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Karl Flanner (1920 - 2013)

Prof. Karl Flanner, Widerstandskämpfer, Gründer und langjähriger Leiter des Industrieviertelmuseums Wiener Neustadt, starb am 2. Juni 2013 im 93. Lebensjahr. Er gehörte dem Kuratorium des DÖW an.

 

Am 22. Oktober 1920 in Wiener Neustadt geboren wuchs Karl Flanner im Arbeiterviertel "Flugfeld" auf. Als Jugendlicher gehörte der gelernte Gärtner und Elektroschweißer dem Arbeiter-Turnverein und den Roten Falken an. Nach den Februarkämpfen 1934 trat er dem Kommunistischen Jugendverband (KJV) bei. Die Annexion Österreichs durch Hitlerdeutschland im März 1938 brachte die organisierte politische Tätigkeit nur kurz zum Erliegen. Flanner war am Wiederaufbau des Wiener Neustädter KJV maßgeblich beteiligt; bald hatte die KJV-Ortsgruppe auch Stützpunkte in Winzendorf, Felixdorf und Lichtenwörth und begann mit der Herausgabe der illegalen Zeitung Jungkommunist. Durch die Aussagen eines festgenommenen Aktivisten wurde die Gruppe im Sommer 1939 von der Gestapo Wiener Neustadt aufgerollt. Flanner wurde am 22. August 1939 festgenommen und im Zuge der Verhöre schwer misshandelt. 1946 gab er auf dem Polizeikommissariat Wiener Neustadt zu Protokoll:

 

"Beim Transport von meinem Wohnhaus bis zur Gestapo traktierten mich Gabriel und Jancsar [= Jancar] mit vielen Fausthieben. [...] Mir wurde vorgehalten, dass ich mich gegen das nationalsozialistische Regime betätigt, eine illegale Zeitung herausgegeben und in dieser Angelegenheit Mitwisser hätte. Da ich leugnete, begannen die oben bezeichneten Personen, mich mit Ohrfeigen, Fausthieben und Fußtritten zu misshandeln. Die Misshandlungen dauerten mit kleinen Unterbrechungen ungefähr vom 22. 8. 1939, 23.00 Uhr abends bis 23. 8. 1939, 3.00 Uhr morgens. Nach Beendigung der geschilderten Prozedur war ich auf dem ganzen Körper, besonders aber auf dem Kopf, verschwollen und wies zahlreiche Hautabschürfungen auf. Geschlagen wurde ich von allen dort anwesenden Personen, besonders hervorgetan hat sich dabei jedoch der Kriminalbeamte Josef Gabriel. Es wurden mir von diesem die Kopfhaare büschelweise ausgerissen."

 

Flanner wurde am 4. Oktober 1940 vom Oberlandesgericht Wien zu drei Jahren und neun Monaten Zuchthaus verurteilt. Nach der Strafverbüßung im September 1943 wurde er nach mehreren Monaten Haft in Wien in Schutzhaft genommen, da – so ist im Schutzhaftbefehl vom 4. Dezember 1943 vermerkt – "auf Grund seines Vorlebens zu befürchten steht, er werde sich in Freiheit weiterhin für die KPÖ betätigen". Flanner wurde am 6. Februar 1944 in das KZ Dachau eingeliefert und Ende 1944 in das KZ Buchenwald überstellt. Dort erlebte er die Befreiung im April 1945.

 

Buchenwald-Häftlinge

Gruppe österreichischer Häftlinge nach der Befreiung des KZ Buchenwald im April 1945

1. Reihe hockend, 1. von links: Karl Flanner (DÖW Foto 121)

 

 

Flanner gehörte 1946 - 1955 und 1960 - 1971 für die KPÖ dem Gemeinderat von Wiener Neustadt an. Nach seinem Ausschluss aus der KPÖ war er im Stadtarchiv Wiener Neustadt tätig. Als vielfach ausgezeichneter Historiker und Sozialforscher setzte sich Flanner über Jahrzehnte mit der Geschichte Wiener Neustadts – insbesondere der Geschichte der Arbeiterbewegung – auseinander. Sein Ansatz, die arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt zu rücken, stand auch hinter der Gründung des von ihm initiierten Industrieviertel-Museums, das 1991 eröffnet wurde und mit dem Namen Karl Flanner untrennbar verbunden ist.

 

Ein besonderes Anliegen war Flanner die zeitgeschichtliche Bildung Jugendlicher; unzählige Vorträge, Diskussionen und Gespräche führten ihn als Zeitzeuge vor allem in Mittel- und Berufsschulen des Industrieviertels. In diesem Sinne erschien auch 2009 die als Unterrichtsmittel konzipierte zweiteilige DVD-Dokumentation Karl Flanner - Widerstand (hrsg. vom Verein Zeitgeschichten), die Flanners politischen Widerstand und seine Haft in den KZ Dachau und Buchenwald thematisiert. Er selbst resümierte sein Leben in der 2008 erschienenen Autobiographie Zeuge der Zeit. Die Geschichte meines Lebens.

 

 

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