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Februarkämpfe 1934

Wien - Oberösterreich - Steiermark

Im März 1933 nützte die Regierung Dollfuß die sogenannte "Selbstausschaltung des Parlaments" (Rücktritt der drei Nationalpräsidenten anlässlich einer Abstimmung) und regierte ab 7. März auf der Grundlage des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes aus der Zeit der Monarchie. Im Verordnungsweg - also ohne Einbindung des Parlaments - wurden Gesetze beschlossen, die die Presse- und Versammlungsfreiheit einschränkten. Die sozialdemokratische Wehrformation Republikanischer Schutzbund und die KPÖ wurden verboten, genauso wie der traditionelle Maiaufmarsch oder Streiks in öffentlichen und "lebenswichtigen" Betrieben. Es wurden Anhaltelager errichtet und die Todesstrafe wurde wieder eingeführt.

 

Anfang Februar 1934 häuften sich Waffensuchen und Verhaftungen führender sozialdemokratischer Parteigänger. Als am Morgen des 12. Februar 1934 in Linz Polizeikräfte das sozialdemokratische Parteisekretariat nach Waffen durchsuchen wollten, eröffneten die in Bereitschaft stehenden Schutzbündler das Feuer. In der Folge kam es in weiteren Orten Österreichs zu spontanen Aufstandsaktionen, die Kämpfe beschränkten sich allerdings im Wesentlichen auf die Arbeiterbezirke Wiens sowie die oberösterreichischen und steirischen Industriezentren.

Februar 1934: Zerstörte Fassade des Ottakringer Arbeiterheims (DÖW Foto 8906)

Zwischen Klausgasse und Kreitnergasse stand von 1907 bis zum Februar 1934 das Ottakringer Arbeiterheim. Es fungierte als Veranstaltungsgebäude der SDAP und verfügte neben Klubräumen, Wohnungen und einer Jugendbibliothek auch über einen Theater- und Kinosaal mit 1.500 Sitzplätzen. Im Ersten Weltkrieg wurde dieser als Lazarett genutzt.

Im Februar 1934 war auch das Ottakringer Arbeiterheim schwer umkämpft. Rund um den Häuserblock wurden Barrikaden errichtet. 


Februar 1934: Barrikade (Arbeiterheim Ottakring) (DÖW Foto 787/6)

Militäreinheiten und Sicherheitswache gingen mit Feldhaubitzen, Maschinengewehren und Minenwerfern gegen die Verteidiger des Arbeiterheims vor. In der Nacht vom 13. Februar wurde das Gebäude durch Artilleriefeuer schwer beschädigt. Dabei starben mehrere Kämpfer des Republikanischen Schutzbundes sowie bewaffnete Arbeiter. Ida Sever, die Frau des Obmannes der sozialdemokratischen Bezirksorganisation Albert Sever, wurde tödlich verletzt.

Zwischen dem 12. und 15. Februar 1934 standen zwischen 10.000 und 20.000 Arbeiter einer Übermacht von annähernd 60.000 Mann aus Gendarmerie und Polizei, Bundesheer und Heimwehren gegenüber. Nachdem der erhoffte Generalstreik ausgeblieben und Artillerie und Minenwerfer gegen Gemeindebauten, Betriebe und Arbeiterwohnhäuser eingesetzt worden waren, brach der Aufstandsversuch zusammen. Im Zuge der Kämpfe kamen nach heutigem Forschungsstand mehr als 350 Personen ums Leben - davon rund 38 % Zivilist*innen bzw. Unbeteiligte sowie je rund 31 % auf Seiten der Regierung und auf Seiten der Arbeiterschaft. Neun Personen wurden hingerichtet. Hunderte Sozialisten und Kommunisten wurden ohne gerichtliche Urteile monatelang in Wöllersdorf und anderen Anhaltelagern festgesetzt. Viele flohen in die ČSR und in die Sowjetunion.

 

Nach der Ausschaltung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei wurde am 1. Mai 1934 die neue Verfassung proklamiert, die Österreich als Staat "auf christlicher und ständischer Grundlage" definierte, d. h. ohne parlamentarische Demokratie, pluralistische Parteien und gesellschaftliche Interessenorganisationen.

Erst mit dem Aufhebungs- und Rehabilitierungsgesetz (2012) wurden alle gerichtlichen Entscheidungen und Bescheide gegen Personen, die sich zwischen 6. März 1933 und 12. März 1938 für ein unabhängiges und demokratisches Österreich einsetzten, aufgehoben.

 

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Downloads

Pia Schölnberger

DÖW Jahrbuch 2010
(199,3 KB)

Helmut Konrad

Arbeiterbewegung – NS-Herrschaft – Rechtsextremismus. Ein Resümee aus Anlass des 60. Geburtstags von Wolfgang Neugebauer, Wien 2004
(170,0 KB)
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