Pavla Apovnik, geb. 1902 in Feistritz bei Bleiburg/Bistrica pri Pliberku als Bauerntochter, Unterstützung der Kärntner PartisanInnen.
Verstorben.
Gegen Kriegsende kamen die Engländer, aber sie marschierten nach Bleiburg, zu uns an die Grenze kamen sie nicht sofort. Erst als die ustaši heranrückten, da bekamen die Engländer die Nachricht, was für Gesindel sich der Grenze näherte. Als die ustaši nach Dravograd kamen, gingen sie in Richtung Ravne, Prevalje und Loibach. Die Partisanen marschierten parallel dazu auf den Hügeln und drängten sie ins Tal. Dort war Wasser, eine Straße und die Eisenbahn, sonst nichts. An der Grenze hier sperrten die Partisanen und die Engländer den ustaši den Weg ab, sodass sie nicht weiterkonnten. Das war am 13. Mai [1945], am 8. Mai war aber eigentlich schon der Krieg aus. Es waren furchtbar viele Leute, tausende Soldaten und Zivilisten, Frauen, Kinder, alte Leute, junge Leute, alles war da. Eine gebar unterwegs, es war furchtbar. Auf der Grenze fuhren die Engländer mit Panzern auf und hielten sie zurück, sodass sie nicht weiterkonnten.
Hier auf unserem Feld war Mensch an Mensch, es war total voll, tausende Leute kamen daher. Es war furchtbar, und wir waren genau in der Mitte. Wir wollten Kartoffeln setzen und sahen, wie der Hügel von Soldaten eingekreist wurde. Wir waren schon froh und zufrieden, dass der Krieg aus war, und auf einmal waren so viele Soldaten da. Alle bewaffnet, keine Rede mehr von Kartoffelsetzen, wir flohen, weil es so krachte, es war nicht mehr sicher auf dem Feld. Gegen Abend aber kam ein ustaša-Offizier, und ich sagte zu ihm: "Wieso wirfst du dein Gewehr nicht weg, weißt du nicht, dass der Krieg schon seit einer Woche aus ist?" Er sagte: "Für uns nicht." Ich fragte ihn: "Wohin wollt ihr, wohin geht ihr?" Darauf er: "Wir gehen nach Klagenfurt, Villach, Triest und zurück ins freie Kroatien." Darauf fragte ich ihn: "Wer wird euch denn dieses freie Kroatien geben?" - "Unser poglavnik Pavelič ist bei den Engländern und verhandelt über ein ustaša-Kroatien." - "Wenn euer Führer bei den Engländern ist, dann nur als ihr Gefangener. Ihr habt auf der Seite Hitlers gegen die Alliierten gekämpft, ihr werdet kapitulieren müssen, ihr werdet Gefangene sein." Ich weiß nicht, wieso die glaubten, sie könnten englische Verbündete werden. Dann kam ein zweiter Offizier und fragte: "Was sagt das Mütterchen?" Der Erste sagte ihm: "Sie sagt, wir werden englische Gefangene sein." Darauf er: "Erschieß sie." Da bekam ich furchtbare Angst. Aber der Erste sagte: "Nein, sie soll erzählen, wir wissen ja nichts." Der andere fragte mich daraufhin, wem Jugoslawien gehören werde. Und ich traute mich nicht zu sagen: "Tito!" Die hätten mich ja wirklich glatt erschossen, Und so sagte ich: "Das weiß man noch nicht, und auch wir wissen nicht, was sein wird." Das war dann ja auch so.
