Vorträge im DÖW, 4. April 2018
Peter SCHWARZ: Der 1. Dachau-Transport im Kontext der ersten Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes gegen politische GegnerInnen
Rudolf LEO: Biografien der Kommunisten im 1. Dachau-Transport
Moderation: Claudia KURETSIDIS-HAIDER
Am Morgen des 12. März 1938 überschritten nicht nur die ersten Wehrmachtsverbände die österreichische Grenze; bereits einige Stunden zuvor, um halb fünf Uhr früh, waren – nach der durch diplomatischen Druck und militärische Drohungen erzwungenen nationalsozialistischen Machtübernahme am Vorabend – deutsche Polizeikräfte unter der Führung von Reichsführer SS Heinrich Himmler in Wien gelandet. Zu den ersten Aufgaben dieser Spezialeinheit gehörte die Verhaftung von prominenten NS-Gegnern, Mitgliedern und hohen Beamten der Regierung Schuschnigg und Angehörigen der illegalen Arbeiterbewegung. Zur Koordinierung der weiteren Verhaftungen begann Himmlers Stab ab dem 18. März 1938 mit dem Aufbau einer großen Gestapoleitstelle in Wien, die ihren Sitz im Hotel Metropole bezog. Bis Monatsende wurde eine Liste von 150 "Prominenten" unter den Verhafteten zusammengestellt, die im Polizeigefangenhaus Rossauerlände ("Lisl") konzentriert und am Abend des 1. April zum Westbahnhof gebracht wurden, von wo der Zug nach Dachau abfuhr.
Erster Dachau-Transport aus Wien: Transportliste der Gestapo Wien, 1. April 1938
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Unter den ins KZ Dachau verschickten "Prominenten" befanden sich unter anderem Angehörige der österreichischen Regierungspartei Vaterländische Front, aber auch deren politische Gegner, Sozialdemokraten und Kommunisten, sowie eine größere Gruppe bekannter jüdischer Wirtschaftstreibender, Künstler und Schriftsteller. Somit war nicht nur das gesamte politische Spektrum des damaligen Österreich vertreten, sondern auch Menschen, deren "Verbrechen" darin bestand, Juden zu sein. Der erste "Prominententransport" steht – wie es auf der 1988 zum 50. Jahrestag enthüllten Gedenktafel auf dem Westbahnhof heißt – für den ersten Schritt auf jenem verhängnisvollen Weg, der im Weltkrieg und in Massenvernichtungslagern endete. Insgesamt wurden 1938 mehr als 7800 Österreicher in das KZ Dachau eingewiesen. Unter jenen, die den KZ-Terror der Nazis überlebten, haben viele die Zweite Republik mit aufgebaut.
Der oft zitierte "Geist der Lagerstraße" – das, bei allen politischen Gegensätzen, gemeinsame Bekenntnis zur demokratischen Republik Österreich – bezog sich auf die gemeinsame Hafterfahrung der einstigen weltanschaulichen Gegner im KZ Dachau. Diese hatten einander versprochen, das wiedererstandene Österreich zur unumstrittenen Heimat für alle demokratischen politischen Richtungen zu gestalten.
Eine Veranstaltung der Alfred Klahr Gesellschaft und der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz am DÖW
Zeit:
Mittwoch, 4. April 2018, 18.00 Uhr
Ort:
Veranstaltungsraum Ausstellung Dokumentationsarchiv, Altes Rathaus, Wipplingerstraße 6-8, 1010 Wien (Eingang im Hof)