Michael Scharfmüller, vormaliger Führungskader des neonazistischen Bundes freier Jugend (BfJ) und nunmehriger Geschäftsführer von Info Direkt unterhielt sich beim herbstlichen Wandern mit FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. Das dabei entstandene Handy-Video sorgte nach seiner Veröffentlichung am 28. November für Aufregung, weil Schnedlitz darin ein Ende der "Distanziererei" von Gruppen und Personen, die noch rechts von der FPÖ stehen, angekündigt hatte. Den Anlass dazu gab Roman Möseneder, dessen Wahl in den Salzburger Landesvorstand des Ringes Freiheitlicher Jugend (RFJ) für Kritik gesorgt hatte – zu eng sei sein Naheverhältnis zu den Identitären. Gefragt nach seiner Meinung zu dieser Kritik, antwortete Schnedlitz, der 2016 die "[l]iebe identitäre Bewegung [...] recht herzlich in Wiener Neustadt" begrüßte und heuer schon einmal in Info Direkt vertreten war (siehe: Die extreme Rechte in Zeiten von Corona - IV): "Wir haben unter Strache den Fehler gemacht, dass wir geglaubt haben, wir müssen in ein Rückzugsgefecht gehen und uns auf Zuruf von Sebastian Kurz distanzieren. Mit dieser Distanziererei ist es jetzt aber definitiv vorbei."
RFJ-Neofunktionär Möseneder bedankte sich umgehend via twitter für das "wichtige Signal": Eine "patriotische Partei" wie die FPÖ müsse "bodenständig für die Heimat und das Volk arbeiten – nicht für irgendwelche nervösen Schreiberlinge". Und im Blog Unser Mitteleuropa freute man sich, dass Schnedlitz "die künftige Kursrichtung der Partei" gegenüber dem außerparlamentarischen Rechtsextremismus vorgegeben habe – zu früh: Unmittelbar nach Bekanntwerden des Info Direkt-Gespräches behauptete der FPÖ-Generalsekretär laut APA, dass seine Forderung nach einem Ende der "Distanziererei" nur auf die Person Möseneders und nicht auf die Identitäre Bewegung als Ganzes bezogen gewesen sei. (Auf "telefonische Nachfrage" von Info Direkt stellte Schnedlitz jedoch klar, dass er nicht nur an Möseneder gedacht hatte, sondern auch an andere Rechts-außen-Aktivisten, solange sich diese "am Boden des Rechtsstaates" bewegten.) Auch FPÖ-Bundesobmann Norbert Hofer betonte gegenüber der APA, dass sich an der Beschlusslage nichts geändert habe und ein Mitglied der Identitären keine FPÖ-Funktion innehaben könne. Aber schon am 29. November relativierte Hofer in der ORF-Pressestunde den Beschluss, indem er die neofaschistische Kaderorganisation mit der SPÖ und den NEOS vergliech: Deren Mitglieder würden bei der FPÖ auch nicht Aufnahme finden.
Auch an der freiheitlichen Nähe zu Info Direkt zeigt sich, wie wenig von diesem Beschluss zu halten ist. Noch im Mai 2019 mussten sich zwei FPÖ-Mitarbeiter (Jan Ackermaier und Ulrich Püschel) von ihren 30-prozentigen Info Direkt-Anteilen trennen. Das Magazin war aufgrund seine ausgeprägten Nähe zu den Identitären und deren Stichwortgeberschaft für den Massenmord in Christchurch am 15. März 2019 (siehe: Die Identitäre Bewegung nach Christchurch) ins Visier von Ermittlungen geraten. Aber spätestens seit dem Gang in die Opposition lassen Freiheitliche jede Distanz zu Info Direkt wieder missen, auch FPÖ-Inseratengelder fließen – an Leute, die "eine offene Diskussion über die Menschenrechte" für "dringend notwendig" halten, so die Info Direkt-Macher auf ihrem facebook-Account am 31. Jänner 2019.
Scharfmüller machte sich schon in der Vergangenheit für eine Allianz aus parlamentarischem und außerparlamentarischem Rechtsextremismus stark: Nur im Zusammenspiel von Partei, freien Aktivisten und "alternativen" Medien könne jene "Kraft" entstehen, "die – frei nach Bismarck – selbst den Teufel aus der Hölle schlagen kann”. (Info Direkt 23/2018, S. 5) Aber nur drei Ausgaben später beklagte sich Scharfmüller über eine mangelnde "Toleranz innerhalb des patriotischen Lagers". Es sei "[n]atürlich [...] schlau, wenn einzelne Organisationen voneinander getrennt sind. Wenn sich die verschiedenen heimatbewussten Projekte jedoch feindselig gegenüberstehen und sich gegenseitig anpatzen, nutzt das nur unseren Gegnern. Jene Personen, die das nicht kapieren, sollten wir bei Unterstützungs- und Wahlaufrufen zukünftig ignorieren." (Info Direkt 26/2019, S. 26 f.) Nach dem Ende der freiheitlichen Regierungsbeteiligung fiel Scharfmüllers Bilanz ernüchtert aus: Die Distanzierungen der FPÖ von "gewissen Gruppen" bzw. die "Art und Weise", wie diese Abgrenzung vonstattenging, habe die Grundlage für weitere Angriffe auf die außerparlamentarische extreme Rechte geschaffen. Das Regierungs-Aus sei "zwar tragisch", weil man mit Herbert Kickl "einen vernünftigen Innenminister verloren" habe, aber: "Für die patriotische Zivilgesellschaft, kritische Geister in der Partei und die alternativen Medien wäre eine Fortführung der Regierung jedoch zunehmend zu einer echten Herausforderung geworden." (Info Direkt 27/2019, S. 11)
In der Folge begann man, der FPÖ-Führung Ratschläge zu erteilen, 2019 etwa in Form eines "Adventkalenders" auf der Info Direkt-Website: Von der "Einführung eines Krisenmanagements" bis zu einem "starken patriotischen Zusammenspiel" hat man 24 Wünsche oder Forderungen platziert. Eine "thematische Neuausrichtung" brauche die FPÖ nicht, es wären lediglich "ein paar Stellschrauben zu drehen". Nicht ganz uneigennützig wird von der Parteiführung verlangt, "auf patriotische Medien zuzugehen" und diese zu unterstützen. (Info Direkt 28/2019, S. 40) Neben der ÖVP in ihrer derzeitigen Verfasstheit sei "für eine 'FPÖ light' kein Platz". Nicht ohne drohenden Unterton klingt die Ankündigung, rechts von der FPÖ werde "über kurz oder lang eine neue Partei entstehen, wenn Parteichef Norbert Hofer diese Flanke zu lange offen lässt". (Ebenda, S. 44) Anstatt unbedingt "regierungsfähig [...] erscheinen" zu wollen, solle sich die Partei auf ihre Funktion als "parlamentarisches Schutzschild für andere patriotische Projekte" besinnen. (Ebenda, S. 45)
Mit dem Ende der "Distanziererei" scheint die FPÖ nun einen Schritt in die gewünschte Richtung gemacht zu haben.