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Rechte EU-GegnerInnen im Wahlkampf gespalten

Neues von ganz rechts - September 2017

Das Lager der um das Primärziel eines österreichischen EU-Austritts organisierten austro-nationalistischen Gruppierungen zeigt sich vor den anstehenden Nationalratswahlen einig in den Absichten – und doch tief gespalten. Trotz personell verschlungenen Werdegangs und weitreichender Übereinstimmung in den Inhalten (EU-Austritt, Neutralität, Stärkung der direkten Demokratie, Zuwanderungsstopp) unterstützen die drei maßgeblichen Gruppierungen dieses Lagers im laufenden Wahlkampf ebenso viele Listen.

 

Eine eigene Kandidatur versucht die EU-Austrittspartei (EU-AUS) unter Robert Marschall (Langbezeichnung: Für Österreich, Zuwanderungsstopp, Grenzschutz, Neutralität, EU-Austritt). Wie 2013 wird die Liste nur in einem Bundesland antreten – damals in Vorarlberg, diesmal in Wien. Marschall steht der Partei seit deren Gründung 2011 vor und führte sie im Listenverbund EU-STOP bereits in die Europawahl 2014, bei der sie mit 2,8 % der Stimmen einen Achtungserfolg erzielen konnte. Vergangenes Jahr scheiterte Marschalls Plan, bei der Präsidentschaftswahl anzutreten, an den nötigen Unterstützungserklärungen. Zum aktuellen Forderungskatalog von EU-AUS zählen ein "Zuwanderungsstopp", da Österreich "immer mehr überfremdet" werde, die "Aufnahme Südtirols zu [sic!] Österreich", "Sozialleistungen nur mehr für Österreicher" und die Abschiebung von "mehr als 100.000 Illegale[n]". Neben Marschall kandidiert auf der Liste u. a. der erst 2016 von der rechtsextremen Partei des Volkes (PdV) zur EU-AUS gewechselte Werner Haider (siehe: Norbert Hofer im rechtsextremen Sumpf).

 

Die Gruppierung Neutrales Freies Österreich (NFÖ), seit 2003 als Partei registriert, war 2014 im Bündnis mit der EU-Austrittspartei zur Europawahl angetreten. Für die Nationalratswahlen 2017 hat sie bei der FPÖ-Abspaltung um Karl Schnell und Barbara Rosenkranz (Freie Liste Österreich, FLÖ) angedockt. NFÖ-Obmann Rudolf Pomaroli, früher für die rechtsökologischen Vereinten Grünen (VGÖ) und die rechtskatholische Christliche Wählergemeinschaft (CWG) aktiv, kandidiert auf Platz 12 der FLÖ-Bundesliste, Platz 2 der Tiroler Landesliste und als Spitzenkandidat im Tiroler Oberland. Nach Eigenangaben in der Parteizeitung Neues aus Österreich (7-9/2017, S. 1) wurde ihm ein sicherer Listenplatz zugesagt, sollte die Liste die Vier-Prozent-Hürde meistern. Hinter Pomaroli kandidiert in Tirol Maria Klingler, die auf der FLÖ-Website als "leidenschaftliche Leserbriefschreiberin (mindestens ein Brief pro Tag)" vorgestellt wird. Unerwähnt bleibt, wer Klinglers Briefe regelmäßig abdruckt, nämlich Andreas Mölzers Zur Zeit. Auch die NFÖ propagiert einen ehestmöglichen EU-Austritt und einen "Zuwanderungsstopp". In ihrem Periodikum empfiehlt sie regelmäßig einschlägige Medien wie alles roger? oder verschwörungsmythische Webportale wie KenFM oder das antisemitische Klagemauer.tv. Passend dazu agitiert Pomaroli im NFÖ-Parteiblatt gegen das "globalistische System" (10-12/2016, S. 1) oder die "mächtigen Strippenzieher im Hintergrund", die Donald Trump manipulierten (4-6/2017, S. 2). Die EU wird als US-Projekt auf dem Weg "zu einer Weltregierung und Teil einer Neuen Weltordnung (NWO)" präsentiert (ebenda), die "Massenimmigration" nach Europa sei "von den globalen Machtstrategen geplant" worden, denen es darum gehe, "die Völker als Basis der Nationalstaaten" aufzulösen (1-3/2017, S. 4 f.).

