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Mobilisierungserfolg für rechtsextreme Kleinpartei

Neues von ganz rechts - Jänner 2019

 

Am Samstag, dem 19. Jänner, fand in Wiener Neustadt ein "Trauermarsch" statt, an dem sich laut Angaben der Veranstalter rund 700 Personen beteiligten. Diese Zahl ist insofern beachtlich, als die – vorgeblich dem Gedenken an die kürzlich in Wiener Neustadt ermordete Manuela K. gewidmete – Veranstaltung von einer an der Grenze zum Neonazismus angesiedelten Splittergruppe organisiert worden war, was vielen der TeilnehmerInnen freilich nicht bewusst gewesen sein dürfte. Führungskader derselben führten den Demonstrationszug mit einem Fronttransparent an.

 

Bei der Gruppierung handelt es sich um die Partei Die Stimme um Markus Ripfl. Dieser war Anfang 2018 nach wiederholt zur Schau gestellten Affinitäten zum Neonazismus aus der FPÖ ausgeschlossen worden, amtiert aber nach wie vor als Gemeinderat in Orth an der Donau (Niederösterreich). Vor seinem Ausschluss hatte Ripfl auch Funktionen im Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ) und im Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) innegehabt (siehe: RFS-Ripfl und sein Nachfolger Mengersen). Der RFS dankte Ripfl noch Ende 2017 via Facebook für seine Leistung, "den RFS in Wien in den letzten Jahren maßgeblich neu aufgestellt" zu haben.

 

Ripfl, Mitglied der Wiener akademischen Burschenschaft Olympia, hatte Die Stimme kurz nach seinem Ausschluss aus der FPÖ zusammen mit Viktor Erdesz (ebenfalls Olympia) und Bernhard Neuhofer (akademische Burschenschaft Leder Leoben) ins Leben gerufen. Neuhofer teilt mit Ripfl nicht nur den Burschenschaftshintergrund, sondern auch die Erfahrung eines Ausschlusses bzw. erzwungenen Austritts aus der FPÖ. Diese hatte sich im Februar 2018 von ihm getrennt, nachdem auch er wiederholt in neonazistischer Weise auffällig geworden war.

 

Die inhaltliche Ausrichtung der Kleinpartei entspricht der ideologischen Verfasstheit ihrer Kader. Auf ihrem kürzlich abgehaltenen Neujahrstreffen beschwor Ripfl den "Endkampf um unser Volk", dem durch "jahrzehntelange Umerziehung" der "Selbsterhaltungstrieb" abhandengekommen sei. Oberstes Parteiziel sei der "Volkserhalt". Auf Facebook verlautbarte die Stimme im vergangenen Jahr etwa ihre Opposition zur Ansiedlung der Central European University in Wien, da die österreichische Hauptstadt "nicht zur Ausbildungsstätte der Volkszerstörer von morgen verkommen" dürfe. Ripfl persönlich empörte sich an selber Stelle über den Vergleich der "Mischlingself des DFB [Deutscher Fußball-Bund] mit den deutschen Soldaten in Russland in den 40er-Jahren", zeuge er doch von "Geschmacklosigkeit" und "fehlende[m] Respekt". Am 8. Mai 2018 wandte Ripfl sich gegen dessen "politisch verordnete Wahrnehmung […] als Tag der Befreiung". Die Alliierten seien "nicht als Befreier, sondern als Herrscher" gekommen.

 

International versucht die Partei sich als österreichischer Kontakt für jene Kräfte zu etablieren, die aufgrund ihrer allzu deutlichen Verortung am rechten Rand für eine FPÖ in Regierungsverantwortung nicht (mehr) als Partner infrage kommen. So war Ripfl im Dezember 2018 als Redner beim Parteitag der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) zu Gast, die Anfang 2018 bereits mit einer Delegation am Wiener Akademikerball vertreten gewesen war (siehe: Akademikerball 2018: Neofaschistische Gäste im moralischen Würgegriff). In seiner Rede geißelte Ripfl den "Schuldkult" als "Mittel der Unterdrückung" ebenso wie das "Selbstzerstörungsgeschwür des totalen umerzogenen Liberalismus" und wähnte die "weißen Völker Europas […] vom Aussterben bedroht". Konsumiert werden solle, geht es nach Ripfl, nach Möglichkeit "bei volksfreundlichen, heimischen Unternehmen". Auch müsse "jedem bewusst sein, dass er Teil einer Volksgemeinschaft ist und in dieser auch etwas beizutragen hat". Wer die falsche Hautfarbe hat, gehört für Ripfl allerdings nicht der "Volksgemeinschaft" an: dass der letzte österreichische Songcontest-Teilnehmer, Cesar Sampson, "kein Teil unseres Volkes" sei, sei bereits "äußerlich ersichtlich".

 

Am 5. Jänner 2019 trat Ripfl beim EU-Wahlkampfauftakt der neonazistischen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) im hessischen Büdingen auf. Seine dortige Rede beschloss er mit dem Ausdruck der Hoffnung, "dass sich für unser gemeinsames Volk bald eine […] gemeinsame Wende abzeichnet. Auf eine deutsche Zukunft!" Das Rahmenprogramm der Veranstaltung bildete ein Rechtsrockkonzert, bei dem u. a. die neonazistischen Szenegrößen Lunikoff-Verschwörung und Oidoxie auftraten.

 

Aktuell versucht Die Stimme sich daran, eine Kandidatur bei den Europawahlen im Mai auf die Beine zu stellen. Im Zentrum ihrer Kampagne steht der Wunsch nach einem Austritt Österreichs aus der Europäischen Union. Das angestrebte Bündnis mit anderen diese Forderung erhebenden Gruppierungen kam allerdings nicht zustande: das Bündnis Neutrales Freies Österreich (NFÖ) und die Initiative Heimat & Umwelt (IHU) wollen zwar gemeinsam antreten, verzichten aber auf die Unterstützung der Ripfl-Gruppierung. Auf Zuspruch stößt Letztere bislang nur bei der neonazistischen Online-Initiative Unwiderstehlich, die Ripfl und sein Projekt zuletzt mehrfach über soziale Medien bewarb.

 

 

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