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Grill, Erwin

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Грилль Эрвин Эдмундович

Geboren: 27.08.1886, Milland (Stadtteil von Brixen, Südtirol)

Beruf: Friseur, Maschinist, Schlosser

Letzter Wohnort in Österreich: Inzersdorf (NÖ)

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 01.05.1926

Wohnorte in der Sowjetunion: Kzyl-Orda (Kasachstan); Petropavlovsk (Kasachstan), Stalinogorsk (Tul'skaja obl.), Udel'naja (Moskovskaja obl.)

Verhaftet: 08.10.1937, Udel'naja

Anklage: Sabotage, Spionage, Schädlingstätigkeit

Urteil: 10.11.1937, Militärkollegium des Obersten Gerichts, Tod durch Erschießen; 14.11.1938, Plenum des Obersten Gerichts, 25 Jahre Lagerhaft; 1939, Sonderberatung (OSO), Ausweisung

Rehabilitiert: 07.09.1992, Generalstaatsanwaltschaft der Republik Kasachstan

Emigrationsmotiv: Uhlfeld-Kolonie

Schicksal: an Nazi-Deutschland ausgeliefert

 

Erwin Grill wurde 1886 in Milland (Mühland), einem Stadtteil von Brixen, in Südtirol geboren. Er besuchte nur vier Jahre die Volksschule und absovierte dann eine vierjährige Friseurlehre. Da ihm diese Tätigkeit nicht zusagte, ließ er sich dann bei der Eisenbahnbau- und Betriebsgesellschaft in Wien zum Maschinisten ausbilden. Nach bestandener Prüfung arbeitete er bei verschiedenen Firmen, vor allem in Mähren.


Im Dezember 1914 heiratete er die deutsche Staatsangehörige Berta Schicker. Von den sechs Kindern aus dieser Ehe starben drei. Im Herbst 1914 wurde er nach der Musterung zum Dienst zum Eisenbahnregiment nach Korneuburg kommandiert, jedoch von der Inzersdorfer Lederfabrik angefordert. Bei dieser Firma blieb er bis Kriegsende. Bis 1924 arbeitete er in verschiedenen Betrieben als Bauschlosser und Maschinist und war dann bis 1926 arbeitslos. Er lebte in Inzersdorf bei Wien und war Mitglied der KPÖ von 1923 bis 1926. 1925 starb seine Frau. Im gleichen Jahr trat Grill der Republikanischen Vereinigung der Kriegsteilnehmer und Kriegsopfer in Wien bei. Im Zusammenhang mit dem Transport einer Bewässerungsanlage für die österreichische landwirtschaftliche Uhlfeld-Kolonie in Kzyl-Orda wanderte er mit seinen drei Kindern im Mai 1926 nach Kasachstan aus.


Nach der Liqudierung der Kolonie im März 1927 fand Grill Arbeit als Schweißer in einem Fleischkombinat in Petropavlovsk (Nordkasachstan). Ab 1932 arbeitete er in Stalinogorsk (heute Novomoskovsk, Gebiet Tula) als Schlosser. Von Oktober 1936 bis Juni 1937 war er wieder in der Konservenfabrik in Petropavlovsk beschäftigt. Als dort alle Ausländer entlassen wurden, fuhr er nach Moskau und fand eine Stelle in einer Möbelfabrik.


Zur Zeit seiner Verhaftung am 8. oder 9. Oktober 1937 lebte Grill im Moskauer Gebiet in der Siedlung Udel'naja. Seine Verhaftung hing mit einer Anklage der kasachischen NKVD-Leitung in Alma-Ata gegen etliche in der Sowjetunion verbliebene Uhlfeld-Kolonisten zusammen. Wegen Sabotage, Spionage und Schädlingstätigkeit wurde am 10. November 1937 das Todesurteil gegen Grill verhängt, das am 2. September 1938 vom Politbüro (Stalin, Molotov, Ždanov) bestätigt wurde. Am 14. November 1938 wurde das Todesurteil aufgehoben und in eine 25-jährige Lagerstrafe umgewandelt. Auch dieses Urteil wurde revidiert und durch Ausweisung ersetzt. Vor seiner Abschiebung durchlief Grill eine große Zahl von Gefängnissen und Lagern: Moskau, Petropavlovsk, Alma-Ata, Zlatoust, Soloveckie ostrova, Archangel'sk und wieder Moskau. Am 31. Dezember 1939 wurde Grill bei Brest-Litovsk den deutschen Behörden übergeben. Am 17. Jänner 1940 wurde er im Gefängnis Lublin von der Sicherheitspolizei verhört und am 18. März 1940 als Russlandrückkehrer von der Gestapo Wien erkennungsdienstlich erfasst.


Seit 1929 war Grill mit einer geschiedenen Russlanddeutschen namens Emilie Fuhrmann (geb. 01.07.1894 in Vysokopol'e) verheiratet, die einen Sohn in die Familie mitbrachte. 1932 wurde ein weiterer Sohn geboren. Nach der Verhaftung ihres Mannes stellte die Frau einen Antrag auf die österreichische Staatsbürgerschaft. Von einem Sohn Grills namens Ernst, geb. am 29.12.1918 in Inzersdorf, ist bekannt, dass er 1938 aus der Sowjetunion ausgewiesen wurde und am 10. März 1938 nach Österreich zurückkehrte.


Erwin Grill wurde am 16. Mai 1969 am Wiener Zentralfriedhof bestattet, seine Frau Emilie im selben Grab am 21. März 1983.

 

 

 

Quelle: lists.memo.ru, Politisches Archiv des AA, Gestapo-Kartei (Blaue Kartei), RGASPI

 

Zur Uhlfeld-Kolonie siehe Barry McLouhglin/Hans Schafranek/Walter Szevera: Aufbruch. Hoffnung. Endstation. Österreicherinnen und Österreicher in der Sowjetunion 1925-1945, Wien 1997, S. 49-69.

 

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