logo
logo

Ulrich Becher (1910–1990)

Buchgeschichten von Stephan Roth

Am 15. April 2025 jährt sich der Todestag des deutsch-österreichisch-schweizerischen Schriftstellers und Dramatikers Ulrich Becher zum 35. Mal. Er mag in der öffentlichen Erinnerung weniger präsent sein, sein Stück „Der Bockerer“, das er gemeinsam mit Peter Preses (1907–1961) geschrieben hat und das 1981 von Franz Antel (1913–2007) verfilmt wurde, ist es dafür umso mehr.


Ulrich Becher wurde am 2. Jänner 1910 in Berlin als Sohn eines Rechtsanwaltes und einer Schweizer Pianistin geboren. 1928 legte er das Abitur an der reformpädagogischen Freien Schulgemeinde Wickersdorf in Thüringen ab. Sein Deutschlehrer war der spätere Verlagsgründer Peter Suhrkamp (1891–1959). Von 1928 bis 1932 studierte Becher in Genf, Berlin und Leipzig Rechtswissenschaft, betrieb aber gleichzeitig eine Ausbildung zum Kunstmaler und war seit 1927 der einzige Grafikschüler von George Grosz (1893–1959), mit dem er durch eine lebenslange Freundschaft verbunden bleiben sollte. Seine schriftstellerischen Fähigkeiten stellte er 1932 mit seinem bei Rowohlt erschienen und positiv besprochenen Erstling, dem Novellenband „Männer machen Fehler“, unter Beweis. Allerdings wurde das Buch bereits im 10. Mai 1933 von den eben an die Macht gekommenen Nationalsozialisten als „entartete“ Literatur verbrannt. Becher hatte bereits zuvor, nach dem Reichstagsbrand Ende Februar 1933, Deutschland verlassen und lebte bis zum „Anschluss“ 1938 großteils in Wien, wo er als Zeitungskorrespondent und Autor tätig war. Anfang November 1933 heiratete er seine ehemalige Kommilitonin Dana Roda Roda (1909–1992), die Tochter des österreichischen Satirikers und Publizisten Alexander Roda Roda (1872–1945), und nahm die österreichische Staatsbürgerschaft an. Nach dem „Anschluss“ flüchteten Ulrich und Dana Becher als inzwischen Staatenlose in die Schweiz. Trotz der Schweizer Abstammung seiner Mutter erhielt er aufgrund seiner antifaschistischen Haltung keine dauerhafte Niederlassungsbewilligung und war gezwungen mit seiner Frau weiter zu flüchten. Im März 1941 gelang den beiden die Flucht über Frankreich, Spanien und Portugal nach Brasilien, wo sie nach dreijährigen Bemühungen ein Visum für die USA erhielten. 1944 gelangten sie schließlich nach New York zu den Schwiegereltern Alexander und Elsbeth Roda Roda.


Nach produktiven Jahren in New York erfolgte 1948 die Remigration nach Wien, wo das aus dem Exil mitgebrachte Stück „Der Bockerer“ noch im selben Jahr im Neuen Theater an der Scala uraufgeführt wurde. 1954 nahm Becher Wohnsitz in Basel, wo er bis zu seinem Tod am 15. April 1990 lebte.

BECHER, Ulrich / Peter PRESES: Der Bockerer. Dramatisches Possenspiel
Wien: Continental Edition, 1946 – 154 S. // Bibliothek Robert Neumann. Mit einer Widmung von Ulrich Becher an Robert Neumann, Basel 1961 // (Signatur: EX 7913)

BECHER, Ulrich / Peter PRESES: Der Bockerer. Dramatisches Possenspiel (Buchcover)

Die im DÖW vorhandene Ausgabe des Bockerer stammt aus dem Nachlass von Robert Neumann und wurde von seiner letzten Frau Helga Neumann 1976 dem DÖW übergeben. Es handelt sich um die 1946 erschienene Erstauflage des von Peter Preses und Ulrich Becher verfassten Theaterstücks und enthält eine von Becher signierte und mit „Basel 1961“ datierte Widmung für Robert und Helga Neumann. Becher dankt darin Robert Neumann für dessen 1960 veröffentlichte Publikation Ausflüchte unseres Gewissens. Dokumente zu Hitlers „Endlösung der Judenfrage“ mit Kommentar und Bilanz der politischen Situation und bezeichnet diese als das „beste Mahnbuch, das bisher erschien“. Am fliegenden Vorsatz befindet sich zusätzlich eine Widmung von Dana Becher Roda, die auf die 100 Aufführungen des Stücks im Neuen Theater an der Scala in Wien 1948 hinweist.

