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Eine umstrittene Wahl (Burschenschaft "Olympia")

Neues von ganz rechts - Oktober 2008

Ende Oktober soll der FPÖ-Abgeordnete Martin Graf in das Amt des dritten Nationalratspräsidenten gewählt werden. Aufgrund Grafs Mitgliedschaft in der rechtsextremen Burschenschaft Olympia ist diese Kür nicht unumstritten, neben den Grünen lehnen auch einzelne SPÖ-Abgeordnete ihn ab. Die Nationalfreiheitlichen reagierten wie stets auf Kritik - mit Verleugnung und Diffamierung.

 

Dabei wird zunächst versucht, die Charakterisierung der Olympia als rechtsextrem, wie sie auch das DÖW vorgenommen hat, als willkürlich und (partei-)politisch motiviert darzustellen. Demgegenüber ist zu betonen, dass die Bewertung auf einem ausreichenden Tatsachensubstrat, dessen zentralen Punkte schon vor Jahren im Internet publiziert wurden (Vgl.: Zum deutschnationalen Korporationswesen in Österreich, PDF, 160 KB, Download »), basiert. Weil der Kritik an der Olympia als rechtsextrem inhaltlich nicht beizukommen ist, versucht man es mit Verbalinjurien, so zuletzt FPÖ-MEP Andreas Mölzer in seiner Zur Zeit (42/2008, S. 2).

 

Die beiden Rechtsanwälte Gerhard Steiner und Johannes Hübner - Letzterer sitzt seit Oktober 2008 für die FPÖ im Nationalrat - versuchen in einem mit 15. Oktober 2008 datierten Schreiben an die Klubobleute die vielerorts geäußerte Kritik an der Olympia als ungerechtfertigt darzustellen. Darin wird die Einladung von amtsbekannten Neonazis und Holocaustleugnern aus dem In- und Ausland als "Diskurs auch mit Personen und zu Themen, die in der Öffentlichkeit als 'kontroversiell' angesehen werden" verharmlost. Bezüglich der behördlichen Auflösung der Olympia 1961 wird aus dem entsprechenden VfGH-Erkenntnis B266/62 zitiert, wonach "dem aufgelösten Verein niemals der Vorwurf gemacht worden sei, dass er eine unter das Verbotsgesetz fallende Tätigkeit ausgeübt habe". Den unmittelbar darauf folgenden Absatz unterschlagen die Rechtsanwälte jedoch wohlweislich: "Die Verantwortlichkeit des Vereins, insbesondere seines Vorstandes, sei dadurch gegeben, dass er sich gegenüber gesetzwidrigen Tätigkeiten seiner Mitglieder passiv verhalten bzw. nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen habe. Insbesondere sei dem Verein anzulasten, daß er sich von den Mitgliedern, denen gesetzeswidrige Handlungen nachgewiesen worden seien, nicht eindeutig distanziert habe." Unter den von den Verfassungsrichtern aufgezählten Straftaten sei hier nur die Planung und Durchführung von Terroranschlägen in Italien genannt. Als Kopf des Südtirolterrors, der mehr als ein Dutzend Menschenleben forderte, galt der Olympe und Begründer der neonazistischen NDP, Norbert Burger.

 

Udo Guggenbichler stellt sich am 14. Oktober für den Österreichischen Pennälerring (ÖPR) vor Graf und seine Korporation. In einer APA-Aussendung unterstellt er den KritikerInnen, sie würden eine "Kampagne gegen unsere Grundwerte" betreiben. Demgegenüber hätten sich die "Burschenschafter immer als vorbildliche Demokraten erwiesen". Tatsächlich waren sie jedoch seit 1918 an jeder antidemokratischen Erhebung gegen die Weimarer oder Erste Republik federführend beteiligt. Über den Nazi-Putschversuch 1923 hieß es etwa in den Burschenschaftlichen Blättern (1/1923, S. 1): "Am 8. November des Jahres ist in München versucht worden, eine revolutionäre Regierung der deutschen Freiheit zu bilden, am 9. November sind in München an 20 deutsche Männer für Volk und Vaterland gefallen. Erschüttert steht Deutschland an der Bahre dieser Toten, die reinen Herzens ihr Leben geopfert haben." Die Burschenschafter stellten sich damals noch nicht als Urdemokraten dar, sondern bekannten "mit Stolz" ihre Mitgliedschaft in der NSDAP oder in anderen paramilitärischen Formationen, die gegen die Republik kämpften. Heute versucht nicht nur Guggenbichler den Eindruck zu erwecken, die Burschenschafter wären in Opposition zum Nationalsozialismus gestanden und unter diesem gar verfolgt worden. Tatsächlich hat sich etwa die Olympia, die schon 1933 das nationalsozialistische "Führerprinzip" angenommen hatte, bei einer Feierstunde im Wiener Konzerthaus Mitte März 1938 selbst aufgelöst; als Kameradschaft Johann Gottlieb Fichte existierte man bis zum Verbot im Mai 1945.

 

Acht Tage nach einem Bericht im profil, wonach Graf 1987 den Saalschutz bei einer Veranstaltung mit dem deutschen Neonazi Reinhold Oberlercher verstärkt hätte, wies der Olympe und Neoabgeordnete Harald Stefan dies "auf das Schärfste zurück". In einer Aussendung behauptete er, der ehemalige Aktivist der deutschen Studentenbewegung sei 1987 noch ein "Marxist" gewesen. In Wahrheit begann sich der bekennende Antisemit schon zu Beginn der 1980er Jahre über den Umweg der Neuen Rechten dem Neonazismus zuzuwenden. An den offen nazistischen Ausfällen Oberlerchers in Wien - unter anderem nannte er Jüdinnen und Juden "Krankheitserreger" - scheinen sich die Nationalfreiheitlichen bis heute nicht zu stoßen, zumindest erfolgt auch mehr als 20 Jahre danach keine Distanzierung.

 

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