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Jurica, Franz

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Юрица Франц Фердинандович

Geboren: 02.11.1912, Wien

Beruf: Tischler, Lehrer

Letzter Wohnort in Österreich: Wien

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 25.04.1934

Wohnorte in der Sowjetunion: Char'kov, Odessa, Mariental (Wolgadeutsche Republik), Ivdel', Kasachstan

Verhaftet: 05.02.1945, Ivdel' (Sverdlovskaja obl.)

Anklage: antisowjetische Tätigkeit

Urteil: 19.05.1945, Sonderberatung (OSO), 10 Jahre Lagerhaft

Gestorben: 22.01.2001, Wien

Rehabilitiert: 28.12.1956, Gebietsgericht Sverdlovsk

Emigrationsmotiv: Schutzbund-Emigration

Schicksal: überlebte

 

Der Vater von Franz Jurica (Juritza) war Elektromonteur, die Mutter Wäscherin. Als Kind verbrachte der 1912 in Wien geborene Franz Jurica während des Ersten Weltkriegs zwei Jahre bei den Großeltern mütterlicherseits in Mähren. Mit einem Kindererholungstransport war er 1918 in Rumänien. Nach einer Lehre bei einem Tischlermeister in Wien-Breitensee arbeitete er bis 1934 in Tischlereien und auf Baustellen. Ab 1927 war er in der Ottakringer Jugendgruppe des Holzarbeiterverbandes mit Franz Olah in Kontakt. Ab 1930 war er Mitglied der SAJ und des Wehrsportverbandes, wurde dann Zugskommandant. 1932 trat er der SDAP bei, im Jänner 1934 wurde er zum Sekretär der SAJ, Ortsgruppe Ottakring, bestellt, wo er im Februar 1934 an den Kämpfen um das Arbeiterheim teilnahm. In der Folge flüchtete er zuerst ins Gebirge, dann Anfang März in die Tschechoslowakei. Er emigrierte schließlich im April 1934 mit dem ersten Schutzbundtransport in die Sowjetunion.

 

In Char'kov war Jurica als Tischler, später als Dreher im Werk Серп и молот (Sichel und Hammer) beschäftigt. Er trat 1935 in den Komsomol ein, wurde aber nicht Mitglied der KPÖ. Als er 1937 um die KPÖ-Mitgliedschaft ansuchte, nahm die Leitung in Moskau gerade keine neuen Mitglieder auf. Im August 1935 fuhr er mit seinem ehemaligen SAJ-Genossen Karl Kotoun (später Spanienkämpfer, im Zweiten Weltkrieg als Fallschirmkundschafter vermisst) nach Odessa, um an einer Hochschule für die Mechanisierung der Landwirtschaft zu studieren. Nachdem der Lehrgang 1936 aufgelöst worden war, wechselte Jurica in das Deutsche pädagogische Institut über und inskribierte an der historischen Fakultät. Im selben Jahr suchte er um die sowjetische Staatsbürgerschaft an, die er jedoch erst 1939 erhielt. Nach Umstellung der Lehrerausbildung 1938 auf die ukrainische Sprache, die Jurica nicht beherrschte, übersiedelte er in die Wolgadeutsche Republik. Dort konnte Jurica als Ausländer sein Studium am Pädagogischen Institut in Engels weder beenden noch im Komsomol bleiben, bekam aber eine Stellung als Lehrer für Geschichte in Mariental (Sovetskoe). Er schloss seine Lehrerausbildung im Fernunterricht ab und heiratete.

 

Infolge der Zwangsabsiedlung der Wolgadeutschen 1941 kam Jurica in den Altaj, wo er Arbeit als Buchhalter fand. Im Jänner 1942 wurde er für die Arbeitsarmee (трудармия) mobilisiert und ins Lager Ivdel' (Sverdlovskaja obl.) verlegt. 1943/44 stand Jurica in brieflichem Kontakt mit der KPÖ-Vertretung in Moskau. Entkräftet von den Lagerbedingungen, bat er um Hilfe, um auf einen anderen Arbeitsplatz zu kommen oder an die Front zu gehen. Koplenig unterstützte Jurica und schickte positive Charakteristiken über ihn an Kominternsekretär Dimitrov, beispielsweise am 29. Juni 1944, dass er "für Parteiarbeit eingesetzt" werden sollte. Gemeint war vermutlich sein Einsatz als Propagandist unter österreichischen Kriegsgefangenen.

 

Im Oktober 1944 erhielt Jurica ein Telegramm von der KPÖ-Vertretung, dass er nach Moskau kommen sollte. Als Angehöriger der Arbeitsarmee durfte er das Lager Ivdel' jedoch nicht verlassen und konnte somit die nötigen Papiere für seine Reise nicht beantragen. Am 5. Februar 1945 wurde er verhaftet, am 19. Mai 1945 wegen antisowjetischer Tätigkeit zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt. Noch im Herbst 1945 bat Friedrich Hexmann, der Vertreter der KPÖ beim ZK der KPdSU, sowjetische Stellen um Überprüfung des Falles und "mindestens um die Überführung in ein Überprüfungslager in der Nähe von Moskau". Die Haftzeit verbrachte Jurica bis 1950 im Lager Ivdel', 1950 bis 1954 in den Lagern Ėkibastuz (Kasachstan) und Kengir.

 

Nach der Haftentlassung lebte Franz Jurica in einem Dorf im Gebiet Karaganda. Durch eine Intervention seines Jugendfreundes Franz Olah beim sowjetischen Botschafter in Wien Anfang 1956 wurde der Straffall Jurica wieder aufgerollt und Jurica konnte 1961 nach Wien zurückkehren. Jurica starb 2001 in Wien.

 

 

Quelle: RGASPI, GARF, DÖW

 

Siehe auch den Beitrag von Peter Lhotzky, Franz Jurica, in: Barry McLoughlin/Josef Vogl, ... Ein Paragraf wird sich finden. Gedenkbuch der österreichischen Stalin-Opfer (bis 1945), Wien 2013, S. 144 f.;

Barry McLouhglin/Hans Schafranek/Walter Szevera, Aufbruch. Hoffnung. Endstation. Österreicherinnen und Österreicher in der Sowjetunion 1925-1945, Wien 1997, S. 519-543.

 

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