Die verheerenden Anschläge in den USA vom 11. September wurden von Antisemiten unterschiedlicher politischer Couleur mit Häme und zum Teil offener Zustimmung kommentiert.
Der deutsche NPD-Kader Horst Mahler, im November 1999 immerhin Gast bei der FPÖ- Vorfeldorganisation Freiheitliche Akademikerverbände in Wien, feiert in einer Erklärung seines Deutschen Kollegs die Anschläge als "Ende des Amerikanischen Jahrhunderts, [...] des globalen Kapitalismus und [...] des weltlichen Jahwe-Kultes, des Mammonismus". Der "von den Finanz-Eliten der USA" ausgehende "Krieg" richte sich seit mehr als 80 Jahren gegen die "Völker", allen voran das "kraftvolle Volk der Deutschen". Seit dessen Niederlage 1945 seien "die Völker Europas und die übrige Welt schutzlos der US-amerikanischen Militärmacht und den Ausplünderungsfeldzügen der US-Ostküste ausgeliefert". Die Antwort der von der angeblichen jüdischen Weltverschwörung in "Fremdbeherrschung" gehaltenen "Völker" in Form des "Klein- und Volkskrieg[es]" sei ein "Befreiungskrieg und als solcher ein Weltkrieg, weil der Feind der Völker die Welt beherrscht". Schließlich werden die Terroranschläge als "eminent wirksam und deshalb rechtens" bezeichnet.
Unter "ss148818" hat ein Österreicher im Forum des neonazistischen Wikingerversandes die Anschläge offen befürwortet. Wie Mahler macht er die USA selbst dafür verantwortlich, versorgen doch diese "die israelischen Juden mit Waffen gegen die Moslems".
Die neonazistische Kameradschaft Germania aus Wien legte auf ihrer Homepage eine "Trauerminute" ein, jedoch nicht für die Terroropfer, sondern für die Waffenträger des nationalsozialistischen Angriffs- und Vernichtungskrieges: "Millionen von Tote [sic!] an der Seite der Deutschen! Warum redet hier keiner davon! Stimmt, sie waren keine Amis!"
Bei einer Trauerfeier für die Terroropfer im deutschen Stralsund provozierten Neonazis und verbrannten eine US-Flagge. Ebenfalls am Wochenende wurden Baracken im ehemaligen KZ- Dachau mit Parolen wie "Der Jude ist der Provokateur" und "USA Anstifter des 3. Weltkrieges" beschmiert. Schon unmittelbar nach den Anschlägen entrollten Neonazis vor der US-Botschaft in Berlin ein Transparent mit der Aufschrift "Für die Freiheit der Völker!".
Auch István Csurka, der erst unlängst im - von der österreichischen Regierung großzügig geförderten - Wochenblatt Zur Zeit (26/2001) ausführlich zu Wort kam, hat schon reagiert: "Die unterdrückten Völker konnten nicht die Erniedrigung durch die Globalisierung, die Ausbeutung und den in Palästina planmäßig durchgeführten Völkermord ohne einen Antwortschlag erdulden."
Im Kurier vom 19. 9. meldete sich Hans Gamlich, wegen eines "revisionistischen" Artikels in Zur Zeit (23/1999) zu einer einjährigen bedingten Haftstrafe (noch nicht rechtskräftig) verurteilt (NS-Verbotsgesetzprozess gegen Gamlich »), per Leserbrief zu Wort. Die Anschläge erscheinen ihm als späte Rache nicht zuletzt für den Beitrag der USA zur militärischen Zerschlagung des Nationalsozialismus: "Ein Staat, der in seiner jungen Geschichte auf der ganzen Welt Tonnen Bomben verstreute, ohne jemals direkt auf seinem Territorium bedroht worden zu sein, erntet nun scheinbar den gesäten Wind."
Häme und Zustimmung sind allerdings nicht auf die extreme Rechte beschränkt. Im elektronischen Rundbrief von Teilen der Protestbewegung gegen die österreichische Bundesregierung, dem Widerstands-MUND, hat etwa ein antizionistischer Aktivist unter dem Namen "Fiona Canina" noch am 11. 9. folgenden Eintrag plaziert: "für mich sind die angriffe auf das wtc und das pentagon als versuch, den real existierenden krieg zurück in die metropolen zu tragen wenn nicht legitim so doch durchaus verständlich."
Und nur zwei Tage vor den Anschlägen fand sich auf der österreichischen Ausgabe des linken Internetverbundes indymedia unter dem Titel "Einfluss des Zionismus auf die Weltpolitik" eine Auflistung von "US-Israelis", die "in den USA unter Clinton" gearbeitet hätten. Die Verantwortlichen von indymedia, das nach dem Prinzip des "free posting" funktioniert, haben jedoch umgehend reagiert und den Eintrag aufgrund seines antisemitischen Gehalts von der Seite genommen. Diese Liste von amerikanischen Jüdinnen und Juden oder Menschen mit "jüdisch" klingendem Namen fand sich zuvor in zahllosen Neonazi-Postillen.
Antisemitismus ist auch heute kein Privileg der Rechten ...