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Nazifizierung der österreichischen Justiz: Biographien von Richtern und Staatsanwälten

Projektbetreuung: Dr. Ursula Schwarz (e-mail)

 

Die Forschungsarbeiten werden vom Bundesministerium für Justiz finanziert.

 

Das Projekt wurde im Frühjahr 2021 abgeschlossen.

 

 

Forschungsstand

 

Die NS-Justiz in Österreich ist seit Jahrzehnten Gegenstand der Forschung sowie von wissenschaftlichen Veranstaltungen (etwa die Symposien des Bundesministeriums für Justiz: Justiz und Zeitgeschichte), zahlreiche Publikationen insbesondere des DÖW über Widerstand und Verfolgung 1938–1945 fußen auf NS-Justizakten.

 

Dennoch sind für wichtige Teilbereiche Informationen erst seit wenigen Jahren zugänglich. Dazu zählt die sukzessive Nazifizierung der österreichischen Justiz sowohl im legistischen als auch im organisatorischen Bereich. Überhaupt erst bruchstückhaft bekannt ist die personelle Seite dieses Vorgangs: Außerdienststellungen von für das NS-Regime "untragbaren" Angehörigen der Justiz 1938, die Tätigkeit von Richtern und Staatsanwälten 1938–1945 sowie ihre Karriereverläufe in der Zweiten Republik.

 

Grundlegende Forschungen dazu erfolgten im Rahmen eines 2005–2008 am DÖW durchgeführten Forschungsprojekts, das auf früheren Kooperationsprojekten des DÖW mit der Philipps-Universität Marburg/Lahn aufbaute:

 

  • In dem von der Volkswagen-Stiftung finanzierten Projekt Hochverrat, Landesverrat, Wehrkraftzersetzung: Politische NS-Justiz in Österreich wurden erstmals alle Verfahren gegen ÖsterreicherInnen vor dem nationalsozialistischen Volksgerichtshof sowie dem Oberlandesgericht Wien in einer Mikrofiche-Edition erfasst.

  • In dem vom Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank finanziertem Projekt Zur Nazifizierung der Strafjustiz in Österreich 1938–1945 wurden die Änderungen im österreichischen Justizsystem nach dem "Anschluss" dokumentiert und mit der Erfassung der Richter und Staatsanwälte, die während der NS-Zeit in Österreich tätig waren, begonnen.
    Im Zuge dieses Projekts wurden 1632 Richter und Staatsanwälte EDV-gestützt erfasst, wobei nach derzeitigem Erkenntnisstand zumindest 716 Personen im OLG-Sprengel Wien Dienst taten (inkl. der an den Reichsgau Niederdonau angegliederten Gebiete der CSR). Zu etwa 900 Personen konnten Kurzbiographien erstellt werden. Diese umfassen auch jene 207 Richter und Staatsanwälte, die 1938/39 aus politischen oder rassistischen Gründen zwangspensioniert oder entlassen worden waren (für jene 93 unter ihnen, die nach 1945 wieder in den Justizdienst der Republik Österreich gestellt wurden, war es mangels zugänglicher Akten nicht möglich, ihr Schicksal zu rekonstruieren). Bei insgesamt 679 Personen wurde ihre Verwendung im Justizdienst nach 1945 dokumentiert. Erste Ergebnisse (NS-Richter in Österreich) veröffentliche Ursula Schwarz im 2014 von Gerald Kohl und Ilse Reiter-Zatloukal herausgegebenen Sammelband RichterInnen in Geschichte, Gegenwart und Zukunft.

 

 

Forschungsziele

 

Die obgenannten Zahlenangaben sind vorläufig – einerseits, weil die Nachkriegsakten bis zum Zeitpunkt des Projektabschlusses nur unvollständig zugänglich waren, andererseits weil bei damaligem Wissensstand keine Aussage über die Vollständigkeit der Angaben der OLG-Sprengel Graz, Linz und Innsbruck getroffen werden konnte.

 

In die von Wolfgang Form (Universität Marburg) konzipierte Datenbank sind einerseits biographische Daten (wie Geburtsdatum, Familienstand, Anzahl der Kinder, Beruf des Vaters, Wohnort usw.) und andererseits Karrieredaten (wie Amtstitel, Dienstorte, eine allfällige Entlassung 1945, die Weiterverwendung nach 1945 und das tatsächliche Dienstende) eingeflossen. Die Auswertung kann allerdings erst erfolgen, wenn zusätzliche Akten, insbesondere hinsichtlich der Nachkriegszeit, die Erfassung komplettieren. Die bisherige Erschließungstiefe hing von den im Österreichischen Staatsarchiv vorhandenen Personalakten zu Richtern und Staatsanwälten ab. Diese weisen insbesondere dann Lücken auf, wenn diese Personen nach 1945 weiterverwendet wurden. Deren Personalakten liegen teilweise noch in den Gerichten. Daher erforderte es auch eine besondere Genehmigung des Justizministeriums, damit diese personenbezogenen, für das Projekt jedoch relevanten Daten eingesehen werden können.

 

Erste Aufgabe des Projekts ist es, die in den Aktenlagern der Gerichte und Staatsanwaltschaften auch außerhalb Wiens bzw. – soweit Akten bereits abgegeben wurden – in den Beständen der Landesarchive befindlichen Personalakten zu erfassen.

 

In der zweiten Projektphase sollen die gesammelten Informationen zusammengeführt, die Kurzbiographien komplettiert und eine "Kollektivbiographie" erstellt werden.

 

 

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Themen

NS-Justiz

Downloads

Wolfgang Form / Wolfgang Neugebauer / Ursula Schwarz
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