 

Die älteste der drei außerparlamentarischen Anti-EU-Initiativen, die seit 1990 als Partei registrierte Initiative Heimat & Umwelt (IHU), verzichtet auf einen Wahlantritt. Die von Inge Rauscher, ebenfalls VGÖ-Veteranin und in der Vergangenheit u. a. Vortragende bei der rechtsextremen Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik, angeführte, nach Eigenangaben parteiunabhängige Gruppierung setzt stattdessen wie schon im Präsidentschaftswahlkampf 2016 (siehe: Laufen für den "Türöffner" - Die extreme Rechte im Präsidentschaftswahlkampf) voll auf die tatkräftige Unterstützung der FPÖ. Hatte man damals bereits nach eigenen Angaben rund 800.000 Pro-Hofer-Flugblätter in Umlauf gebracht, ist eine solche Aktion auch aktuell im Gange. Das dem DÖW vorliegende Flugblatt führt als Gründe für die Unterstützung der FPÖ u. a. deren "Einstellung zur EU-Mitgliedschaft", ihr "Bekenntnis zur Familie von Mutter, Vater und Kinder[n]" und zu einem rigiden Grenzregime sowie ihre "klare[.] Ablehnung des geplanten Impfzwangs" an. Über die Verbreitung dieser Argumente hinaus sammelt die IHU auch Spenden für Pro-FPÖ-Inserate und ruft ihre AnhängerInnen dazu auf, am Wahlsonntag "als von der FPÖ nominierter Wahlzeuge tätig [zu] sein" (Wegwarte 4/2017, S. 4). Die hier angedeutete enge Kooperation zwischen IHU und FPÖ personifiziert niemand mehr als Norbert Hofer. Dieser trat sowohl im Jänner dieses Jahres als auch am 12. September auf IHU-Veranstaltungen als Redner auf – im letztgenannten Fall neben Rauschers Anwältin Eva Maria Barki, die 2016 zumindest zweimal in rechtsextremen Kreisen referiert hatte: auf der Jahrestagung des Kulturwerks Österreich und beim Kongress "Verteidiger Europas" in Linz (siehe: Pangermanismus als Abendlandrettung). Seinen Jänner-Auftritt hatte Hofer genutzt, um Inge Rauscher persönlich für ihr Engagement um seine Präsidentschaftskampagne zu würdigen, für das er "unendlich dankbar" sei. Rauschers Einsatz "für dieses Land" (O-Ton Hofer) schließt den Vertrieb von "ÖXIT"-Aufklebern und den Vorsitz in jenem Personenkomitee mit ein, das 2015 das EU-Austritts-Volksbegehren initiierte und bei den anstehenden Wahlen ebenfalls die FPÖ unterstützt. Im IHU-Periodikum Wegwarte wird u. a. gegen die "US-Hochfinanz" agitiert und insinuiert, dass die beiden Weltkriege den USA dazu gedient hätten, einem "kommenden Crash durch Krieg zuvorzukommen" (3/2017, S. 6). In Ausgabe 4/2017 werden u. a. der Auftritt von Bundeskanzler Kern bei der Regenbogenparade in Wien, Außenminister Kurz’ Grußadresse zum Ramadan und die Diskussion um die "Ehe für alle" als "Auswüchse" bezeichnet, "die meilenweit entfernt sind von der Natur des Menschen und einer [...] funktionierenden Gesellschaft" (S. 1).
Kandidaturen gegen die FPÖ werden von der IHU abgelehnt. In einer APA-OTS vom 30. August wendet sie sich gegen den Wahlantritt sowohl der FLÖ als auch der Weißen. Mit deren Obmann Thomas Rathammer hatte die IHU noch bis vor Kurzem kooperiert, um ein Volksbegehren für die Stärkung der direkten Demokratie einzuleiten. Die IHU hat Rathammer nun aufgefordert, die von ihr bislang gesammelten Unterstützungserklärungen für das Volksbegehren im Original zurückzuerstatten, um sie einer Vernichtung zuführen zu können (Wegwarte 5/2017, S. 2).

 

 

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