Melisch, Herbert Michner und Helmut Müller.
Als "Herr Eschlauer" erntet Mölzer in seiner ohnehin vorsichtigen Einschätzung des Gudenus-Sagers als nicht gerade intelligent und produktiv auch unmittelbar Widerspruch: Wolfgang Caspart (Freiheitlicher Akademikerverband Salzburg) weist in einem veröffentlichten Brief darauf hin, "dass Gudenus etwas gesagt hat, was [...] die Anhänger des Dritten Lagers ohnehin meinen". (Ebenda) Weil "eine rechte Partei nur mit rechten Themen eine rechte Klientel ansprechen" (ebenda, S. 20) könne, sei die Reaktion der Rest-FPÖ - der Parteiausschluss von Gudenus - falsch gewesen.