"Identitärer" Gastredner Sunić weiter in rassistisch-antisemitischen Gefilden
Tomislav Sunić, prominenter Gastredner der Identitären Bewegung Österreich bei deren Demonstration am 20. Februar 2016 in Klagenfurt (siehe: Tomislav Sunić zu Gast bei Identitären), hat nun den Text seiner dort gehaltenen Rede in gekürzter Version und englischer Übersetzung im Internet veröffentlicht. Während Sunić in Kenntnis der geltenden Rechtslage seine Worte in Klagenfurt mit Bedacht wählte, bestätigt die von ihm gewählte Veröffentlichungsplattform einmal mehr seine politisch-ideologische Verortung im Überschneidungsfeld von Weltanschauungsantisemitismus, Neonazismus und weißem Nationalismus (Rassismus) US-amerikanischer Prägung.
Der Redetext erschien im Online-Magazin Occidental Observer (OO), zu dessen Stammautoren Sunić zählt. Die Selbstbeschreibung der Plattform benennt als thematische Kernanliegen "weiße Identität, weiße Interessen und die westliche Kultur". (Alle Zitate: DÖW-eigene Übersetzungen aus dem amerikanischen Englisch.) Tatsächlich bildet ein zutiefst rassistisches und antisemitisches Weltbild die einigende Klammer für die (weit überwiegend männliche) Autorenschaft und die LeserInnen des OO. Die Anti-Defamation League (ADL) beschrieb das Webzine 2009 als "die neue Stimme des Online-Antisemitismus" bzw. als "eine vorrangige Stimme für den Antisemitismus rechtsextremer Intellektueller". Dabei verwies die ADL auf Artikel, die u. a. "Feindseligkeit gegenüber Weißen und dem Christentum" als "ein jüdisches Mainstream-Phänomen" bezeichneten oder Juden und Jüdinnen in Amerika die Absicht unterstellten, die amerikanischen Weißen ausrotten zu wollen. [1] Die inhaltliche Schwerpunktsetzung auf antisemitische Verschwörungsphantasien kommt auch im Rubrikensystem der Plattform zum Ausdruck, das neben rassistischen Kategorien wie "White Racial Consciousness and Advocacy" ("Weißes Rassenbewusstsein und Interessenvertretung") vor allem die einschlägigen Stereotype wiedergibt: "Jewish aggressiveness", "Jewish influence", "Jewish traits", "Jewish Wealth", "Jews and Hollywood", "Jews and the Left", "Jews as a hostile elite" ("Jüdische Aggressivität", "Jüdischer Einfluss", "Jüdische Eigenschaften", "Jüdischer Reichtum", "Juden und Hollywood", "Juden und die Linke", "Juden als feindselige Elite") etc.
In die "Blattlinie" des OO fügen sich auch viele LeserInnen-Kommentare. So sind auch unter Sunić' Klagenfurter Redetext Auslassungen zu finden, wonach etwa die politischen Systeme aller westlichen Länder "Marionetten-Regierungsorganisationen unter der Kontrolle von Juden" darstellten. "Ich möchte, dass die pro-Einwanderungs-Politiker, deren Antifa-Schläger und die Invasoren selbst BESEITIGT [TAKEN OUT] werden wie der Müll, der sie sind", schreibt ein/e weitere/r User/in. Wieder ein/e andere/r lobt Sunić' Text, bedauert aber, dass dieser seine Kritik nicht etwas expliziter formuliert habe. Die Antizipation rechtlicher Konsequenzen habe ihn wohl veranlasst, zum Code einer "capitalist superclass" zu greifen, anstatt von "Zionisten" oder gar "jüdischen Eiferern/Fanatikern/Extremisten/Terroristen" zu sprechen bzw. zu schreiben.
Sunić selbst, der wie seine "identitären" Gastgeber kein Rassist sein will, erörterte auf den Seiten des OO im vergangenen Jahr u. a., ob Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten fähig seien, einen funktionierenden Staat aufzubauen: wären sie es, so die Ausführungen des laut "identitärer" Ankündigung "international anerkannte[n] Denker[s]", würden sie nicht nach Europa gehen; wären sie es nicht, sollten sie, "anstatt in weißen Gärten ihrer neuen weißen Herren ihr Lager aufzuschlagen", doch "die weißen Herren wieder in ihre dunklen Vilâyets [Verwaltungseinheiten des osmanischen Reiches] einladen". Im selben Text bedauerte Sunić mit Referenz auf Vilfredo Pareto, dass die Politiker in liberalen Gesellschaften in Auflösung "sich mehr um die rassische Reinheit ihrer Hunde als um ihre eigene rassische Reinheit" sorgten. In einem anderen Text räsoniert Sunić über die Bedingungen eines von ihm für erstrebenswert befundenen Aufbaus "ethnischer Enklaven", in denen "wir weiße Europäer und Amerikaner" eine "rassische/ethnische Integrität" wahren könnten.
OO-Herausgeber Kevin MacDonald wird vom Southern Poverty Law Center (SPLC) als "White Nationalist" und "der neonazistischen Bewegung liebster Akademiker" bezeichnet. Vor allem betont das SPLC MacDonalds obsessiv antisemitische Orientierung und verweist auf die von ihm in zahlreichen Artikeln und einer Buchtrilogie entfaltete Sichtweise, wonach Juden und Jüdinnen genetisch darauf programmiert seien, westliche Gesellschaften zu zerstören. Dazu würden sie, einem Virus gleich, durch akkordiertes Gruppenverhalten Gesellschaften systematisch destabilisieren. Antisemitismus sei demnach kein irrationaler Wahn, sondern nachvollziehbare Reaktion auf jüdische Unterwanderung und Feindseligkeit. Seine Arbeiten machten MacDonald u. a. zum Idol des Ku-Klux-Klan-Führers David Duke und zum Entlastungszeugen des Holocaustleugners David Irving. 2011 nannte MacDonald Anders B. Breivik nach dem von diesem verübten Massaker in Oslo einen "ernsthaften politischen Denker mit zahlreichen Erkenntnissen und einigen guten praktischen Ideen zur Strategie". [2]
Mit Sunić verbindet MacDonald nicht nur die gemeinsame publizistische Tätigkeit für den OO, sondern auch das Engagement für das neonazistische Institute for Historical Review (Sunić als Referent, MacDonald als Autor) und die Zugehörigkeit zum Führungsstab der rassistischen American Freedom Party [3] .
Anmerkungen:
[1] http://www.adl.org/combating-hate/domestic-extremism-terrorism/c/the-occidental-observer.html
» zurück
[2] https://www.splcenter.org/fighting-hate/extremist-files/individual/kevin-macdonald
» zurück
[3] http://american3rdposition.com/?cat=1019