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Bernhard Kuschey: Karl und Ella Heinz

Buchrezension von Wolfgang Neugebauer

Eine schmale, aber inhalts- und aufschlussreiche Broschüre des Vereins für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung informiert über das schwierige Exilschicksal des sozialdemokratischen Politikers Karl Heinz und seiner Frau Ella. Der Autor Bernhard Kuschey, AHS-Lehrer von Beruf, ist bereits mit Doppelbiografien zu zwei Ehepaaren aus dem linken/sozialdemokratischen Milieu hervorgetreten (über den sieben Jahre im KZ inhaftierten Psychoanalytiker Ernst Federn und dessen Frau Hilde und über den Diplomaten Walter Wodak und dessen Frau Erna) und bereitet derzeit eine umfassende Publikation zu Karl und Ella Heinz vor; die vorliegende Broschüre behandelt v. a. die Exil- und Nachkriegszeit.

Karl Heinz bekleidete in der Ersten Republik wichtige Funktionen in der österreichischen und internationalen Sozialdemokratie (an der Seite Friedrich Adlers Sekretär im Arbeiterrat, Vorsitzender der SAJ und der SJI, politischer Geschäftsführer des Republikanischen Schutzbundes und ab 1930 Nationalratsabgeordneter). Im Februar 1934 musste er vor den Schergen des Austrofaschismus in die CSR flüchten, wo er im Auslandsbüro österreichischer Sozialdemokraten (ALÖS) an der Seite Otto Bauers und Julius Deutsch mitwirkte. Mit Unterstützung der damals starken deutschsprachigen Sozialdemokraten in der ČSR konnten sowohl vielen politischen Flüchtlingen geholfen werden als auch die Tätigkeit der illegalen Revolutionären Sozialisten (RSÖ) tatkräftig unterstützt werden, vor allem bei Herstellung und Vertrieb des Arbeiter-Zeitung und anderer nach Österreich geschmuggelter illegaler Druckwerke.


Als das ALÖS infolge der politischen Zuspitzung 1938 nach Paris verlegt werden musste, ging Karl Heinz mit seiner Familie nach Schweden. Er wirkte als Vertreter der nunmehrigen AVÖS (Auslandsvertretung der österreichischen Sozialisten), unter anderem mit Bruno Kreisky, und in der Flüchtlingshilfe, wobei ihm seine vielfältigen internationalen Verbindungen aus SJI-Zeiten behilflich waren. Nach dem deutschen Überfall auf Norwegen und Dänemark 1940 waren die antifaschistischen Flüchtlinge auch in Schweden gefährdet, im Besonderen Ella Heinz aufgrund ihrer jüdischen Herkunft. Karl gelang es, Teile des sozialdemokratischen Parteivermögens vor dem möglichen Zugriff der Nazis rechtzeitig in die USA zu transferieren. Kurz vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion 1941 konnte sich die Familie Heinz - wie einige andere Flüchtlinge, darunter Bertolt Brecht - über Wladiwostok in die USA in Sicherheit bringen.

Obwohl es auch an der Westküste der USA ein sozialdemokratisches Exilnetzwerk gab, erlebte die Familie schwere Zeiten: Zeitweise musste Karl schwere, schlecht bezahlte Arbeiten verrichten, Ella verdingte sich als Reinigungskraft, Sohn Otto, der in Schweden eine Facharbeiterausbildung absolviert hatte, verdiente in der Rüstungsindustrie mehr und steuerte wesentlich zum Unterhalt bei. Erst einige Jahre später erlangte Karl Heinz eine seinen Fähigkeiten entsprechende Beschäftigung an der University of Berkeley. Die Verbindung zu Genossen in Schweden, namentlich Bruno Kreisky, hielt Karl Heinz aufrecht; die in Wien verbliebenen Eltern konnte er erst nach der Befreiung unterstützen.

Bei der Behandlung des österreichischen Exils in den USA hebt der Autor die herausragende Leistung von Muriel und Josef Buttinger hervor, die ihr Privatvermögen für Bürgschaften (affidavits) einsetzten und damit hunderten Flüchtlingen, unter ihnen die Familie Heinz, die lebensrettende Einreise in die USA ermöglichten. Nach der Befreiung 1945 bemühte sich Karl um die Rückkehr nach Österreich, musste aber – wie auch andere verdiente Sozialdemokraten (etwa der legendäre Finanzstadtrat des Roten Wien Hugo Breitner) — feststellen, dass die Parteiführung der SPÖ um Adolf Schärf dies nicht wünschte und dafür technische Gründe vorschob. Dieser vom Autor gut dokumentierte Abschnitt ist der aufschlussreichste und berührendste Teil der Broschüre. Ella Heinz erlebte eine späte Genugtuung für dieses Verhalten der Nachkriegs-SPÖ, als sie 1982 - ein letztes Mal in Wien - an der Eröffnung des Karl Heinz-Hofes in Floridsdorf teilnahm.

Kuschey, Bernhard: Karl und Ella Heinz. Hgg. von Michaela Maier. Wien: Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung (Dokumentation 1-4/2021) 2022, 80 S.

 

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