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Name russisch: Кормоут Йозеф Йозефович
Geboren: 04.10.1912, Wien
Beruf: Uhrmacher, Juwelier
Letzter Wohnort in Österreich: Wien
Ankunft in Russland/Sowjetunion: 25.04.1934
Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau
Verhaftet: 22.03.1938, Moskau; 21.08.1940, Moskau
Anklage: Spionage
Urteil: 27.12.1939, freigesprochen; 05.10.1940, Sonderberatung (OSO), 8 Jahre Lagerhaft; 11.01.1941, Sonderberatung (OSO), Ausweisung
Gestorben: 27.12.1995, Wien
Rehabilitiert: 28.11.1989, Militärstaatsanwaltschaft des Moskauer Wehrkreises
Emigrationsmotiv: Schutzbund-Emigration
Schicksal: an Nazi-Deutschland ausgeliefert
Josef Kormout, geboren 1912 in Wien, war Uhrmacher von Beruf. Ab 1928 war er Mitglied der SDAP. Obwohl (wahrscheinlich) nicht Schutzbundmitglied, nahm er im Februar 1934 an den Kämpfen in Wien-Simmering teil. In der Folge flüchtete er - zusammen mit Franz Tomanek und seinem Bruder Otto Kormout - in die ČSR. Mit dem ersten Schutzbundtransport im April 1934 gelangte er nach Russland. Dort trat er noch 1934 der KPÖ bei. Am 26. November 1936 wurde er vom österreichischen Staat ausgebürgert. Kormout arbeitete in der 1. Uhrenfabrik in Moskau, wo er als guter Arbeiter galt, und wohnte im Hotel Sovetskaja (ул. Разина, д. 7). Innerhalb des Schutzbundkollektivs galt er als guter Kommunist, der allerdings oft Kritik äußerte, beispielsweise in einem Gespräch mit Alois Ketzlik im September 1936 (kurz nach dem ersten Schauprozess), als er und Johann Stromer kein Verständnis für die Degradierung von Bucharin, der die neue sowjetische Verfassung ausgearbeitet hatte, zeigten. Auf den Einwand Ketzliks, die Verfassung sei von Stalin ausgearbeitet worden, antworteten die Schutzbündler: "Es gibt nicht so einen Menschen, welcher allein so etwas ausarbeiten könnte". In einem weiteren Gespräch mit Ketzlik brachte Kormout vor, dass Zinov'ev und Kamenev während des ersten Schauprozesses mit politischen Reden hätten auftreten müssen, "um ihre politischen Ansichten zu begründen".
Josef Kormout wurde am 22. März 1938 verhaftet und der Spionage für Deutschland und der antisowjetischen Agitation beschuldigt. Seine Betriebszelle "dankte" ihm am 16. Mai 1938 mit einer denkbar schlechten Charakteristik, nannte ihn ein offen antisowjetisches Element. Am 27. Dezember 1939 wurde schließlich das Urteil gesprochen, Kormout wurde unter der Auflage freigelassen, dass er über seine Hafterlebnisse nicht sprechen dürfe. Seine Frau Lidija (Лидия Яковлевна Лидзевич), die er in Moskau kennengelernt hatte, ließ sich noch im Dezember 1939 von ihm scheiden. Nach seiner Entlassung befürwortete Fürnberg, dass die МОПР (Internationale Rote Hilfe) Kormout und Josef Leutner Kleidung, Arbeit und eine Unterkunft zuweisen sollte. Mitbewohnern des "Schutzbundhauses" erzählte Kormout jedoch von seinen Hafterlebnissen, was an den NKVD weitergegeben wurde. Kormout arbeitete in einer Fabrik von Ювелирторг als Juwelier, als er am 21. August 1940 erneut verhaftet wurde. Am 5. Oktober 1940 wurde er wegen antisowjetischer Agitation zu acht Jahren Lagerhaft verurteilt. Als Kormout in den Hungerstreik trat, wurde am 11. Jänner 1941 das Urteil revidiert und durch Landesverweisung ersetzt. Er wurde in der Folge im Jänner 1941 bei Brest-Litovsk der Gestapo übergeben.
Anfang der 1990er-Jahre übersiedelte seine russische Familie (sein Sohn Stanislav Nikolaevič Sadčikov, dessen Frau und Kormouts Enkel) nach Wien. Josef Kormout starb am 27. Dezember 1995 in Wien.
Sein Bruder Otto Kormout (geb. 25.06.1914), seinerzeit Obmann des KJVÖ in Wien-Simmering, emigrierte als Februarkämpfer mit ihm zusammen in die UdSSR, lebte dort aber in Gor'kij, wo er als Zeichner Arbeit im Autowerk fand. Otto Kormout kehrte Anfang April 1937 freiwillig nach Österreich zurück. Er wurde unmittelbar nach Kriegsende von sowjetischen Truppen in Wien verhaftet und in die UdSSR verschleppt, wo er vermutlich zugrunde gegangen ist. Der dritte Bruder Erwin Kormout wurde nach der Niederschlagung des Aufstands 1934 von der österreichischen Polizei verhaftet.
Quelle: Interview, GARF, DÖW, RGASPI