Dass die reflexartige Abwehr der Kritik an antisemitischen Positionen in der Regel selbst antisemitisch ist, beweist einmal mehr Andreas Mölzers Zur Zeit (16/2009, S. 8). Dort setzt sich der passionierte Jäger und dilettierende Hobbyhistoriker Heinz Thomann, der seit Jahren vergeblich die "Geschichtslüge von der Alleinschuld Deutschlands" als solche zu entlarven versucht, mit der Kritik des Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Dr. Ariel Muzicant, auseinander. Dieser habe eine "einseitige[s] Weltbild" und versuche sich in die "österreichische Innenpolitik" einzumischen.
Der "Tel-Aviv-Einwanderer" Muzicant versuche, "unser Land ins rechte Eck zu rücken und als Nazihochburg zu diffamieren", wenn er auf den steigenden Antisemitismus und die rechtsextremen Hintergründe zahlreicher Freiheitlicher hinweist. Wie stets in diesem Milieu macht auch Thomann die Jüdinnen und Juden für den fanatischen Hass gegen sie verantwortlich: Seine Ursachen seien "in jenen Verbrechen" zu finden, "deren sich der Zionistenstaat Israel im letzten grausamen Geschehen an der Zivilbevölkerung des Gazastreifens schuldig gemacht hat". Der Antisemitismus habe also seine Berechtigung, hätte doch Israel versucht, "die Reste dieses hoffnungslos unterdrückten und unterlegenen palästinensischen Volkes im alttestamentarischen Sinn in diesem Freiluftkonzentrationslager Gazastreifen endgültig zu vernichten". Thomann sieht in seiner Rage gar einen "Vernichtungswahn im talmudschen Geist" am Werk. Und dazu schweige "der Zionist Muzicant".
Schließlich liefert Thomann noch weitere eindrucksvolle Belege für sein Ressentiment, etwa wenn er mit 33 Prozent der ÖsterreicherInnen glaubt, dass "weltweit zu viel wirtschaftliche Macht in den Händen von Juden liegt". Auch jene "beinahe 50 Prozent der Menschen", welche "Angehörige des jüdischen Volkes" zu den Auslösern der "Wirtschaftskrise" erklären, finden Thomanns Zustimmung. Und so heißt es unter der presserechtlichen Verantwortung von FPÖ-MEP Mölzer: Die "Spekulanten und Betrüger vom Großformat eines Alan Greenspan, George Soros oder Bernard Madoff waren allesamt Angehörige des jüdischen Volkes; sicher auch noch ein Grund für das weltweite Ansteigen des Antisemitismus".