Hannah Fischer - Ehrenmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (öge) und überaus aktives Mitglied in deren Frauenarbeitsgemeinschaft - feiert am 27.September 2015 ihren 90. Geburtstag.

Als Kind - gemeinsam mit ihrem Zwillingsbruder Raphael Erwin - im Sommer 1938 von der vorausschauenden Mutter nach England verschickt, auf der Flucht vor Verfolgung durch die Nationalsozialisten - stand Hannah Fischer ebenso wie ihre LeidensgefährtInnen nicht nur vor der Aufgabe, vor der Zeit erwachsen zu werden, sondern auch vor den Scherben ihres damaligen Lebenskonzepts, Ärztin zu werden. Bereits im britischen Exil ging sie mit beispielhaftem Mut und großer Konsequenz daran, einen neuen Lebensplan aufzubauen: Sie widmete sich den Kindern, lernte als Trainee in den War Nurseries von Anna Freud völlig neue Erziehungskonzepte für die Jüngsten kennen, wurde Kindergärtnerin, studierte nach ihrer Rückkehr nach Österreich 1946 Kinderpsychologie, Pädagogik und schließlich doch noch Medizin, adoptierte ein Kind und brachte es in ihrer Berufslaufbahn bis zur Leiterin der Wiener Bildungsanstalt für KindergärtnerInnen.

Hannah Fischer hat stets versucht, etwas von dem zurückzugeben, was ihr selbst in England an Förderung und Wohlwollen entgegengebracht worden ist. Sie führte jahrelang in Kooperation mit der Polisario, der Befreiungsbewegung der Westsahara, ein Ausbildungsprojekt für saharauische Frauen zu Kindergartenpädagoginnen, das sie als Schulleiterin begonnen hatte, weiter und nahm zahlreiche kranke oder behinderte Kinder aus der Westsahara, die sie zur Behandlung nach Wien brachte, bei sich daheim auf. Sie gab - bis vor Kurzem - Kindern mit Migrationshintergrund Nachhilfe. Und sie kümmert sich darum, dass die Erinnerung an die Verfolgung und Vertreibung der jüdischen Bevölkerung durch die Nazis lebendig bleibt. Ebenso wichtig ist ihr aber die Erinnerung an jene, die damals geholfen haben und die - wie Anna Freud - ihr Denken prägten. So war es auch Hannah Fischer, die den Anstoß zu einer Tagung über das Leben von Stella Klein-Löw gab, ihrer bewunderten Lehrerin im Wiener Chajes-Gymnasium, die sie in der britischen Emigration wieder getroffen hat. Demnächst erscheint zu dieser Tagung, die die Frauenarbeitsgemeinschaft im Jänner 2014 veranstaltet hat, ein Buch. Das wohl berührendste unter den Referaten - gespeist von ihren Erinnerungen - hat Hannah Fischer selbst gehalten und niedergeschrieben.

Wir gratulieren dieser unermüdlichen Kämpferin für mehr Gerechtigkeit in einer besseren Welt zu ihrem 90. Geburtstag.

<< zurück