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Burschenschaftliche "Trauerfeier" am Tag der Befreiung

Neues von ganz rechts - Mai 2002

Unter massivem Polizeischutz konnten am 8. Mai in der Wiener Innenstadt rund 400 deutschnational Korporierte samt Anhang ihrer "Helden" und der "totalen Niederlage" gedenken. Unter den TeilnehmerInnen befanden sich einige der Mitorganisatoren der Neonazi-Demonstration gegen die "Wehrmachtsausstellung" vom 13. April (siehe: Rechtsextreme und Neonazis demonstrieren in Wien »). Im Unterschied zu damals mussten aber die Skinheads diesmal draußen bleiben. Dafür soll laut Augenzeugenberichten ein ehemaliger "Kameradschaftsführer" der neonazistischen Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO) den Ordnerdienst verstärkt haben. Ebenfalls anwesend war Herwig Nachtmann (aB! Brixia, Innsbruck), der 1994 für einen holocaustleugnenden Artikel in der Aula presserechtlich verantwortlich zeichnete. Die "Totenrede" im Fackelschein hielt wie geplant der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Wolfgang Jung.

Die umstrittene Kundgebung begann mit einer Rede von Walter Sucher, "Alter Herr" der Burschenschaft Olympia und Vorsitzender des Ringes Volkstreuer Verbände. Er widerlegte dabei die im Vorfeld lancierte Behauptung, bei der Kundgebung handle es sich um ein Gedenken an alle Toten der Weltkriege. So sprach Sucher von "unsere[n] toten Soldaten" und den "deutschen" Opfern des Krieges, der Entnazifizierungen und Aussiedlungen. Daneben berichtete er über ein Gespräch mit Innenminister Strasser. Dieser habe ihm für die "Disziplin und das Demokratieverständnis, das er in unseren Reihen findet", gedankt.

Danach ergriff FPÖ-Volksanwalt Stadler (aS! Skalden, Innsbruck) das Wort. Er empörte sich über das "schändliche Verhalten" der katholischen Kirche, insbesondere der Militärdiözese, die "uns im Stich gelassen hat". Tatsächlich mussten die Trauernden nach einem Verbot ohne den offiziellen Segen der Kirche auskommen - allein Vertreter der rechts-fundamentalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X nahmen an der Kundgebung teil. Die "Deutschen" sah Stadler mit "historischen Hypotheken" und "Selbsthass" belastet und stellte letzterem einen "enttabuisierten Umgang mit unserer Geschichte" gegenüber. Einen solchen "Umgang" praktiziere "Horst Mahler [...], der dafür auch entsprechend verfolgt wird". Diese offen vorgetragene positive Bezugnahme auf einen deutschen Neonazi (und früheren RAF-Terroristen-Sympathisanten) bestätigt eindrucksvoll die im Vorfeld der Kundgebung geäußerte Kritik, bei dieser handle es sich um eine rechtsextreme Manifestation.

Mahler ist nicht nur Kader der gegenwärtig von einem Verbot bedrohten Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), sondern auch Mitbetreiber des Deutschen Kollegs (DK). Als solcher sieht er sich seit Herbst 2001 mit einem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der "Volksverhetzung" und mehreren Hausdurchsuchungen konfrontiert. Der Hamburger Verfassungsschutz schreibt in seinem aktuellen Bericht über das DK: "In den Veröffentlichungen des DK wird in aggressiver Weise gegen die demokratische Grundordnung, deren politische Vertreter und Institutionen polemisiert [...]. An die Stelle der herrschenden Ordnung soll das 'Vierte Reich' errichtet werden." Wiederholt hätten Mahler und seine Mitstreiter zu erkennen gegeben, "dass sie die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele für gerechtfertigt halten".

