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Parlamentarische Anfragen der FPÖ zum DÖW (Antwort BM Gehrer)

 

Beantwortung der parlamentarischen Anfrage der FPÖ-Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Kollegen vom 17. Juli 1998 durch die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, Dr. Elisabeth Gehrer, 15. September 1998

 
 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4819/J-NR/1998 betreffend ein Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 4. Mai 1998 zu 18 Bs 384/97, betreffend das "Dokumentationszentrum des österreichischen Widerstandes" (DÖW), die die Abgeordneten Mag. Johann Stadler und Kollegen am 17. Juli 1998 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

Es trifft nicht zu, dass das OLG Wien in seinem Urteil vom 4. Mai 1998, 18 Bs 384/97, die in der Einleitung der Anfrage getroffenen Feststellungen getroffen hat. Es gibt somit kein Gerichtsurteil, das festgestellt hat, dass das "Dokumentationszentrum des österreichischen Widerstandes" (richtig "Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes") eine "kommunistische Tarnorganisation" und dass deren Leiter Dr. Wolfgang NEUGEBAUER ein "Denunziant" sei.

Richtig ist vielmehr, dass das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht mit dem genannten Urteil den Autor eines sich mit dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes und dessen Leiter befassenden Medienberichtes wegen einer in diesem Bericht enthaltenen Feststellung wegen Vergehens der üblen Nachrede zu einer Geldstrafe verurteilt hat. Bereits im Ersturteil hatte das Landesgericht für Strafsachen Wien festgestellt, dass es sich bei der Bezeichnung des Dokumentationsarchives des Österreichischen Widerstandes als "kommunistische Tarnorganisation" um ein Werturteil handle, wie es bei Politikern auch in einer Weise, die als verletzend, schockierend oder irritierend empfunden werden möge, straflos bleibt. Eine analoge Feststellung hat das Oberlandesgericht Wien im Berufungsurteil hinsichtlich der Bezeichnung des Privatklägers Dr. Wolfgang NEUGEBAUER als "Denunziant" getroffen.

Die Gerichte sind damit einer mit der einschlägigen österreichischen Rechtstradition brechenden Judikatur gefolgt, die durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entwickelt worden ist. Dieser hatte in mehreren Verfahren - unter anderem auch jenem, in dem ein österreichischer Politiker als "Trottel" bezeichnet worden war - zum Ausdruck gebracht hat, dass "die Grenzen akzeptabler Kritik - in bezug auf einen Politiker, der in seiner öffentlichen Funktion handelt, weiter zu ziehen seien, als in bezug auf eine Privatperson. Die Anforderungen an den Schutz des guten Rufes eines Politikers müssten gegenüber den Interessen an einer offenen Diskussion politischer Fragen abgewogen werden; Ausnahmen von der Freiheit der Meinungsäußerung seien daher eng auszulegen."
Eine Bestätigung des Werturteils durch die Gerichte kann daraus ebenso wenig abgeleitet werden, wie eine Beurteilung des Wahrheitsgehaltes.

Im Übrigen beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt:

1. Hat Ihr Ministerium, haben nachgeordnete Ihrem Ministerium unterstehende Stellen bzw. Schulen jemals mit dem "Dokumentationszentrum des österreichischen Widerstandes" zusammengearbeitet? -
Wenn ja, wann, wie oft, von welchen Abteilungen und in welchen Angelegenheiten?

Antwort
Seitens meines Ressorts und seitens der österreichischen Schulen wurde und wird zu Themen der Zeitgeschichte Österreichs mit dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes zusammengearbeitet. Die Auswahl der Ansprechpartner steht den Lehrerinnen und Lehrern im Rahmen ihrer Lehr- und Methodenfreiheit frei. Wie in allen Teilbereichen des Geschichteunterrichts und der politischen Bildung in der Schule ist selbstverständlich jeder Einsatz von Informationen oder Materialien sowie Personen aus dem genannten Archiv danach zu prüfen, ob eine umfassende, zu selbständigem Urteil anleitende Beschäftigung mit den angesprochenen Themenfeldern unterstützt wird. Wenn eine den Unterricht belastende Einseitigkeit in der Vermittlung zu befürchten ist, hat der Einsatz zu unterbleiben.

2. Wird Ihr Ministerium bzw. werden nachgeordnete Ihrem Ministerium unterstehende Stellen sowie Schulen weiterhin mit dem "Dokumentationszentrum des österreichischen Widerstandes" (laut Gerichtsurteil "kommunistische Tarnorganisation") und dessen Leiter Dr. Wolfgang Neugebauer (laut Gerichtsurteil "Denunziant") zusammenarbeiten? -
Wenn ja, warum?

Antwort
Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes ist ein international anerkanntes wissenschaftliches Institut, das im Rahmen des Zeitgeschichteunterrichts und auf der Basis der Ausführungen zur Frage I mit österreichischen Schulen kooperiert. Dadurch werden den Schulen wichtige Informationen zur Verfügung gestellt bzw. Kontakte vermittelt, um diesen Themenbereich entsprechend bearbeiten zu können. Diese Zusammenarbeit wird den Schulen weiterhin offen stehen.

3. Sind Sie bereit, den zwischen Ihnen, Ihren Amtsvorgängern und (laut Gerichtsurteil "Denunziant") Dr. Wolfgang Neugebauer stattgefundenen Schriftverkehr dem Nationalrat
Wenn nein, warum nicht?

Antwort
Ich sehe keine Veranlassung, meinen persönlichen Schriftverkehr oder dem meiner Amtsvorgänger dieser Anfrage beizulegen. Dies schon deshalb, weil für meine bisherige Amtszeit festgehalten werden kann, dass es sich lediglich um ein Schreiben zur Präsentation des Vereins zu meinem Amtsantritt, um drei Dankschreiben für die erhaltenen Förderungen sowie für die Schließung des Rassensaals im Naturhistorischen Museum, ein Unterstützungsschreiben für den Sohn eines KZ-Opfers sowie um die persönliche Darstellung der Sichtweise im Zusammenhang mit dem angesprochenen Gerichtsurteil handelt.

4. Welchen Gesamtbetrag hat das "Dokumentationszentrum des österreichischen Widerstandes" (laut Gerichtsurteil eine "kommunistische Tarnorganisation") über die letzten 15 Jahre als Förderung aus Ihrem Ressort erhalten?

Antwort:
Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes wurde aus dem Kapitel 12 zwischen 1983 und 1997 mit ca. 3,9 Mio S gefördert.

 

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