Mitte September wurden die ersten Neonazis aus dem Dunstkreis von Alpen-Donau nach dem Verbotsgesetz verurteilt. Diesem Kreis ordnet das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung insgesamt 240 Straftaten zu (NÖN, 20. 9. 2011).
Zuerst traf es den 19-jährigen Daniel O., der in St. Pölten eine 18-monatige bedingte Haftstrafe erhielt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der niederösterreichische Neonazi war vor zwei Jahren als "Frontsoldat" im Alpen-Donau-Forum in Erscheinung getreten. Er grüßte gerne mit "Heil Euch, Volksgenossen!" und als Benutzerbild verwendete er ein historisches Plakat der SS Leibstandarte Adolf Hitler; nicht minder deutlich waren seine Einträge: "Ich habe mit diesem Staat gar nichts zu schaffen, denn ich hasse die Demokratie wie die Pest. Was immer sie tun mögen, ich werde sie schädigen und stören, wo ich nur kann." Die Anklage warf ihm zudem vor, 2010 den Geburtstag Adolf Hitlers gemeinsam mit anderen Neonazis im Vereinslokal der Wiener akademischen Ferialverbindung Reich (Gottfried Küssel) gefeiert, dabei die Hand zum Hitler-Gruß gehoben und drei Mal "Heil Hitler" gerufen zu haben. Ein paar Monate später nahm er in Offenhausen (Gasthaus Lauber) an der "Politischen Akademie" der Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP) teil (AFP-Akademie »). In E-Mails, die während des Prozesses vom Staatsanwalt vorgelesen wurden, hat er über Entführung des ORF-Generaldirektors Alexander Wrabetz, die Herstellung von Sprengstoff und über Bombenanschläge auf Kraftwerke, die US-Botschaft und auf US-Fastfood-Filialen nachgedacht. O., der sich als "Werwolf" in der Nachfolge des konspirativen Nazi-Untergrundes 1944/45 phantasierte, ist wie viele andere seiner Generation durch das Hören von neonazistischer Musik das erste Mal in Kontakt mit NS-Ideologie gekommen. Auf die Frage des Richters, ob das noch heute seine Gesinnung sei, meinte O., dass sein Interesse daran verflogen wäre. Das sei für ihn "kompletter Schwachsinn, da sitzen Leute herum, um über Rassenthemen zu diskutieren". (Kurier, 16. 9. 2011)
Nur wenige Tage später verurteilte ein Wiener Neustädter Geschworenengericht den 36-jährigen EDV-Techniker Christian W. nach dem Verbotsgesetz zu einer Haftstrafe von 20 Monaten (davon fünf unbedingt). Das Urteil ist nicht rechtskräftig. W. hatte von 2004 bis 2010 auf neonazistischen Homepages wie im Thiazi- und im Alpen-Donau-Forum und unter dem Pseudonym "Mjölnir" über 2900 NS-verherrlichende und antisemitische Einträge veröffentlicht. Zum wüsten Antisemitismus kam extreme Militanz: W., der sich und andere Neonazis als "Menschen der Tat" bezeichnete, gab im Alpen-Donau-Forum an, ein Sturmgewehr (STg77) zu besitzen und an einer "paramilitärischen Schulung" (Wehrsportübung) teilgenommen zu haben. Für andere Gewalt- und Militärfans wollte er ein "Waffenforum" einrichten. Auch sein Computerwissen stellte W. über Jahre der Szene zur Verfügung, zudem gab er Ratschläge für das richtige Verhalten bei Hausdurchsuchungen. Die Anklage warf W. vor, dass er sich wiederholt mit Gottfried Küssel getroffen und ebenfalls bei der Wiener akademischen Ferialverbindung Reich verkehrte. W. zeigte sich einerseits voll geständig und reuig. Er distanzierte sich von seinen Aktivitäten und gab als Gründe für seine Aktionen u. a. den Frust über den Konkurs seiner Firma, Einsamkeit und übermäßigen Alkoholkonsum an. Andererseits wollte W. vor Gericht "nicht wirklich mitgekriegt" haben, "dass Alpen-Donau-Info eine Neonazi-Seite ist". (Kurier, 21. 9. 2010) Auch sein überhasteter Abschied aus dem Thiazi-Forum gut ein Monat vor einer Welle an Hausdurchsuchungen im Alpen-Donau-Dunstkreis (Ende Oktober 2010) spricht nicht gerade für einen Gesinnungswandel: "Aufgrund gravierender Umstände, welche (wie immer) der absoluten Geheimhaltung unterliegen, ist es mir aus strategischer Sicht nicht mehr gegeben und auch aus Verantwortungsgründen, hier weiterhin aktiv zu sein. Ersuche auch um Ordnung und keinerlei Diskussion darüber. [...] Mit einem dreifachen SIEG HEIL! Alles für Deutschland! verabschiede ich mich aus dem Forum." (forum.thiazi, 28. 9. 2010)
Schließlich wurde in Innsbruck der 22-jährige Neonazi Marcell W. zu einer (nicht rechtskräftigen) bedingten Haftstrafe von acht Monaten verurteilt. Der ehemalige Skinhead zeigte sich ebenfalls geständig, antisemitische und rassistische Meldungen im Alpen-Donau-Forum gepostet zu haben. Mit der Worten "Heil euch, die ihr auch am Holocaust interessiert, aber auch überzeugt seid, dass es nicht so war, wie uns das die Siegermächte eingetrichtert haben!" bewarb W. dort "revisionistische" Literatur. Zum Neonazi sei er nach nicht näher beschriebenen "Vorfällen" mit "Türken" geworden, heute wolle er mit der Szene nichts mehr zu tun haben. (Der Standard, Tiroler Tageszeitung, 23. 9. 2011)