Ursula Schwarz
Um den nationalsozialistischen Volksgerichtshof zu entlasten, hatte die Oberreichsanwaltschaft beim Volksgerichtshof als oberste Anklagebehörde des "Dritten Reichs" die Möglichkeit, bei den Delikten "Hochverrat", "Landesverrat" oder "Wehrkraftzersetzung" die Strafverfolgung an den Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht (OLG) Wien abzugeben. Zur Verhandlung und Entscheidung wurden beim OLG Wien sogenannte "Besondere Senate" gebildet, die auch außerhalb Wiens tagten. Erst ab 1. Oktober 1944 wurde neben dem OLG Wien auch das OLG Graz für die Reichsgaue Steiermark und Kärnten tätig. Die "Hoch- und Landesverratssenate" waren zuerst mit fünf Berufsrichtern, ab 1939 mit drei Berufsrichtern besetzt. Ab 1942 konnte auch ein Einzelrichter mit Zustimmung des Staatsanwalts allein Urteile fällen.
An den "Besonderen Senaten" des OLG Wien wurden zumindest 1988 Verfahren gegen 4163 Personen, darunter 672 Frauen geführt. Im Gegensatz zum Volksgerichtshof war die typische Strafe bei Verfahren am Wiener OLG Zuchthaus. Die "Besonderen Senate" des OLG Wien verhängten mindestens 17 Todesurteile, elf davon wurden im Landesgericht (LG, damals: Landgericht) Wien, eines in Graz vollstreckt. Vier Personen wurden zu Zuchthausstrafen begnadigt, von einer Person sind keine Daten einer möglichen Hinrichtung bekannt.
Gegen folgende Personen wurden Todesurteile verhängt:
Ignaz Pirringer (1891-1942) - 1. 10. 1942
Ignaz Liedlbauer (1912-1943) und andere - 5. 11. 1942
Leopold Strasser (1903-1943) - 1. 12. 1942
Johann Senninger (1895-1942) - 4. 12. 1942
Johann Gerstner (1900-1943) - 19. 1. 1943
Hildegard Burger (1905-1943) - 20. 5. 1943
Ernst Pokorny (1913-1943) - 12. 10. 1943
Laurenz Cichra (1902-1944) - 13. 4. 1944
Hermine Lohninger (1902-1944) - 6. 6. 1944
Ludwig Rumpelecker (1880-1944) - 8. 6. 1944
Augustin Grohser (Grosser, Großer, 1891-1944) - 13. 7. 1944
Adolf Brunhauser (1898-1945) - 24. 1. 1945
Rinaldo Zeyen - Jänner 1945
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