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Franz Hubalek: Schlag für Österreich

Franz Hubalek, geb. 1917 in Wiener Neustadt. 1935 Eintritt in das Priesterseminar in Wien, Mitarbeit in diversen Jugendgruppen. Oktober 1939 Einrücken zur Deutschen Wehrmacht, 1940 Studienurlaub, 1941 Priesterweihe.

November 1945 Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft, Kaplan und Religionsprofessor, 1960 Rückversetzung in den Laienstand, 1960-1964 Deutsch- und Geschichtestudium, Eintritt in das Unterrichtsministerium (Bundesstaatliche Hauptstelle für Lichtbild und Bildungsfilm, ab 1971 Direktor dieser Stelle). Bis 1991 Universitätslehrer für audiovisuelle Medien.

Verstorben 2000.

 

 

Nationale Diskussionen, also nationalsozialistische, hat es im Grunde in der Klasse nicht gegeben. Es hat aber ein, zwei Mitschüler gegeben, die etwa in der Richtung deutschnational gesinnt waren, das schon. Ich selber habe aus der Klasse so fünf, sechs für die Pfadfinder, für "Neuland", für "Quickborn" gewonnen. Und wir haben dann eine eigene Gruppe gehabt, auch unsere Fahrten gemacht. [...]

 

Schüler, die sozialdemokratischer Richtung waren, hat es eigentlich kaum gegeben. [...] Auch diskussionsmäßig haben wir in dieser Weise wohl Glaubensdiskussionen, politische Diskussionen geführt, aber irgendwie fanatische Sozialdemokraten hat es nicht gegeben. Fanatische Deutschnationale, fanatisch ist übertrieben, sagen wir begeistert für den, auch nicht für den "Führer", sondern für das Deutsche Reich - also so "Deutschland über alles", so in diesem Sinne -, das hat es gegeben.

 

Österreich als Begriff ist im Grund eigentlich erst durch Dollfuß und durch Schuschnigg sehr stark geworden. Und in dieser Zeit hat es ja auch die Vaterländische Front gegeben. Ich bin damals auch zur Vaterländischen Front gegangen, habe heute noch den Ausweis, bzw. die Sturmscharen haben damals begonnen. Und wir mussten in der Schule so ein Abzeichen "Seid einig" tragen. Das ist aber nicht kontrolliert worden. Vielleicht waren die Lehrer da nicht sehr engagiert. Also von unserer Seite, auf der christlichsozialen Seite, wenn ich das so ausdrücken darf, nur wir haben damals nicht bewusst gesagt, wir sind Christlichsoziale, sondern wir sind etwa so eben dem religiös-katholischen Lager angehörig, war das durchaus sehr positiv. Aber vielleicht nicht überzeugend für die Gesamtheit der Klasse und schon gar nicht der Lehrer. Die Lehrer, glaube ich, haben sich da eher so ein bisschen zurückgehalten. [...]

 

Was dann den Dollfußmord und den Juliputsch anlangt, das ist also eine sehr interessante Sache. Da habe ich mich gerade nach einem Bundeslager des "Neulandes" auf einer Fahrt nach Tirol befunden [...] und da habe ich ein Tagebuch geführt - mein Fahrtenbuch. [...] Und da finde ich unter dem 25. Juli [1934] Folgendes: Wir waren gerade in Wörgl, und da kommt ein Hausbewohner. "Auf einmal kommt der Michl hereingestürzt" - ich zitiere, ich lese: "'Die Regierung ist gestürzt, Dollfuß ist zurückgetreten', bringt er in einem Atemzug heraus. Was ist? Einige Male muss er es wiederholen. 'Ja, wieso denn? Wer sagt denn das?' Ja, die Frau vom Revierinspektor hat es im Radio gehört. Im Radio? Ja, das ist das einzige im Dorf." Also im Dorf hat es nur einen Radioapparat gegeben. "'Das gibt es doch nicht', sagen wir. Wir wollen und können es nicht glauben. Gestürzt, zurückgetreten - ausgeschlossen! Wir erwägen alle Möglichkeiten: Dollfuß zurückgetreten? Das ist unmöglich! Ein Mensch von solcher Energie, einer solchen Willensstärke kann doch unmöglich sein Werk, das doch jetzt schon mitten im Werden ist, aufgeben und feige zurücktreten. Nein, das tut Dollfuß nicht. Das kann er nicht tun. Das wäre Verrat am Volk." Jedenfalls war das meine persönliche, damals niedergeschriebene Überzeugung. Und erst am nächsten Tag, am 26. Juli [...] ich zitiere wiederum: "Da tritt ein Mann in die Stube mit furchtbar ernstem Gesicht. Wir hören, was er zur Mutter [des Hauses] sagt. Die ersten Worte verstehen wir nicht gleich, aber dann: 'Dollfuß ist tot. Gestern ist er erschossen worden.' - 'Was!', wir sind starr. Ein kalter Schauder rinnt über meinen Körper. Ich schaue Kurt an" - das war mein Begleiter, Kurt Heil -, "er mich. Wir schütteln den Kopf. Das soll heißen, dass so etwas geschehen kann ... 'Jetzt ist alles hin', sagen wir. 'Der arme Mann, was kann denn der dafür', bringt das 'Muatterl' mit ihrer feinen Stimme fast weinerlich hervor."

 

Jedenfalls damals erst, am 26., ist uns das durch den einzigen Radioapparat in Wörgl zur Kenntnis gekommen. Und wir haben das emotionell unerhört deprimierend empfunden und schon auch als einen fürchterlichen Schlag für Österreich. Denn auch damals war uns klar, dass Dollfuß die einzige Rettung war vor dem Nationalsozialismus [...] Wir waren durchaus gut informiert. Und da war die große Hoffnung, Österreich selbständig, frei zu halten, auch frei zu halten von diesem antichristlichen Hitler, denn das war bei uns eindeutig, sodass wir entsetzt über diesen fürchterlichen Schlag gewesen sind.

 

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