Wir sind hier 40.000 Juden,
Es warn viel mehr an diesem Ort
Und die wir nicht nach Polen verluden
Die trugen wir in Särgen fort.
Und in den Höfen der Kasernen,
da stehn wir abends sehnsuchtsbang
Und blicken zu den ew’gen Sternen
Hinauf und fühlen erst den Zwang.
Die Freiheit wohnt im Sternenraume
Und nicht in dem Kasernenloch
Und nachts da flüstern wir im Traume:
„Wie lange noch, wie lange noch?“
Oh, merk Dir’s Bruder, Kamerad,
Das Liedchen von Theresienstadt.
Wir kämpfen um das nackte Leben
Und jeder Tag bringt neue Not.
Den Stolz, den darf es hier nicht geben,
Man bettelt um ein Stückchen Brot.
Früh’ hätt man das nicht machen dürfen,
Die Suppe holen im Blechgeschirr
Und ohne Löffel gierig schlürfen.
Hier heißt es: friss oder krepier.
Und demaskiert zeigt sich das Elend
Im Antlitz jeder Kreatur,
Verfehlend, quälend, manchmal stehlend,
Denn hier regiert die Ich-Natur.
Oh, merk Dir’s Bruder, Kamerad,
Das Liedchen von Theresienstadt.
Und wo wir wohnen, ist’s nicht helle
Nur Hoffnung leuchtet uns voran.
Hier hatten Pferde ihre Ställe
Dort schlafen heute 60 Mann.
Die Wangen eingefallen und mager
Von Sehnsucht wird man hier nicht fett,
so liegt man nachts auf seinem Lager
Und träumt vom Bett im Kavalett.
Den Schmerz, den tapfer man verbissen,
Bei Tag, wenn grell die Sonne scheint,
Der hat uns oft das Herz zerrissen,
In Nächten, wenn man einsam weint.
Oh, merk Dir’s Bruder, Kamerad,
Das Liedchen von Theresienstadt.
Du Stadt der Kinder und der Greise,
Die einen unser Hoffnungskeim,
Die anderen, sie entschlafen leise
und kehren zu den Vätern heim.