Im Zuge der Proteste gegen die Pandemieeindämmungspolitik der Bundesregierung war in den letzten Monaten eine zunehmende Verschmelzung verschiedener Sektoren der österreichischen extremen Rechten zu beobachten, die sich nicht nur inhaltlich, sondern auch in gemeinsamen Auftritten und Mobilisierungen niederschlug.
Eingeleitet wurde dieser Prozess durch die Neuaufstellung der Partei unter Herbert Kickl. Seit Jänner des laufenden Jahres (und verstärkt seit Kickls Antritt als Obmann im Juni) entdeckt sie das Instrument des Straßenprotests für sich. Generalsekretär Michael Schnedlitz verkündete jüngst, dass die "Zeit für außerparlamentarische Aktivitäten" gekommen sei (siehe: www.derstandard.at/story/2000131594763/corona-demos-rechtsextreme-wittern-jahrhundertchance). Nachdem die Partei mit großem Einsatz für die Wiener Großdemonstration vom 20. November mobilisiert hatte, rührt sie aktuell die Werbetrommel für deren Folgetermine. Auf ihrer Website ist seit Kurzem ein "Demokalender" abrufbar, der vorübergehend sogar eine Kundgebung der Gruppe Corona-Querfront um den Neonazi Gottfried Küssel bewarb.
Während dieser Hinweis klammheimlich wieder entfernt wurde, ist eine zunehmende Verschränkung vor allem zwischen der Parteiteilorganisation Freiheitliche Jugend und dem "identitären" oder "neu-rechten" Segment des nicht-parteiförmigen Rechtsextremismus zu konstatieren. Nachdem "identitäre" Aktivisten am 19. Juni eine Störaktion gegen die Wiener Regenbogenparade veranstaltet hatten (siehe: Religiöse Extremisten demonstrieren im Zentrum Wiens), im Zuge derer sie den "Pridemonth" für "abgesagt" erklärten und sich "keine Regenbogenfahnen, sondern Landesfahnen" wünschten, rief die Freiheitliche Jugend Wien auf Facebook einen "Patrioten-Monat statt Pridemonth" aus, illustriert mit einer durchgestrichenen Regenbogenfahne. Im September und Oktober mobilisierten die freiheitlichen Jugendorganisationen Wiens und des Burgenlands zusammen mit "identitären" Aktivisten und einem diesen nahestehenden Medium zu privaten Grenzpatrouillen im Burgenland. Am 14. November wiederum organisierten die burgenländischen Jungfreiheitlichen eine Kundgebung gegen vermeintlichen "Asylwahn" in Deutschkreutz. Unter den Anwesenden befanden sich neben dem Wiener FPÖ-Landtagsabgeordneten Leo Kohlbauer und dem von den "Identitären" in den Landesvorstand der Freiheitlichen Jugend Salzburg gewechselten Roman Möseneder zahlreiche "identitäre" AktivistInnen sowie Akteure der eingangs erwähnten Corona-Querfront (für eine Fotodokumentation siehe presse-service.net/2021/11/14/deutschkreutz-rassistische-kundgebung-der-freiheitlichen-jugend-burgenland-14-11-2021/).
Am 20. November schließlich wurde die Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Wien von einem Block außerparlamentarischer Rechtsextremer angeführt, der per Fronttransparent die Forderung "Kontrolliert die Grenze – nicht euer Volk" formulierte. Dieselbe Rahmung des Protests hatte am Tag zuvor Maximilian Krauss, Bundesobmann der Freiheitlichen Jugend, auf Facebook vorgenommen: "Der einzige Lockdown, den wir brauchen, ist ein Lockdown der Grenzen!" Eine Woche nach der Demonstration mobilisierte der offizielle Facebook-Account der FPÖ für eine Kundgebung im steirischen Eibiswald – unter Abbildung selbstgefertigter Demoschilder, die u. a. die Formulierung des vorerwähnten Transparents eins zu eins übernommen hatten.