Die kommunistischen Widerstandskämpfer Hermann Plackholm und Johann (Hans) Zak wurden am 31. Oktober 1944 auf der Militärschießstätte Wien-Kagran erschossen. Beide hatten am Aufbau einer Widerstandsorganisation innerhalb der Wiener Berufsfeuerwehr mitgewirkt.
Aus Abschreckungsgründen fand die Hinrichtung in einem quasi-öffentlichen Rahmen statt: Per Sonderbefehl wurden alle Feuerwehrleute (ausgenommen waren nur die zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes unbedingt Benötigten) gezwungen, sich als Zuschauer auf der Schießstätte einzufinden.
Erkennungsdienstliche Aufnahme der Gestapo Wien von Hermann Plackholm, Februar 1943
Foto: DÖW
Hermann Plackholm wurde am 2. Oktober 1904 in Wien geboren und wuchs in einem sozialistisch geprägten Umfeld auf; ab 1933 gehörte er der KPÖ an. 1927 trat der gelernte Taschner in die Feuerwehr der Stadt Wien ein und arbeitete dort als Telegrafist. 1942 war Plackholm im Rang eines Hauptwachtmeisters auf der Feuerwache Speising tätig. "Sein Gesamtverhalten lässt darauf schließen, daß er von seiner früheren marxistischen Weltanschauung bisher noch nicht losgekommen ist", vermerkte das Gaupersonalamt der NSDAP, Gauleitung Wien am 18. Dezember 1942 anlässlich einer politischen Überprüfung Plackholms. Wenige Wochen später informierte die Gestapo Wien am 3. Februar 1943 das Kommando der Feuerschutzpolizei über die am 4. Februar geplante Verhaftung des Ehepaars Plackholm. Ein Aktenvermerk des Kommandeurs der Feuerschutzpolizei Paul Bernaschek informiert über eine zusätzliche telefonische Kontaktaufnahme seitens der Gestapo:
"AV. v. 3. 2. 43. Krim. Koär. Reichel hat um 18 h 10 angerufen und von mir die Auskunft erhalten, daß Pl[ackholm] heute frei ist und morgen das Haus zeitlich zum Dienstantritte verlassen wird (ca. 6 h). B[ernaschek]"
Hermann und Maria Plackholm - Letztere blieb bis zur Befreiung 1945 in Haft - wurden am 4. Februar 1943 festgenommen. Laut Tagesbericht der Gestapo Wien (Nr. 3 vom 5.-8. 2. 1943) hatte Plackholm seit 1941 Verbindung zu leitenden Funktionären der KPÖ, gehörte zuletzt der Wiener Stadtleitung als "Sektorenleiter" an und war an der Herstellung kommunistischer Streuzettel beteiligt. In den folgenden Monaten wurden über 50 Feuerwehrleute verhaftet (siehe dazu Bildergalerie), die letzten Festnahmen erfolgten im Jänner 1944. Ihnen allen wurde die Sammlung oder Zahlung von Unterstützungsbeiträgen für Angehörige politischer Häftlinge (Rote Hilfe), einigen auch die Weitergabe kommunistischer Flugschriften vorgeworfen. Die meisten wurden in der Folge dem Obersten SS- und Polizeigericht in München, das für SS- und Polizeiformationen und damit auch für Feuerwehren (ab Herbst 1939 als Feuerschutzpolizei Teil der Ordnungspolizei) zuständig war, angezeigt. Nach einer fast zweiwöchigen Verhandlung in Wien (vom 13. bis 25. März 1944) gegen insgesamt 47 Feuerwehrleute verurteilte das Oberste SS- und Polizeigericht Hermann Plackholm, Johann Zak, Franz Pascher, Oskar Schlaf und Johann Perthold wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" und "Landesverrats" zum Tode. Die übrigen Angeklagten - mit Ausnahme von Josef Schwaiger, der noch vor Prozessende Selbstmord beging - erhielten lebenslängliche oder mehrjährige Zuchthausstrafen.
