Langzeitfolgen der Verfolgung und des Genozids an Roma und Sinti im Bereich der Schul- und Berufsausbildung
Projektleitung: Mag. Dr. Gerhard Baumgartner (e-mail)
Projektbetreuung: Mag. Peter Oberdammer, Emmerich Gärtner-Horvath, Josef Schmidt
Laufzeit: Juli - September 2014
Die durch das Bundesministerium für Bildung und Frauen geförderte Pilotstudie Die Langzeitfolgen der Verfolgung und des Genozids an Roma und Sinti für die Überlebenden und deren Nachkommen, insbesondere im Bereich der Schul- und Berufsausbildung wurde in Kooperation mit dem Verein Roma Service durchgeführt.
Aktuelle Studien in ganz Europa dokumentieren einen sprunghaften Anstieg der vorurteilsbedingten Ablehnung von Roma und Sinti nicht nur durch Mitglieder rechtsextremer Gruppen, sondern vor allem durch zunehmend mehr Angehörige der mittelständischen Bevölkerung europäischer Länder. Die Frage der Schulbildung nimmt einen zentralen Stellenwert sowohl im Hinblick auf die soziale Stellung von Gruppen in der Moderne als auch auf eine diskriminierende Exklusion der Gruppe der Roma ein. Die in Kooperation mit dem Verein Roma-Service durchgeführte Pilotstudie hinterfragt die Auswirkungen der nationalsozialistischen Verfolgung von Roma und Sinti auf die Überlebenden und deren Nachkommen unter besonderer Berücksichtigung der Schul- und Berufslaufbahn. Die Arbeiten wurden durch das Bundesministerium für Bildung und Frauen gefördert.
Am Beispiel der Oberwarter Burgenland-Roma werden Zugangsmöglichkeiten zum Bildungssystem als Folge eines Faktorenbündels aus soziostrukturellen Nachteilen und gruppenspezifischer institutioneller wie individueller Diskriminierung beschrieben. Der Ausschluss der Romakinder vom Schulbesuch während der NS-Herrschaft verursachte einen massiven Einbruch in der Alphabetisierungsrate in Teilen der Roma-Community. Nach 1945 wurden Massen von Romakindern über Jahrzehnte hinweg in Sonderschulen für geistig und körperlich Behinderte abgeschoben, eine Praxis, die in weiten Teilen Europas bis in die 1990er-Jahre beibehalten wurde.
Neben traditionellen Vorurteilen sowie der sozialen und wirtschaftlichen Marginalisierung spielte vor allem der schwer in Mitleidenschaft gezogene psychische und soziale Zustand der Überlebenden eine entscheidende Rolle bei der langanhaltenden Exklusion der Romakinder. Spezielle Aspekte dieser Marginalisierung werden in der Studie durch die Auswertung von lebensgeschichtlichen Interviews von Überlebenden des Genozids sowie auf der Grundlage von Interviews mit Mitgliedern der zweiten und dritten Generation illustriert. Empfohlen wird eine systematische und vergleichbare Aufarbeitung der Schulkarrieren der Romakinder im Burgenland – anhand der Stammdatenblätter in den Schulen und unter Ausdehnung der Untersuchung auf Berufsausbildung und -einstieg – als entscheidende Voraussetzung für das bessere Verständnis ihrer schulischen Situation und deren Bestimmungsfaktoren.
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