Die nach jahrelanger Kritik endlich erfolgte Kündigung des Balles des Wiener Korporationsringes (WKR) seitens der Hofburg-Betreibergesellschaft hat zu einem wahren Sturm der Entrüstung im national-freiheitlichen Milieu geführt. Den Anfang machte einmal mehr der dritte Nationalratspräsident Martin Graf, der meinte, dass die für die Kündigung Verantwortlichen "zur feigen Bourgeoisie" gehörten und dem "extremistischen Druck von links" nachgegeben hätten. (Format, 9. 12. 2011) Dennoch kündigte Graf an, seinen "Einfluss geltend" zu machen, damit der Ball auch nach 2012 doch wieder in der Hofburg stattfinden könne. (Kurier, 6. 12. 2011)
In Zur Zeit (51-52/2011, S. 5) echauffierte sich Martin Pfeiffer über den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), den "Maulheld[en] Ariel Muzicant", der sich zum Sprecher der "Anti-WKR-Ball-Protestierer" aufgeschwungen habe. Mit der Kritik des Präsidenten am Burschenschafterball in der Hofburg sei nun "die Grenze des Erträglichen erreicht". Die Tatsache, dass die Burschenschafter aus der Hofburg "eiskalt delogiert" worden seien, verleitet Pfeiffer zu einem skandalösen Vergleich: "Seltsam, prangert er [Muzicant] doch stets an, dass seine Glaubensbrüder vor 70 Jahren ohne Rechtsgrund aus ihren Häusern geschmissen worden seien!"
Während Heinz-Christian Strache beim heurigen korporierten "Totengedenken" am 8. Mai, dem Tag der "totalen Niederlage" (Burschenschaft Olympia), durch Abwesenheit glänzte, stellt er sich nun demonstrativ vor den WKR. In einem offenen Brief an seine freiheitlichen "Freunde" gibt sich der FPÖ-Vorsitzende "fassungslos und entsetzt, wie parteiisch, undemokratisch und diskriminierend die Gesellschafter der Hofburg GmbH" vorgegangen seien. Mit der Entscheidung, den WKR-Ball nicht länger in diesem imperialen Rahmen zuzulassen, hätte man "dem gewaltbereiten linksextremen Mob der Straße nachgegeben" und solcherart einer "Gutmenschen-Apartheidspolitik das Wort geredet". Daher ruft Strache dazu auf, am 27. Jänner 2012, dem Jahrestag der Befreiung des KZ- und Vernichtungslagers Auschwitz, "ein Zeichen" zu setzen und mit dem Besuch des letzten WKR-Balles in der Hofburg zu "zeigen, dass wir uns linkem Meinungsterror nicht beugen". (Neue Freie Zeitung 51/2011, S. 9)