Bereits in den ersten Tagen des neuen Jahres fanden in mehreren österreichischen Städten (Braunau, Graz, Innsbruck, Linz, Salzburg, Wien) Kundgebungen gegen die Regierungsmaßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie statt. Wie seit Beginn der Proteste üblich – das DÖW berichtete wiederholt, zuletzt im Juli 2020 – wurden in deren Rahmen verschwörungsphantastische Erzählungen gesponnen und waren inhaltliche wie personelle Überschneidungen mit der rechtsextremen Szene feststellbar.
Als Grundkonsens der RednerInnen auf der Wiener Kundgebung vom 3. Jänner (vgl. zu dieser ausführlich den Bericht des Journalisten Michael Bonvalot (www.bonvalot.net) lässt sich die Überzeugung benennen, dass die Regierungsmaßnahmen nicht gesundheitspolitisch motiviert seien. Uneinig ist man sich freilich in der Bestimmung der tatsächlichen Hintergründe. Mitveranstalter Hannes Brejcha eröffnete die Veranstaltung gleichsam mit der Verkündigung, „[u]nser Land“ werde „gerade angegriffen von der Hochfinanz“ (ein wohletablierter antisemitischer Code). Die Pandemie sei inszeniert worden, um die Weltwirtschaft umzubauen und eine Ausrede für einen nahenden „Finanzcrash“ zu kreieren. Die Grazer Ärztin Konstantina Rösch wiederum glaubt, dass „ein autoritärer Staat etabliert werden soll“. Rechtsanwalt Roman Schiessler zog es vor, sich über die Hintergründe der Pandemie nicht konkret zu äußern, da er befürchte, sonst zum „Kriminalfall“ zu werden. Eine „globale Weltverschwörung“ sieht Rednerin Jennifer Klauninger im Gange. Wie schon des Öfteren auf vergleichbaren Kundgebungen waren in zumindest einem Redebeitrag (eines Linzer Aktivisten) auch starke Anklänge an die Erzählungen und den Jargon der „Staatsverweigerer“-Szene zu verzeichnen.
Feststellbar war im Rahmen dieser Veranstaltung – über die Infragestellung konkreter Maßnahmen oder FunktionsträgerInnen hinaus – zudem eine zunehmend offene Ablehnung der repräsentativ-demokratischen Ordnung an sich mitsamt des staatlichen Gewaltmonopols: „Parteien haben für uns ausgedient“, verkündete Brejcha. Rösch, die sich als Enkelin des ehemaligen Bundesministers (und früheren Nationalsozialisten) Otto Rösch vorstellte, richtete den demokratisch legitimierten Regierenden aus, dass „mit Erpressern und Geiselnehmern [...] nicht verhandelt“ werde und es „keine Kompromisse mit diesen Leuten“ geben könne. Passend dazu drohte sie wiederholt der Polizei („Wir sind ein bissl mehr als ihr.“, „Die Polizei bekommt vielleicht mit uns Probleme, aber wir nicht mit der Polizei.“)
Mobilisiert wurde im Zuge der Redebeiträge wiederholt für eine Kundgebung, die Mitte Jänner am Wiener Heldenplatz stattfinden soll.