Nach dem Urteil wurden die Feuerwehrmänner in das KZ Mauthausen eingewiesen. Von dort wurde Plackholm am 27. Oktober 1944 gemeinsam mit den anderen zum Tode Verurteilten nach Wien überstellt; hier erfuhren Perthold, Schlaf und Pascher am 30. Oktober von ihrer Begnadigung zu einer lebenslänglichen Zuchthausstrafe.
"Nachdem wir schon einige Tage ein jeder in einer anderen Zelle des Pol. Gefgh. [Polizeigefangenhauses Roßauer Lände] saßen, wurden wir jeder der 3 Mann [Pascher, Perthold und Schlaf] einzeln verständigt, daß wir in eine Zelle zusammen kommen, die anderen 2 Gen. [Genossen] verblieben in ihrer Zelle. Nach dem Nachtessen erschien ein Gerichtsoffizier der WBF [Wiener Berufsfeuerwehr] mit einer Kommission in der Zelle und verlas das endgültige Urteil. Wir 3 wurden von der Todesstrafe zu lebenslang begnadigt u. mußten bei der Erschießung der beiden anderen Gen. als abschreckendes Bsp. [Beispiel] anwesend sein.
Am frühen Morgen wurden wir wieder gefesselt und unter brutaler Behandlung mittels Schubwagen zur Richtstätte am Schießplatz Kagran geführt. Bevor wir noch ankamen, verabschiedeten wir sich von den zwei zum Tode verurteilten Genossen. Verließen den Schubwagen und gingen ohne uns zu führen jeder zu seinem Pfahl, wo wir im gefesselten Zustande von Brust bis zu den Füßen mit Stricken angebunden wurden.
Vor uns standen 600 Mann der WBF, die als abschreckendes Bsp. hinkommandiert wurden. Nach nochmaligem Verlesen des Urteils wurden den beiden Gen. [Plackholm und Zak] in der Herzgegend mit Kreide Kreise gezogen, die Binden vor die Augen gegeben, die sie zwar verweigerten, ein kurzer Befehl und wir hatten zwei brave herrliche Gen. verloren, die aber in unserem Geist immer fortleben werden."
(Bericht von Johann Perthold, o. D.)
Noch am 30. Oktober hatte Plackholm mehrere Abschiedsbriefe - an seine Frau Maria, seine Mutter, seine Schwiegermutter und seine Schwägerin (mit einem Zusatz für seine kleine Nichte Eva) - geschrieben, die die Sorge um seine Angehörigen deutlich machen.
"Mein Liebstes, meine gute Maria!
Maria, das Schicksal wollte nicht, daß wir uns wieder sehen. Ich hatte so sehr daran geglaubt, daß alles wieder gut werden möchte. [...]
Habe Dank für alles Liebe und Gute, das Du, mein Goldchen, mir in selbstloser Weise gegeben. [...] Bleibe nicht allein, verschließe Dich nicht dem Leben, nütze es in allem Guten und Edlen, bleibe nicht allein, bitte, bitte, bleibe nicht allein, mein Liebstes.
Es wird Dir gewiss der rechte Lebenskamerad für Dein gutes Herz zukommen.
Verzeihe mir in dieser Stunde, daß ich dich so unglücklich mache. Ich konnte es nicht abwenden."
"Liebes Evilein!
Alles Glück, das dem Leben geboten werden kann, soll mit Dir sein. So aufrichtig wünsche ich es Dir, mein Sonnenscheinchen.
Dein Onkel Hermann"
Nach der Hinrichtung von Plackholm und Zak wurden Perthold, Schlaf und Pascher zurück nach Mauthausen gebracht. Dort blieben sie ebenso wie die übrigen mit ihnen verurteilten Feuerwehrmänner bis zur Befreiung im Mai 1945. Am 8. April 1945, als angesichts der absehbaren Niederlage Hitlerdeutschlands die Absetzbewegung der SS-Wachmannschaften einsetzte, wurden die Feuerwehrleute zu einer Sondereinheit der SS eingezogen, sie sollten den Dienst der Wachmannschaften übernehmen und wurden u. a. zum Ausbau von Bunkern verwendet (Hans Maršálek, Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen, 3. erw. Aufl., Wien-Linz 1995, S. 322, 331 f.). Am 22. Mai 1945 kehrten sie nach Wien zurück.