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Adler, Valentina Diana

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Адлер Валентина Альфредовна

Geboren: 05.05.1898, Wien

Beruf: Ökonomin, Übersetzerin

Letzter Wohnort in Österreich: Wien

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 1934

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau

Verhaftet: 22.01.1937, Moskau

Anklage: Terrorismus, antisowjetische Propaganda und Agitation, Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Organisation

Urteil: 19.09.1937, Militärkollegium des Obersten Gerichts, 8 Jahre Lagerhaft

Gestorben: 06.06.1942, Gulag

Rehabilitiert: 11.08.1956, Militärkollegium des Obersten Gerichts

Emigrationsmotiv: KP-Emigration

Schicksal: im Lager umgekommen

 

Valentina Diana Adler, geboren 1898 in Wien, war die Tochter des Individualpsychologen Alfred Adler. Sie war Mitglied der SDAP ab 1918, des KJV ab 1919 und der KPD ab 1921. An der Universität Wien absolvierte sie das Studium der Staatswissenschaften und promovierte mit einer Dissertation über Die Bedeutung der Produktivgenossenschaft am Beginn der österreichischen Arbeiterbewegung (1860-1873).

 

Am 30. Dezember 1933 verließ Valentina Adler Wien und fuhr über Berlin nach Moskau zu ihrem Mann Gyula Sas (geb. 1893), den sie 1925 in Deutschland geheiratet hatte. Sas hatte an der Ungarischen Räterepublik teilgenommen, er war Mitglied der KPD 1921-1928, dann der VKP (b) 1928-1931 und kehrte auf Wunsch Ernst Thälmanns 1931 von Moskau nach Berlin zurück, wo er bis zu seiner Verhaftung im April 1933 in der außenpolitischen Redaktion der Roten Fahne unter den Pseudonym Giulio Aquila arbeitete. Sas konnte Ende 1933 in die UdSSR emigrieren, wo er zusammen mit Valentina Adler verhaftet wurde.

 

In Moskau arbeitete Valentina Adler (Pseudonym Dina Schreiber) im Verlag VEGAAR und wurde vermutlich deshalb zusammen mit ihrem Mann verhaftet, weil dieser im Pressebüro von Karl Radek arbeitete, der damals (Jänner 1937) als einer der Hauptangeklagten im zweiten großen Schauprozess fungierte. In den Verhören und vor dem Militärkollegium des obersten Gerichts (MKOG) bekannte sich Valentina Adler nicht schuldig. Ein Teil der Anklage - Verbindungen zu Trotzkisten im Ausland - dürfte ein Hinweis auf ihre aus Russland stammende Mutter Raissa (geb. Raisa Timofeevna Ėpštejn) gewesen sein, die Trockij in seinen Wiener Jahren (1908-1914) persönlich kannte und ihn anlässlich eines Weltkongresses der "Freunde der Sowjetunion" am 7. November 1927 in Moskau wieder traf. Raissa Adler betätigte sich in Wien in der kommunistischen ("überparteilichen") Internationalen Arbeiter-Hilfe und war mit dem Ehepaar Josef und Isa Strasser befreundet. Josef Strasser, Mitbegründer der KPÖ, zeitweiliges Mitglied des Parteivorstandes und Chefredakteur der Roten Fahne 1928-1929, wurde wegen trotzkistischer Abweichungen 1929 aus der KPÖ ausgeschlossen. Über diese "verdächtigen" Verbindungen berichteten 1936 Johann Täubl, der Österreich-Referent in der Kaderabteilung des EKKI sowie der österreichische kommunistische Journalist und Schriftsteller Ernst Fabri dem NKVD. Die vertrauliche Mitteilung von 25. September 1936 endete mit dem drohenden Satz: "Da sie (d.i. Raissa Adler) Österreicherin ist, werden wir uns noch mit der Tochter, die hier lebt, weiter beschäftigen".

 

Valentina Adler wurde am 22. Jänner 1937 verhaftet und am 19. September 1937 zu acht Jahren Lagerhaft verurteilt. Da ihr Fall vor das MKOG kam, musste das Strafausmaß (Kategorie 2 - Gulaghaft) vom Politbüro listenmäßig bestätigt werden, was Mitglieder desselben (Stalin, Molotov, Vorošilov, Kaganovič, Ždanov) am 31. August 1937 auch taten. Dieser Liste (Adler war als einzige drauf) war eine Mitteilung des 3. GUGB (Главное Управление Государственной Безопасности НКВД СССР) anschlossen, der zufolge Adler und ihre Mutter seit 1911 Trockij persönlich verbunden seien, zu einem Zeitpunkt also, als Valentina Adler erst dreizehn Jahre war. Vermerkt wurde zudem, dass Valentina Adler bis zuletzt auf ihrer Unschuld beharrt hatte.

 

Valentina Adler starb am 6. Juni 1942 (nach anderen Angaben am 6. Juli) im Gulag, Gyula Sas am 26. August 1943, ebenfalls im Gulag. Albert Einstein richtete zahlreiche Anfragen hinsichtlich des Verbleibs von Valentina Adler an sowjetische Stellen und erhielt erst 1952 die Verständigung, sie sei am 6. Juni 1942 verstorben.

 

Bei der Rehabilitierung von Valentina Adler (1956) argumentierte das Oberste Gericht, dass sie sich nie schuldig bekannt hatte und dass ihr Mann, gegen den dieselbe Anklage erhoben worden war, bereits rehabilitiert worden sei.

 

 

Quelle: RGASPI, stalin.memo.ru, Parteiarchiv der KPÖ

 

Siehe auch Brigitte Keintzel/Ilse Korotin (Hrsg.), Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben, Werk, Wirken, Wien u. a. 2002.

Zu Gyula Sas (Aquila) siehe Hermann Weber/Andreas Herbst, Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945, Berlin 2003.

 

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