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Elisabeth Luif: "... daß die Arbeiterschaft unmittelbar als erster Waggon hinter der Lokomotive rangiert."

Integrationsstrategien im Austrofaschismus am Beispiel der "Sozialen Arbeitsgemeinschaft"

Masterarbeit, Universität Wien, 2020 (Abstract)

 

Diese Arbeit wurde mit dem Herbert-Steiner-Preis 2021 ausgezeichnet.

 

 

Die Soziale Arbeitsgemeinschaft (SAG) war die politische Arbeiterorganisation des austrofaschistischen Regimes. Sie wurde im März 1935 als Teilorganisation der Vaterländischen Front gegründet, um die "ehemals" sozialdemokratische Arbeiterschaft für den neuen Staat zu gewinnen. Diese Arbeit untersucht am Beispiel der SAG einen bislang weitgehend unbekannten Themenkomplex: Die Integrationsstrategien des Austrofaschismus. Basierend auf internen und öffentlichen Eigendarstellungen ihrer zentralen Akteure, der christlichen Gewerkschafter, werden der organisatorische Aufbau, die inhaltlichen Forderungen sowie die Strategien und Praxen der SAG gegenüber der Arbeiterschaft untersucht. Unter Hinzunahme von Einschätzungen der illegalen linken und nationalsozialistischen Opposition wird gezeigt, wie sich individuelle ArbeiterInnen zu den Integrationsangeboten verhielten und wie sich die politischen Auseinandersetzungen in der SAG ab 1937 im Kontext der zunehmenden Annäherung des Regimes an den Nationalsozialismus intensivierten.

 

Die Arbeit gibt nicht nur eine differenzierte Einschätzung zum Verhältnis zwischen Regime und Arbeiterschaft, sondern ermöglicht auch neue Einblicke in bislang kontroverse Themen. Erstens war die SAG keine reine "top-down" Initiative der Regierung, sondern Ausdruck aktiver Bemühungen der christlichen Gewerkschafter, ihre Machtposition im neuen Staat auszubauen. Als Teil eines durchdachten Konzeptes verschiedener Integrationspolitiken war die SAG zweitens nicht nur eine flankierende Maßnahme zur Herrschaftssicherung, sondern zielte auf die Aktivierung der Arbeiterschaft. Obwohl die SAG einen Teilerfolg in der organisatorischen Erfassung der Arbeiterschaft erreichte, blieb eine positive Identifikation mit dem Regime weitgehend aus. Dennoch kanalisierten die Integrationsangebote Widerstandstätigkeiten der illegalen Arbeiterbewegung und trugen so zu einer Stabilisierung des Regimes bei. Drittens bildete die SAG keine Gegenkraft zum Nationalsozialismus, bis zum "Anschluss" im März 1938 blieb die Zurückdrängung der linken Konkurrenz für die führenden Funktionäre prioritär.

 

Elisabeth Luif, Historikerin und Sozialwissenschaftlerin, Wien

 

 

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