Im Oktober 2000 veröffentlichte das DK einen "Aufruf zum Aufstand der Anständigen", welcher wie viele andere Texte Mahlers auch vom Vorarlberger Neonazi Walter Ochensberger publiziert wurde. In diesem "Aufruf" wird u. a. das "Verbot der Jüdischen Gemeinden" gefordert. Darüber hinaus wärmen Mahler und Co. die nationalsozialistische Kriegsschuldlüge auf und behaupten, "dass die beiden Weltkriege gegen das Deutsche Reich unter maßgeblicher Beteiligung jüdischer Bankiers und jüdischer Medien organisiert wurden in der Absicht das Deutsche Reich für immer zu zerstören". Auch hinter der "massiven Überfremdung unseres Volkes und der anderen europäischen Völker" sollen die Juden und Jüdinnen stehen, gehorche doch diese der "Strategie zur Auslöschung der Gojim-Völker". Mahler und Kameraden weiter: "Die auf diesem Wege entstehende rassisch, völkisch und kulturell durchmischte Weltbevölkerung ist der jüdischen Weltwirtschaft wehrunfähig preisgegeben." Die geistige Nähe zur antisemitischen Fälschung Die Protokolle der Weisen von Zion wird von den Verfassern auch unmittelbar eingeräumt. So gedenken sie "der unbekannten Verfasser" der Protokolle, "die hellsichtige Betrachtungen über die Mittel und Wege für die Begründung der jüdischen Weltherrschaft angestellt haben". In einer Erklärung zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 feiert Mahler diese als "Ende des Amerikanischen Jahrhunderts, [...] des globalen Kapitalismus und [...] des weltlichen Jahwe-Kultes, des Mammonismus". Der "von den Finanz-Eliten der USA" ausgehende "Krieg" richte sich seit mehr als 80 Jahren gegen die "Völker", allen voran das "kraftvolle Volk der Deutschen". Seit dessen Niederlage 1945 seien "die Völker Europas und die übrige Welt schutzlos der US-amerikanischen Militärmacht und den Ausplünderungsfeldzügen der US-Ostküste ausgeliefert". Die Antwort der von der angeblichen jüdischen Weltverschwörung in "Fremdbeherrschung" gehaltenen "Völker" in Form des "Klein- und Volkskriegs" sei ein "Befreiungskrieg und als solcher ein Weltkrieg, weil der Feind der Völker die Welt beherrscht". Schließlich bezeichnet der von Stadler so hochgehaltene Mahler die Terroranschläge als "eminent wirksam und deshalb rechtens".

Die ideologische Verbundenheit des burschenschaftlichen FPÖ-Vorfeldes mit dem fanatischen Antisemiten Mahler drückte sich auch in einer Wortmeldung von Walter Asperl (aB! Olympia) aus: Auf der Pressekonferenz vom 10. Mai meinte er, Mahler stünde "mit seinen Werten" dem national-freiheitlichen Milieu "sehr nahe".

Gleiches gilt wohl auch für den deutschen Rechtsextremisten Claus Nordbruch, der neben dem Obmann des Kärntner Heimatdienstes, Josef Feldner, als Referent eingeladen war. Nach dem Verbot der Podiumsdiskussion an der Universität Wien fand die Veranstaltung am 9. Mai im Kellerlokal des Ringes Freiheitlicher Jugend (RFJ) statt. In seinem Vortrag, der im Internet veröffentlicht wurde, sparte Nordbruch nicht mit deutlichen Worten: "Lassen Sie uns heute abend über unsere gemeinsame deutsche Vergangenheit sprechen und über die Bedeutung des 8. Mai 1945 nachdenken. Dieses Datum ist entgegen kommunistischer Propaganda und der Vorgabe politisch korrekter Denkschablonen eben kein Tag der Befreiung. Vielmehr verbinden die meisten Angehörigen unserer Nation dieses einschneidende Datum mit Zusammenbruch, Verzweiflung und Trauer, mit Entrechtung und Erniedrigung, mit Verlust der Heimat, Verschleppung und Zwangsarbeit." 1945 sei es in Osteuropa zu einem von "Deutschenhass" motivierten "ethnischen Vernichtungsfeldzug gegen das deutsche Volk im Ganzen" gekommen. Den Nationalsozialismus beschrieb Nordbruch demgegenüber in den hellsten Farben: Die Forschung habe sich im "Dritten Reich" durch "eine schier unerschöpfliche Vitalität und Produktivität ausgezeichnet" und "einen nie zuvor gekannten Ausstoß an Erfindungen und Leistungen" hervorgebracht. Die Nazi-Kriegsverbrecher gerieten ihm zu "deutschen Industriellen und Politikern", die alliierten Gerichte zu "Tribunalen der Sieger". Schließlich ging Nordbruch auch auf Österreich, einen der heute "nicht souveränen Teile Deutschlands", ein: "Während der kurzen Zeit der Vereinigung mit Deutschland zum Großdeutschen Reich erlebte Österreich einen ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung." Am Ende seiner Ausführung verlangte Nordbruch "Wiedergutmachung, Entschädigung" und "gerechte Grenzregelungen" für "Deutschland".

Im Interview mit Format leugnete Nordbruch dann auch noch, dass die Waffen-SS eine "nationalsozialistische Untergruppe" war. Aus der in Nürnberg als verbrecherische Organisation qualifizierten Einheit im Dienste nationalsozialistischer Expansions- und Vernichtungspläne machte er eine "antibolschewistische Freiwilligenbewegung, in der nicht nur Europäer, sondern auch Asiaten und andere Völker für ein gemeinsames Ziel gekämpft haben". (Format 20/2002, S. 17)

Das DÖW übermittelte den Nordbruch-Vortrag und das Format-Interview an die Staatsanwaltschaft Wien zum Zwecke der Überprüfung ihrer strafrechtlichen Relevanz.

 

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