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Franz Hubalek: Ein paar verlässliche Leute

Franz Hubalek, geb. 1917 in Wiener Neustadt. 1935 Eintritt in das Priesterseminar in Wien, Mitarbeit in diversen Jugendgruppen. Oktober 1939 Einrücken zur Deutschen Wehrmacht, 1940 Studienurlaub, 1941 Priesterweihe.

November 1945 Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft, Kaplan und Religionsprofessor, 1960 Rückversetzung in den Laienstand, 1960-1964 Deutsch- und Geschichtestudium, Eintritt in das Unterrichtsministerium (Bundesstaatliche Hauptstelle für Lichtbild und Bildungsfilm, ab 1971 Direktor dieser Stelle). Bis 1991 Universitätslehrer für audiovisuelle Medien.

Verstorben 2000.

 

 

Also im April die "Abstimmung" mit 99 Prozent, alle haben gesagt: "Na, das ist selbstverständlich gefälscht." Aber ein Gegenbeweis, eine echte Aktion contra, war diese Jugendkundgebung am 7. Oktober [1938] in Wien im Stephansdom. Ein Dom voller Jugendlicher und ein begeisternder Kardinal in seiner Ansprache. Ich war selber auch drinnen. Und am Samstag [...] wurden so große Pflastersteine aufgefahren: Überfall auf das [Erzbischöfliche] Palais, Angriff auch auf den Kardinal, der sich dann versteckt hat. Und ich weiß noch, Dr. [Wilhelm] Samida, der damals Kurat in Wiener Neustadt war, hat mich am Abend [besucht] und gesagt, [er sucht] ein paar verlässliche Leute [...] ob wir was abziehen würden, mit so einem Rotationsabziehapparat. Bis spät in die Nacht haben wir gearbeitet. Samida hat uns nur erzählt, es geht um die Dinge, die sich am 8. Oktober in Wien abgespielt haben. Und wir sollten am nächsten Tag [...] diese Nachricht ausfahren. Gelesen habe ich es eigentlich nicht. Wir haben dem Samida vertraut, dass er das schon richtig macht. Und am Montag bin ich mit dem Fahrrad [über] Wöllersdorf bis nach Pernitz gefahren und habe in den Pfarreien diese Botschaft abgegeben. Es ist darum gegangen, was sich damals abgespielt hat [...] um den Sturm auf das Erzbischöfliche Palais. Die Gestapo hat vergeblich gesucht, woher diese Berichte gekommen sind. Er [Samida] hat auf einer fremden Schreibmaschine geschrieben und hat das bei einer Druckerei, wo dann die Lettern vernichtet worden sind, drucken lassen. Also es war eine phantastische Sache. Bitteschön, wir sagen auch heute - leichtsinnig bis dorthinaus. [...]

 

Sie [die katholische Jugendarbeit] ist im Grunde weitergegangen, selbstverständlich auf den kirchlichen Raum beschränkt. Vielleicht gerade durch das Verbotsmoment, das Verbot, weltliche Lieder zu singen, Wanderungen zu machen usw. - dafür hat man eben dann Wallfahrten erfunden, Einkehrtage, also verschiedenste religiöse Thematiken. [...] Ich war ja schon im [Priester-]Seminar und nur zu Zeiten der Ferien zu Hause in Wiener Neustadt und habe da natürlich sehr aktiv mitgemacht. Zum Beispiel in den Weihnachtsferien 1938/39 habe ich mit der Samida-Gruppe, das müssen so 30, 40 Leute gewesen sein, eine so genannte Kotenfahrt gemacht. Eine Kote ist ein Feuerzelt, ein schwarzes Zelt aus Finnland, oben offen. In der Mitte macht man ein Feuer, und da liegen so 20 drinnen herum. Dann haben wir im Wald eine Weihnachtsfeier gemacht. Es muss im Süden von Wiener Neustadt gewesen sein, in der Buckligen Welt oder im Rosaliengebirge. [...] Wir haben Kerzerln in den Schnee gesteckt, haben eine so genannte Herbergssuche gemacht, einen Christbaum und eine Krippe aufgestellt mitten in der Nacht, in der Feuerkote nachher geschlafen.

 

Das muss irgendwie verraten worden sein, denn dann sind wir systematisch einer nach dem anderen zur Gestapo gerufen worden in Wiener Neustadt. [...] Im Großen und Ganzen haben wir da natürlich nur das Religiöse erzählt [...] Wir haben dann die Kote ehestens im Propstgarten vergraben, so dass sie auch nicht aufgefunden wurde.

 

[Im Oktober 1939 zur Deutschen Wehrmacht einberufen, war Franz Hubalek ab 1943 Ausbildungsoffizier bei einer Flakabteilung in Friedrichshafen.]

 

Das Ärgste war natürlich, als dann die letzten Aufgebote zur Wehrmacht gerufen wurden. Meine Aufgabe war die Ausbildung der Flakhelfer, also dieser 15-, 16-, 17-jährigen Buben. Die habe ich dann zur ideologischen Ausbildung zusammengerufen, habe mit ihnen Rosenbergs "Mythus [sic!] des 20. Jahrhunderts" gelesen und natürlich alle die Gegenargumente [vorgebracht]. Ein Herder-Dorneich, der Sohn des Verlagsdirektors Herder, war damals bei meinen Flakhelfern dabei. Und wie soll ich sagen, es war für mich unerhört begeisternd, trotz dieser antichristlichen Situation im Nationalsozialismus hier positiv zu wirken.

 

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