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Baumberger, Franz

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

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Name russisch: Баумбергер Франц Францевич

Geboren: 08.09.1890, Haidershofen (OÖ)

Beruf: Zimmermann, Fräser

Letzter Wohnort in Österreich: Steyr (OÖ)

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 22.09.1935

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau, Morgentau (Wolgadeutsche Republik), Polovnikovka (Kustanajskaja obl.)

Verhaftet: 27.04.1936, Moskau; 07.06.1942, Polovnikovka

Anklage: konterrevolutionäre Tätigkeit und abfällige Bemerkungen über die Sowjetregierung

Urteil: 09.10.1936, Sonderberatung (OSO), 5 Jahre Lagerhaft; 31.12.1942, Gebietsgericht Kustanaj, 10 Jahre Lagerhaft

Rehabilitiert: 31.10.1988, Oberstes Gericht der RSFSR

Emigrationsmotiv: Schutzbund-Emigration

Schicksal: unbekannt

 

Franz Baumberger, geboren 1890 in Haidershofen (Bezirk Amstetten), stammte aus einer Arbeiterfamilie, sein Vater war Zimmermann. Baumberger arbeitete in Wien, Linz und Steyr, zuletzt als Betriebsrat der Steyr-Werke. Er war Vorstandsmitglied des Verbandes der Metallarbeiter, Ortsgruppe Steyr. 1919 wurde er Mitglied der SDAP, 1923 des Schutzbundes. Als Zugsführer im Schutzbund nahm er 1934 an den Februarkämpfen in Steyr teil. Der KPÖ trat er im April 1934 bei. Am 28. Juli 1934 flüchtete er zusammen mit Anton Rechberger in die ČSR, wo er im Lager Zbraslav bei Prag lebte. Im September 1935 emigrierte er nach Russland.

 

Wie alle im Hotel Balčug wohnenden Schutzbundemigranten war Baumberger den Kaderleitern Richard Uccusic (Urban) und Karl Wagner suspekt, zumal er mit dem Prager Philatelisten und Funktionär der Organisation Solidarität Dr. Gerhard Pollak, der als Trotzkist galt, korrespondierte und Briefmarken tauschte. Ein weiterer Grund für seine Festnahme durch den NKVD dürfte seine Ablehnung der sowjetischen Staatsbürgerschaft gewesen sein. Er und seine Lebensgefährtin Josefine Brunner (geb. Tanzenberger) hatten, der russischen Sprache nicht mächtig, so wie ca. zehn andere Österreicher unwissentlich sowjetische Passantragsformulare unterschrieben. Baumberger wurde am 27. April 1936 verhaftet; Josefine Brunner konnte ihn einmal in der Untersuchungshaft besuchen. Sie und ihre Tochter, die ebenfalls Josefine hieß, fanden im April 1937 Zuflucht beim österreichischen Gesandten in Moskau, Josefine Brunner sen. konnte in der Küche der Gesandtschaft mitarbeiten. Mutter und Tochter kehrten Ende November 1937 mit österreichischen Pässen nach Steyr zurück. Baumberger kam über das Gefängnis in Syzran an der Wolga in das Lager Karaganda in Kasachstan, von wo er am 14. Jänner 1937 einen Brief an den KPÖ-Vorsitzenden Koplenig schrieb und ihn bat, sich nach dem Schicksal seiner Familie zu erkundigen.

 

Am 9. Oktober 1936 wurde Baumberger zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt; am 5. Februar 1937 wurde er in den Uchtpečlag in der Komi ASSR deportiert. Er kam am 18. März 1937 in Vorkuta an und wurde dann in den Lagerpunkt Adak, nördlich von Inta, verlegt, wo ihn die deutsche Kommunistin Susanne Leonhard (1895-1984, verhaftet 1936) gesundpflegte. Baumberger verabschiedete sich von ihr im Dezember 1940, als er kurz vor Ende seiner Strafe in ein anderes Lager verlegt wurde. Nach Verbüßung seiner Strafe wurde er am 27. April 1941 entlassen. Er ließ sich in Morgentau im Kanton Gnadenflur (Deutsche Wolgarepublik; heute Федоровский район) nieder, wo er als Nachtwächter in der Kolchose Передовик arbeitete. Nach dem Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets vom 28. August 1941 über die Deportation der Wolgadeutschen wurde er mit dem Transport Nr. 803 am 4. September 1941 nach Polovnikovka, südlich von Zatobol'sk (Kustanajskaja obl., Kasachstan), deportiert. Dort wurde er am 6. Juli 1942 wieder verhaftet und am 31. Dezember 1942 wegen antisowjetischer und defätistischer Agitation, Verleumdung der UdSSR, Rühmens der Ordnung und Technik des faschistischen Deutschlands etc. zu weiteren zehn Jahren Lagerhaft und fünf Jahren Entzug der Bürgerrechte verurteilt. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt.

 

 

Quelle: RGASPI, ÖStA, DÖW, Familie; Parteiarchiv der KPÖ

 

Siehe auch den Beitrag von Margit Huemer, Franz Baumberger, in: Barry McLoughlin/Josef Vogl, ... Ein Paragraf wird sich finden. Gedenkbuch der österreichischen Stalin-Opfer (bis 1945), Wien 2013, S. 137-138.

 

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Karaganda, 14. 5. 1937
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