 

 

 

 

BECHER, Ulrich / Peter PRESES: Der Bockerer. Dramatisches Possenspiel (Titelei)      

BECHER, Ulrich / Peter PRESES: Der Bockerer. Dramatisches Possenspiel (Widmung)

 

 

BECHER, Ulrich: Das Herz des Hais: Roman
Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1960 – 145 S. (Signatur: EX 21305)

 

BECHER, Ulrich: Das Herz des Hais: Roman (Buchcover)Erstauflage des kurzen Romans mit einem schönen, von Karl Gröning Jr. und seiner Frau Gisela Pferdmenges ganz dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend gestalteten Umschlag.


Der Roman ist eine tragikomische Liebes- und Ehegeschichte, die den Kampf der Malerin Lulube mit ihrem Gatten Kerubin während eines Urlaubs auf der vulkanischen Insel Lipari behandelt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

BECHER, Ulrich: New Yorker Novellen. ein Zyklus in drei Nächten
Berlin: Aufbau-Verlag, 1969 – 327 S. (Signatur: EX 15270)
Die 1950 erstmals unter dem Titel „Nachtigall will zum Vater fliegen“ veröffentlichten New Yorker Novellen entstanden im Exil, sie geben mit sprachlicher Meisterschaft und Sarkasmus Einblick in das US-amerikanische Emigrantenmilieu und deren Kriegs- und Lagertraumata.
Das vorliegende Exemplar stammt ebenfalls aus dem Nachlass von Robert Neumann und ist mit einer aus dem Dezember 1969 (dem Jahr der Veröffentlichung der DDR-Ausgabe) stammenden, sehr freundschaftlich gehaltenen Widmung von Ulrich und Dana Becher versehen.

 

BECHER, Ulrich: New Yorker Novellen. ein Zyklus in drei Nächten (Buchcover)       BECHER, Ulrich: New Yorker Novellen. ein Zyklus in drei Nächten (Widmung)

 

 

BECHER, Ulrich: Murmeljagd. Roman
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1986 – 570 S. (Signatur: EX 16780)

BECHER, Ulrich: Murmeljagd. Roman (Buchcover)

BECHER, Ulrich
Murmeljagd. Roman
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1969 (1. –4. Tausend) – 570 S. (privat)
Der 1969 erstmals bei Rowohlt erschienene Roman „Murmeljagd“ ist zweifelsohne das Hauptwerk Ulrich Bechers und gilt als einer der großen Romane der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts. Becher hat mehr als 20 Jahre an dem Werk mit autiografischen Zügen garbeitet. Die Hauptfigur Trebla – aristokratische Herkunft, Kampfflieger im Ersten Weltkrieg (Kopfschüssler) und überzeugter Sozialist – flüchtet 1938 auf Skiern in die Schweiz und versucht zu Beginn des Sommers 1938 seine quälende Allergie in der Höhenlage des Oberengadins unter Zuhilfenahme von Ephedrin zu kurieren. Die vierwöchige Kur bildet den Handlungsrahmen in dem zwischen Pontressina und Sankt Moritz viel gestorben wird, Trebla ist dabei der vermeintlich oder tatsächlich Gejagte. Das vielen zugeschriebene Zitat „Nur weil du paranoid bist, heißt das noch lang nicht, dass sie nicht trotzdem hinter dir her sind“ drängt sich auf. Wie wirklich ist die vermeintliche Wirklichkeit?

 

BECHER, Ulrich: Murmeljagd. Roman (Schutzumschlag)

 

 

<< zurück

Unterstützt von: