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"Politische Verfolgung" - Zur Historiographie der Kategorisierung der Opfergruppen

Winfried R. Garscha / Claudia Kuretsidis-Haider

Das Projekt ging von einer breiten Definition des Begriffs der „politischen Verfolgung“ aus, der sich nicht auf die Hinrichtung bzw. Ermordung von politischen GegnerInnen des NS-Regimes beschränkt. Zusätzlich zu den Opfern des politisch oder religiös motivierten Widerstandes und den als mögliche GegnerInnen Festgenommenen wurden auch jene erfasst, die wegen Vergehen wie dem „verbotenen Umgang“ mit Kriegsgefangenen, dem Abhören ausländischer Rundfunksender, „heimtückischer“ Äußerungen gegen das NS-Regime, wegen Arbeitsvertragsbruchs und Wirtschaftsdelikten oder wegen Straftaten wie Homosexualität oder Abtreibung in Haftstätten eingewiesen bzw. über das in einem Rechtsstaat normale Ausmaß bestraft wurden und dort verstarben oder ermordet wurden, sowie die als „Volksschädlinge“ Hingerichteten und die im Zuge von Massakern bei Kriegsende Getöteten.

 

Diese breite Definition des Begriffs der „politischen Verfolgung“ ist Ergebnis eines jahrzehntelangen Diskussionsprozesses, der in Österreich mit der Gründung des DÖW 1963 einsetzte. Die Dokumentationen zu Widerstand und Verfolgung in den Bundesländern maßen politische Verfolgung am totalen Gehorsamkeitsanspruch der nationalsozialistischen Machthaber. Der von Karl R. Stadler geprägte breite Widerstandsbegriff umfasste auch individuelle Versuche, sich diesem Anspruch zu entziehen. Die justiz- und zeitgeschichtliche Forschung seit den 1990er-Jahren zeigt, dass sich die tatsächliche Dimension der Verfolgung nur aus den Intentionen der Verfolgungsbehörden erschließt. Begreift man politische Verfolgung als nationalsozialistische „Gegnerbekämpfung“, ergibt sich eine Kategorisierung, die sämtliche (wirkliche, potenzielle oder vermeintliche) GegnerInnen des Regimes, die die Durchsetzung der Normen der Diktatur in allen gesellschaftlichen Bereichen gefährden könnten, als Opfer der politischen Verfolgung definiert.

 

 

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