Neues Österreich, 12. 9. 1945,
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Am Nachmittag des 1. April 1945 gab der damalige Prorektor der Universität Wien Dr. Viktor Christian die Order aus, dass auf ein bestimmtes Stichwort im Rundfunk kostbare und für die Kriegsführung wichtige Apparate in den Universitätsinstituten zu zerstören seien. Diese Anordnung, die wenige Tage später von Christian abgeschwächt wurde (die Apparate sollten nur beschädigt, aber nicht zerstört werden), gab Dr. Friedrich Wessely, Professor am II. Chemischen Institut der Universität Wien den Vorständen im Institutsgebäude Währinger Straße/Boltzmanngasse weiter – darunter dem 42-jährigen außerordentlichen Professor für physikalische Chemie Dr. Jörn Lange vom I. chemischen Institut. Der aus dem "Altreich" stammende Lange war stellvertretender Institutsvorstand. Ihm oblag aber die Leitung, da sich sein Vorgesetzter bereits mit mehreren Assistenten und unter Mitnahme zahlreicher Apparate nach Westen abgesetzt hatte. Die beiden Assistenten Dr. Kurt Horeischy (geb. 25. 3. 1913, Leiter des Mikrochemischen Laboratoriums und Mitglied der von Professor Otto Hoffmann-Ostenhof gegründeten Widerstandsgruppe "Tomsk") und Dr. Hans Vollmar (geb. 8. 6. 1915, erster Assistent des Institutsdirektors) stellten sich gemeinsam mit dem Polizisten Max Slama (ebenfalls Mitglied der Widerstandsgruppe) Lange entgegen, als dieser am 5. April mit der Zerstörung eines wertvollen Elektronenübermikroskops beginnen wollte. Lange gab ohne Vorwarnung einen Schuss auf Kurt Horeischy ab, der in der Folge an der Schussverletzung starb. Im darauf folgenden Handgemenge wurde auch Hans Vollmar von Lange erschossen, Slama blieb unverletzt.
Dr. Kurt Horeischy (1913–1945). Am Institut für Anorganische Chemie, 9., Währinger Straße 42, wurde 1947 eine Gedenktafel für Kurt Horeischy und Hans Vollmar angebracht.
Die Horeischygasse in Hietzing trägt seit 1951 den Namen jenes Mannes, der das Elektronenübermikroskop retten wollte.
Neues Österreich, 12. 9. 1945, S. 3
Arbeiter-Zeitung, 12. 9. 1945, S. 3
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Das kleine Volksblatt, 12. 9. 1945, S. 4
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Dr. Jörn Lange wurde am 15. September 1945 vom Volksgericht Wien zum Tode verurteilt, entzog sich seiner Hinrichtung aber durch Selbstmord am 21. Jänner 1946.