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Name russisch: Эйгрубер Фердинанд Францевич
Geboren: 18.08.1908, Steyr (OÖ)
Beruf: Dreher, Holzfacharbeiter
Letzter Wohnort in Österreich: Steyr (OÖ)
Ankunft in Russland/Sowjetunion: 03.06.1934
Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau
Verhaftet: 11.03.1938, Moskau
Anklage: antisowjetische Agitation, konterrevolutionäre Tätigkeit
Urteil: 23.12.1940, Sonderberatung (OSO), 5 Jahre Lagerhaft; 01.02.1941, Sonderberatung (OSO), Ausweisung
Gestorben: 22.02.1992, Steyr
Rehabilitiert: 16.01.1989, Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR
Emigrationsmotiv: Schutzbund-Emigration
Schicksal: an Nazi-Deutschland ausgeliefert
Ferdinand Johann Eygruber (Eigruber) wurde 1908 als viertes von zehn Kindern in Steyr geboren. Seine Eltern waren Fabriksarbeiter. Seine Lehrzeit absolvierte er in einem Sägewerk. Eygruber war Mitglied der SDAP seit 1931 und Standesführer des 1. Schutzbundbataillons in Steyr. Bei den Kämpfen im Februar 1934 in Steyr gab er angeblich den ersten Schuss ab, und zwar auf einen Kriminalbeamten, der ihn verhaften wollte. Der Kriminalbeamte überlebte schwer verletzt. Eygruber war Abschnittskommandant bei den Kämpfen, er flüchtete nach dem Zusammenbrechen des Aufstands mit Michael Sieberer nach Prag. Noch im Lager Zbraslav trat er der KPÖ bei. Mit dem zweiten Schutzbundtransport gelangte er im Juni 1934 nach Russland. Gegen Jahresende 1935 wurde ihm die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen.
In Moskau begann Eygruber als Dreherlehrling im Kaganovič-Kugellagerwerk zu arbeiten. Er wurde für gute Arbeitsleistungen mit einer Uhr prämiiert, musste sich aber wegen eines Herzleidens in die Kontrollabteilung versetzen lassen. Im Zuge der Kaderüberprüfungen 1937 holte die Kaderabteilung der Komintern Informationen über ihn ein. Seine Landsleute gaben großteils negative Stellungnahmen über ihn ab, er wurde als fleißig beschrieben, habe jedoch einen schwierigen Charakter. Eygruber vertrug sich mit dem Kaderleiter Richard Uccusic (Urban) schlecht und weigerte sich, die Parteimitgliedsbeiträge zu zahlen, "solange solche Leute da drin sitzen". Uccusic schlug Eygruber 1937 zur Ausweisung aus der UdSSR vor. Eygruber äußerte sich auch über den allenthalben herrschenden Bürokratismus negativ und hatte als Kontrolleur Probleme mit der Arbeitsleistung seiner russischen Arbeitskollegen. Das führte u.a. zu einem Zusammenstoß mit einem Werkmeister, der ihn als Faschisten bezeichnet hatte: Eygruber warf ihm eine Metallkiste nach. Hier werden Konfliktsituationen zwischen dem in einer alten Arbeitskultur erzogenen Österreicher und ihren ungelernten, großteils vom Lande stammenden russischen Kollegen sichtbar. Verbittert hatte Eygruber zudem, dass seine Meldung zu den Internationalen Brigaden abgelehnt worden war, was jedoch wegen seines Herzleidens verständlich war. Im Auftrag seines Landsmannes Alois Ketzlik war Eygruber fallweise als Arbeiterkorrespondent für die Deutsche Zentral-Zeitung tätig.
Als Eygruber am 11. März 1938 verhaftet wurde, arbeitete er noch in der Kontrollabteilung des Kaganovič-Kugellagerwerkes. Sein Fall wurde mit jenen gegen Karl Hübsch und Anton Rechberger, beide gleichfalls im Kugellagerwerk beschäftigt, zusammen abgehandelt. Anfangs unterzeichnete Eygruber unter Druck ein Verhörprotokoll, das er nicht verstanden hatte (die Beiziehung eines Dolmetschers wurde ihm verweigert), später widerrief er das "Geständnis". Zahlreiche Eingaben an diverse Instanzen wurden nicht beantwortet. Am 23. Dezember 1940 wurde er schließlich wegen antisowjetischer Agitation zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt. Am 1. Februar 1941 wurde das Urteil aufgehoben und durch Landesverweisung ersetzt.
Ferdinand Eygruber starb 1992 in Steyr.
Quelle: RGASPI, GARF, Parteiarchiv der KPÖ
Siehe auch Barry McLoughlin, Gruppenschicksale, in: Barry McLoughlin/Josef Vogl, ... Ein Paragraf wird sich finden. Gedenkbuch der österreichischen Stalin-Opfer, Wien 2013, S. 57-61.