Opfer der NS-Militärjustiz
Fast alle Kriegsdienstverweigerer aus religiösen Gründen gehörten den Zeugen Jehovas (Internationale Bibelforschervereinigung) an, die unter Berufung auf das Tötungsverbot der Bibel grundsätzlich die Arbeit in der Rüstungsproduktion und den Wehrdienst ablehnten. Der Steirer Franz Zeiner, der am 22. 6. 1940 wegen "Zersetzung der Wehrkraft" zum Tode verurteilt wurde, war ein Anhänger dieser Glaubensgemeinschaft, allerdings ohne sich "äußerlich der Vereinigung der Ernsten Bibelforscher anzuschließen" (Feldurteil des Reichskriegsgerichts, 22. 6. 1940).
Franz Zeiner, Wehrdienstverweigerer aus religiösen Gründen
(Foto: Wiener Stadt- und Landesarchiv)
Zeiner, am 31. 1. 1909 in Zeltweg geboren, war nach dem Besuch der Volksschule als Hilfsarbeiter beschäftigt, bis er eine Siedlerstelle erhielt. Im April 1940 wurde er zum Infanterie-Ersatz-Bataillon I/482 in Mistelbach einberufen. Er schrieb daraufhin an das Wehrmeldeamt, "dass er als wahrer Christ, d. h. als Christi Nachfolger, keine Waffen tragen könne und dürfe. Gott verbiete zu töten. Er habe gelobt, den in der Heiligen Schrift festgelegten Willen Gottes zu tun." Auch bei den folgenden Vernehmungen und vor Gericht änderte Zeiner seine Haltung nicht, "trotz aller Vorhaltungen und trotz Hinweises auf die schweren Folgen seines Tuns". Unterstützt wurde er von seiner Lebensgefährtin, die ihm am 16. 6. 1940 schrieb: "Samstag am 15. erfuhr ich, daß du nach Berlin überstellt wurdest. Umso doppelt war der Schmerz, daß ich dich hier nicht mehr sehen konnte. Aber sei stark im Glauben [im Original rot unterstrichen], denn Jesus Christus wird uns helfen sowie unser großer himmlischer Vater, wo wir unser ganzes Vertrauen legen. Ich möchte gleich zu dir fahren und mit dir alles teilen Freude und Schmerz, aber das nötige Geld fehlt und so bin ich mit dir jederzeit im Geiste verbunden."
In seiner Urteilsbegründung wies das Reichskriegsgericht, für das religiöse Motive "strafrechtlich ohne Bedeutung" waren, auf die "Hartnäckigkeit und Unbelehrbarkeit" des Angeklagten hin - ein minder schwerer Fall sei damit ausgeschlossen:
"Diese Strafbestimmung [§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Kriegssonderstrafrechtsverordnung] droht grundsätzlich die Todesstrafe an. Nach ihrem Abs. 2 kann auf Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe erkannt werden, wenn ein minder schwerer Fall vorliegt. Ein solcher ist hier nicht gegeben. Zwar hat der Angeklagte nicht aus Feigheit oder dgl. gehandelt. Mit Rücksicht auf die von ihm gezeigte Hartnäckigkeit und Unbelehrbarkeit ist aber eine milde Beurteilung ausgeschlossen. Derart hartnäckige Wehrdienstverweigerungen sind schon wegen der ihnen innewohnenden gefährlichen Werbekraft besonders geeignet den Wehrwillen anderer zu zersetzen. Deshalb muß auf Todesstrafe erkannt werden."
Franz Zeiner wurde am 20. 7. 1940 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.