logo
logo

Friederike (Fritzi) Löwy: "Du bist eine feige Jüdin!"

Friederike (Fritzi) Löwy, geb. 1910 in Wien, Schwimmerin und Sekretärin. Ende 1939 Italien, nach Einmarsch der Deutschen Wehrmacht im September 1943 Flucht in die Schweiz.

Nach Kriegsende Emigration nach Australien. Später Rückkehr nach Wien.

Verstorben 1994.

 

 

Ich bin durch eine Nachbarin, ein junges Mädel, zum Schwimmsport gekommen. Sie hat gesagt: "Komm einmal mit." Die war in dem Hakoah-Klub. Da war ich zwölf. Mit 13 war ich Jugendmeisterin, mit 14½ österreichische Meisterin, das bin ich zwölf Jahre hindurch geblieben. [...]

 

Lange vor Hitler war der Antisemitismus da, leider. Ich habe es auch im Sport sehr gefühlt. Und das war eben auch der Grund, warum man gesagt hat: "Wir müssen obenauf bleiben." Bei den Donaumeisterschaften "Quer durch Wien", die ich dreimal gewonnen habe, kam es immer zu irgendwelchen Exzessen. Zum Beispiel in Krems, da haben sie unsere Autos mit rotem Lack beschmiert. Es gab auch Raufereien. Von da an haben wir unsere Ringermannschaften, die alle österreichische Meister waren, überall mitgenommen. Wenn irgendeine Rauferei war, dann waren sie eben die Starken. Die Zeitungen, überhaupt die "Reichspost" und die christlichsozialen Zeitungen, haben über mich geschrieben: "Die polnische Jüdin und der ungarische Jud haben das 'Quer durch Wien'-Schwimmen gewonnen, eine Schande für Österreich, für den österreichischen Sport", und weiß ich, was alles. Ich habe früher sehr viele Bergtouren gemacht. Da waren schon in den Hüttenbüchern antisemitische Bemerkungen drinnen. "Sieg Heil" und was weiß ich alles. Das war schon lange vor Hitler. Ich war früher oft in Gesellschaft, da hat man sehr oft gehört: "Da kommt der Jud" oder "Das ist bestimmt ein Jud". Eine meiner schärfsten Gegnerinnen ist einmal zu mir gekommen und hat gesagt: "Du bist eine feige Jüdin." Habe ich gesagt: "Wenn du nicht sofort gehst, kannst du von einer feigen Jüdin eine kriegen, dass du liegen bleibst." Sie hat dann jedesmal, wenn ein Rennen war, zu mir gesagt: "Heute schlag ich dich, heute schlag ich dich." - "Ja, aber daher, auf die Schulter", habe ich darauf gesagt. Immer gab 's so Sticheleien. Da war einmal ein Rennen in Graz, bei dem der Karli Schäfer, der berühmte Eisläufer, der wirklich ein feiner Kerl war, Zielrichter war. Ich habe knapp über 100 Meter gesiegt. Alle anderen haben gesagt, die andere war 's. Und der Karli Schäfer hat gesagt: "Ich habe die Fritzi als Erste gesehen, und dabei bleibt es." So hat man dann beschlossen, das Rennen am Ende des Abends noch einmal auszutragen, und da habe ich dann gewonnen, überlegen gewonnen. Ich meine, so kleine Sticheleien gab es schon sehr oft im Sport. Vor allem die Zeitungen haben furchtbar geschrieben. Wir waren ja nicht zu schlagen, die Hedi Bienenfeld-Wertheimer und ich. Wir haben alle Reisen zusammen gemacht, Prag, Budapest, Berlin, Paris. [...]

 

Ich bin geschwommen dank meiner Kräfte, stilistisch furchtbar. Ich war kolossal robust, und dann - habe ich gewonnen, war es gut, wenn nicht, habe ich halt Pech gehabt. Natürlich, wenn ich Österreich vertreten habe, war ich schon ehrgeizig. 1927 stellte ich den Europarekord in 200 Meter Kraul auf und erhielt einen silbernen Pokal - den einzigen, den meine Mutter retten konnte. Ich bin vor allem für meinen Klub geschwommen. Und dann, wenn man ein bisschen Antisemitismus gespürt hat, war das natürlich schon auch Motivation. Antisemitismus haben wir sehr gespürt durch den "Ersten Wiener Amateur-Schwimm-Klub". Das waren unsere schärfsten Gegner.

 

<< zurück

 

Unterstützt von: