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Name russisch: Клюг Каэтан Каэтанович (Костан Костанович)
Geboren: 03.08.1895, Piberstein (Bezirk Voitsberg, Steiermark)
Beruf: Gendarm, Schulwart
Letzter Wohnort in Österreich: Linz
Ankunft in Russland/Sowjetunion: 21.09.1935
Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau
Verhaftet: 26.04.1936, Moskau
Anklage: konterrevolutionäre trotzkistische Tätigkeit
Urteil: 09.10.1936, Sonderberatung (OSO), 5 Jahre Lagerhaft
Gestorben: 01.02.1977
Rehabilitiert: 31.10.1988, Oberstes Gericht der RSFSR
Emigrationsmotiv: Schutzbund-Emigration
Schicksal: überlebte
Kajetan Klug jun. wurde 1895 im Bergbauort Piberstein bei Maria Lankowitz, Bezirk Voitsberg, in der Steiermark geboren. Sein Vater war Werkmeister im Bergwerk und Mitglied der SDAP. 1908 begann Klug eine Schlosserlehre und arbeitete bis zum Kriegsausbruch im Bergwerk seines Heimatortes. Nach seiner Verwundung an der Karpatenfront in Jänner 1915 wurde Klug Instruktionswaffenmeister der Armeeschießschule in Bruck an der Leitha. Später diente er bei einer Eisenbahneinheit im rumänischen Kronstadt (Brașov). Über den Soldatenrat kam er Ende 1918 zur Bundesgendarmerie. Als Gendarm in Bad Aussee lernte er Maria Schmidt (s. Maria Klug) kennen, die er 1920 heiratete. Später diente er in St. Peter am Kammerberg im Bezirk Murau und schließlich in Judenburg. 1927 wurde er wegen eines Diebstahls aus dem Bundesdienst entlassen, saß einige Monate im Gefängnis und übersiedelte dann nach Linz, wo die Familie seiner Frau lebte. Nach mehreren Monaten Arbeitslosigkeit erhielt Klug einen Arbeitsplatz als Elektriker in der Linzer Fabrik Elektrolux. 1929 wechselte er als Maschinenarbeiter zum Magistrat der Stadt Linz.
Klug war Mitglied der SDAP seit 1917 und des Schutzbundes seit 1927. Als Teilnehmer der Kämpfe in Linz im Februar 1934 wurde er verhaftet, nach zwölf Tagen im Gefängnis wurde er freigelassen. Anklage wurde nicht erhoben. Von seiner Dienststelle als Schulwart in Linz wurde Klug entlassen. In der Folge war er arbeitslos und für den illegalen kommunistischen Jugendverband tätig. Als die Mehrheit der Mitglieder des Jugendverbandes im Herbst 1934 verhaftet wurde, flüchtete Klug im September 1934 in die ČSR, seine Familie folgte ihm wenig später. Nach politischen und privaten Auseinandersetzungen im Lager Zbraslav und langem Warten auf russische Einreisevisa kam die Familie am 21. September 1935 in Moskau an.
Wegen zweifelhafter Angaben in seiner Biographie betreffend Mitgliedschaft in der KPÖ, Entlassung aus der Gendarmerie, Kontakten zu Richard Bernaschek und anderer Vorwürfe, die bis zu Anschuldigungen, er sei ein Spitzel der österreichischen Polizei, reichten, bekam Klug Probleme mit dem Schutzbundkollektiv und der MOPR (Internationale Rote Hilfe). Im Jänner 1936 stellte Klug einen Antrag bei der KPÖ, eine Kommission zur Wiederherstellung seines guten Namens einzurichten. In den folgenden Sitzungen gelang es ihm nicht, alle Vorwürfe zu entkräften. Am 4. April wurde er aus der KPÖ ausgeschlossen, am 27. April 1936 verhaftet. Er verbrachte die nächsten fünf Monate in Einzelhaft in der Lubjanka, im Oktober 1936 wurde er in die Butyrka verlegt. Nach eigenen Angaben weigerte er sich in zahllosen Verhören, ein Geständnis abzulegen und die sowjetische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Das Urteil vom 9. Oktober 1936 lautete auf fünf Jahre Lagerhaft wegen konterrevolutionärerer trotzkistischer Tätigkeit. Er kam zuerst in ein Lager in Kasachstan und wurde dann nach Vorkuta verlegt, wo er in einem Bergwerk arbeiten musste, später in der Verwaltung.
Ende April 1941 wurde Klug entlassen und nach Balakleja im Gebiet Char'kov verbannt. Mit Glück schlug er sich nach Moskau durch, wo er sich vier Tage vor dem deutschen Angriff in die deutsche Botschaft rettete. Er wurde dann zusammen mit den deutschen Botschaftsangehörigen evakuiert. Am 23. Juli 1941 kam er in Wien an. Lange stellte er sich den Nationalsozialisten propagandistisch zur Verfügung: im August 1941 erschienen seine mit antisemitischen Ausfällen gespickten Erlebnisse in der Sowjetunion in Fortsetzungen im Völkischen Beobachter (redigiert von Karl Neuscheler) und als eigenständige Broschüre in riesiger Auflage im Zentralverlag der NSDAP. Noch im Jänner 1944 referierte er in Krems an der Donau über seine Erlebnisse im Gulag.
Nach dem Krieg lebte er in der Steiermark und trat wieder der SPÖ bei. Ab 1956 stand er in Briefkontakt mit seinem Sohn Wilhelm Klug (verhaftet 1938 in Moskau), er trug ihm auf, nach seinem zweiten Sohn Arnold zu forschen. Kajetan Klug starb 1977.
Quelle: DÖW, RGASPI, ÖStA, lists.memo.ru, Parteiarchiv der KPÖ
Siehe auch Barry McLoughlin, Familienschicksale, in: Barry McLoughlin/Josef Vogl, ... Ein Paragraf wird sich finden. Gedenkbuch der österreichischen Stalin-Opfer (bis 1945), Wien 2013. S. 70-81;
Kajetan Klug, Zwangsarbeiter Kajetan Klug erzählt, in: Völkischer Beobachter. Wiener Ausgabe, 15.08.1941, 54. Jg., Nr. 227, S. 1-2. Weitere Folgen: 16.08., 17.08., 19.08., 21.08., 23.08., 27.08.