Am nächsten Tag, am Dienstag, trieben die ustaši ungefähr 43 oder 45 Partisanen heran, die waren entwaffnet. Sie brachten sie bis vor das Haus und sagten zu meinem Mann: "Hast du eine Hütte, hast du eine Hütte?" Mein Mann: "Ich habe keine, wozu braucht ihr denn eine?" Sie antworteten: "Wir brauchen eine Hütte, wir haben 40 Partisanen, die müssen wir einsperren, gib eine Hütte her." Mein Mann kam in die Küche: "Was sollen wir denn tun, wohin sollen wir sie denn einsperren, wir haben ja keinen Platz." Es wurde schon Nacht und ich sagte: "Oh, die sollen in die Küche kommen, da werden wir wenigstens sehen, was sie mit ihnen aufführen, damit sie sie nicht martern." Und sie kamen wirklich in die Küche. Sie konnten nur sitzen, zum Liegen war nicht genug Platz. Mann an Mann waren sie zusammengepfercht in der Küche. Am nächsten Tag mussten sie sich in einer Reihe aufstellen und die ustaši trieben sie zu den Engländern. Die Engländer und die Partisanen aber waren Verbündete und jetzt mussten die ustaši den Partisanen, die sie früher selbst entwaffnet hatten, die Gewehre geben. Für die ustaši war das eine bittere Enttäuschung, meine ich. Am nächsten Tag kamen zwei von den Partisanen und einer von ihnen sagte: "No, gnädige Frau, gestern war ich in ihrem Haus Gefangener, jetzt habe ich wieder ein Gewehr", und er erzählte mir, wie sich die ustaši blamiert hätten, als sie die Gewehre zurückgeben mussten,
Am Dienstag, den 14. Mai 1945, erschossen die ustaši noch unseren Nachbarn Zdovc. Wir waren eng befreundet mit der Familie, die hatte drei Söhne bei den Partisanen, am Samstag vorher war er bei uns gewesen und hatte sich so gefreut, dass der Krieg aus war. Er hatte gesagt: "Hauptsache, wir sind am Leben, zwar ist einer der Söhne am Kömmel gefallen, aber jetzt ist wenigstens die Zeit der Angst vorbei." Ich habe diesen Menschen noch lebhaft vor Augen, seine Freude darüber, dass diese Zeit der Angst vorbei war, dass der Krieg aus war und dass er überlebt hatte. Und am Dienstag kamen die ustaši in das Haus und nahmen ihn mit, führten ihn weit vom Haus weg, eineinhalb Kilometer den Hügel hinunter durch die Ebene, und erschossen ihn auf der Schattseite im Wald. Sie ließen so einen Salve los, dass er in der Mitte durchschossen war. Dann warfen sie ihn unter eine Fichte und deckten ihn mit Ästen zu. Seine Tochter kam zuerst zu uns, dann suchten wir den Vater, am nächsten Tag fanden wir ihn - tot.
Am 13. waren die ustaši gekommen, am 15. mussten sie kapitulieren, am Mittwoch zu Mittag. Ein englischer, ein ustaša- und ein Partisanenoffizier kamen zusammen. Oben im Bleiburger Schloss hielten sie ihre Konferenz ab. Als die Kapitulation bekannt gegeben wurde, gab es eine Schreierei, die Soldaten riefen: "Warum kapitulieren, für uns spricht das Gewehr, wir werfen die Gewehre nicht weg." Das schrien vor allem die niedrigeren Offiziere, die waren böse auf die Partisanen und die Engländer, sie wollten die Kapitulation nicht akzeptieren.
Jeder weiß, dass die ustaši noch jetzt auf das Loibacher Feld kommen. Auf dem Friedhof haben sie ein schönes Denkmal und sie kommen jedes Jahr zweimal hierher. Sie kommen mit Autos und bringen Kränze, auf denen steht, dass sie junge ustaši sind. Jetzt, wo die Alten schon meist tot sind, halten sie diese Tradition hoch. Den Grund, auf dem heute das Denkmal steht, haben die Loibacher Bauern den ustaši geschenkt. Meist waren das ja Nazis. Die Bauern, die keine waren, haben ihnen trotzdem ungefähr 100 Meter Weg gerichtet und ihn schön geschottert, so dass sie mit den Autos hinkommen können. Bei uns heißt es: "Man muss jedem sein Recht geben." Sie hätten auch Rechte, so redet man bei uns. Wir Slowenen sind sowieso das Erdulden gewöhnt.