Der antijüdische Anderl-von-Rinn-Kult nahm seinen Ausgang in den Erfindungen des Haller Damenstiftsarztes Ippolito Guarioni, der - angeregt vom Erfolg der Legende des "Simon von Trient" (1475) - ohne realen Todesfall oder entsprechende Anklage 1642 den mehr als 150 Jahre zurückliegenden "Märtyrertod" des Tiroler Jungen behauptete. Wie im Falle des "Simon von Trient" erkannte jedoch der Vatikan das "Anderl" als "Märtyrer" an. 1893 veröffentlichte der Wiener Geistliche Joseph Deckert das Traktat "Vier Tiroler Kinder, Opfer des chassidischen Fanatismus", mit welchem er die Legende weiter am Leben halten und auch für die modernen Formen des Antisemitismus dienstbar machen wollte. Der Festtag des "Anderl von Rinn" wurde schließlich 1953 vom damaligen Innsbrucker Bischof Paulus Rusch aus dem kirchlichen Kalender gestrichen. Die alljährlichen offiziellen Wallfahrten fanden 1994 mit dem definitiven Verbot des Kultes rund um den "Judenstein" durch Bischof Stecher ein Ende. Gegen den Willen der Amtskirche pilgern seit damals alljährlich im Juni rund 300 Unentwegte (darunter Robert Prantner) zum "Judenstein". Schon 1985 veranlasste Stecher die Entfernung der angeblichen Gebeine "Anderls" aus dem Altar der Rinner Kirche. Auch das antijüdische Fresko wurde in der Folge übermalt.