Markus Meisel, geboren am 27. Februar 1880
Gisela Meisel geb. Kohn, geboren am 3. Juli 1884
Fritz Meisel, geboren am 21. November 1926
Deportation nach Maly Trostinec: 2. Juni 1942
Gisela und Markus Meisel lebten 1938 mit vier ihrer Kinder – mit ihrem Sohn Fritz und den Töchtern Grete, Ernestine und Hermine – in der städtischen Wohnhausanlage Paletzgasse 17 (Stiege 5, Tür 20) in Wien-Ottakring. Diese Wohnung wurde ihnen im Zuge der Kündigungsaktion der nationalsozialistischen Wiener Stadtverwaltung gegen jüdische MieterInnen von Gemeindewohnungen per 31. Juli 1938 gekündigt. Markus Meisels Antrag vom 11. Juli 1938 um Fristverlängerung wurde von der Magistratsabteilung 21 am 20. Juli abgelehnt.
Ansuchen von Markus Meisel an das Wohnungsamt, o. D. (Juli 1938)
In einem undatierten Ansuchen wandte er sich (vermutlich noch im Juli 1938) an das "löbl. Wohnungsamt":
"Vom Berufe Lederarbeiter, habe ich mich stets ehrlich und rechtschaffen mit meiner Hände Arbeit fortgebracht, und mir niemals was zu schulden kommen lassen […] Bin Kriegsinvalide habe zehn Jahre die Rente bezogen, und wurde aufs neue Begutachtet, jedoch ist meine Angelegenheit noch nicht erledigt, habe beide Lungen beschädigt. […] Ich habe neun Kinder wovon noch vier zu hause sind. Sechs Personen droht die Gefahr ohne Obdach zu sein; Ich bin der Verzweiflung nahe: Meine Bitte, das löbl. Wohnungsamt möge gütigst meinen Lebenslauf überprüfen und meine Lage in der ich schuldlos gerathen bin berücksichtigen, und mir gütigst zu einer andren Wohnung verhelfen wollen. Ich wiederhole nochmals meinen Hilferuf und hoffe, im Sinne der Menschlichkeit, das löbl. Wohnungsamt möge meine dringende Bitte bewilligen."
(Zitat in Originalorthographie)
Tatsächlich wurde die für den 1. September 1938 angesetzte Delogierung der Familie zunächst auf den 14. September verschoben. An der prekären Lage hatte sich freilich nichts geändert, weshalb Meisel Anfang September die Magistratsabteilung 21 erneut um Zuweisung einer anderen Wohnung bat:
"Meine innigste Bitte, der löbl. Herr Amtsrath möge gütigst mir eine Ersatz Wohnung geben wollen, wir sind sechs Personen, vier Kinder, der Winter vor der Thür, wo soll ich als kranker Mensch hingehen."
(Zitat in Originalorthographie)
Ein ähnliches Ansuchen Meisels traf ebenfalls im September 1938 beim Wohnungsreferat der NSDAP Gauleitung Wien ein. Daraufhin setzte sich am 17. September 1938 der Ortgruppenleiter der NSDAP Ortsgruppe Lienfeld Nord, Math. Karl Ollrom, gegen weitere Fristverlängerungen ein:
"Auf Vorsprache des Pg. Zechmayer Franz, S.S. Mann 89/10 bestätigen wir, dass wir wegen staatsfeindlicher Einstellung des Juden Meisl [sic!], XVI. Paletzg. 17 schon einmal bei der Gestapo Anzeige machten, und grössten Wert darauf legen, dass die Familie aus dem Gemeindebau entfernt wird. Ursache, wieso den Leuten die Kündigungsfrist schon mehrere male verlängert wurde, ist uns unbekannt."
(Zitat in Originalorthographie)
Noch im September 1938 musste die Familie Meisel die Wohnung räumen.
Gisela und Markus Meisel und ihr Sohn Fritz, alle zuletzt wohnhaft in der Blumauergasse 20/25 in Wien-Leopoldstadt, wurden am 2. Juni 1942 nach Maly Trostinec deportiert. Seither fehlt jede Nachricht.
Ihre Tochter Grete Meisel (geboren am 1. Oktober 1916) wurde am 26. Februar 1941 nach Opole deportiert. Dort verliert sich ihre Spur. Hermine Meisel (Jg. 1922), eine weitere Tochter, wurde von Ungarn nach Auschwitz deportiert. Von dort wurde sie in das KZ Ravensbrück überstellt, wo sie die Befreiung erlebte.
Literatur:
Herbert Exenberger / Johann Koß / Brigitte Ungar-Klein, Kündigungsgrund Nichtarier. Die Vertreibung jüdischer Mieter aus den Wiener Gemeindebauten in den Jahren 1938-1939, Wien 1996.
Für diese Publikation arbeiteten die AutorInnen Akten der Magistratsabteilung 52 auf.
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