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Haider und die Rechtsradikalen

ZDF-Bericht über Haider

Im folgenden dokumentieren wir die im ZDF-Magazin Frontal am 8. Februar 2000 ausgestrahlte Dokumentation von Dr. Rainer Fromm (Quelle: www.zdf.msnbc.de/news/48427.asp#BODY)

 

Die FPÖ hat zwielichtige Kontakte zu deutschen Rechtsextremen

 

Seit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages mit der ÖVP versucht Jörg Haider in Europa salonfähig zu werden und gibt sich gemäßigt. Doch früher pflegte er Kontakte zu deutschen Rechtsradikalen. In dem Organ NHB-Report bagatellisierte er beispielsweise die Waffen-SS.

 

In Wien wurde ein Koalitionsvertrag unterzeichnet: Die konservative ÖVP und die rechtsradikale Freiheitliche Partei Österreichs, kurz FPÖ, haben ihre Gemeinsamkeiten gesucht und gefunden. Für FPÖ-Chef Jörg Haider ein historisches Ereignis. Wer aber ist der Parteiführer: Populist oder Extremist?

 

Professor Dr. Hans-Gerd Jaschke von der Fachhochschule Berlin beschreibt Haiders politische Einstellung: "Wenn wir die Maßstäbe in der Bundesrepublik zu Grunde legen, ist Haider eindeutig ein Rechtsextremist, und zwar deswegen, weil er seit zehn, 20 Jahren in der rechtsextremen Szene aktiv ist, weil er inhaltlich Positionen vertritt, die von uns auch von Rechtsextremisten vertreten werden. Gewiss verpackt er seine Botschaft sehr geschickt, sehr populistisch, er schaut dem Volk aufs Maul, aber Themen zur Inneren Sicherheit, Themen zur Ausländerpolitik sind eindeutig rechtsextremistisch gedeutet."

 

Tuchfühlung mit Rechtsradikalen

 

Jörg Haider ist auch in der rechtsextremen Literatur Deutschlands kein Unbekannter. 1996 ist er im Theorieorgan "Nation und Europa" präsent. Und auch andere verfassungsfeindliche Organe konnten schon mit Jörg Haider aufwarten. Im NHB-Report beispielsweise bagatellisierte er die Waffen-SS.

 

Nach Meinung von Hans-Jürgen Doll, Vizepräsident des Verfassungsschutz Baden Württemberg, ist Haider in rechtsextremen Veröffentlichungen berühmt geworden: "Jörg Haider ist bekannt geworden durch Interviews, die er rechtsextremistischen Publikationen wie zum Beispiel dem NHB-Report oder der führenden rechtsextremistischen Theoriezeitschrift Nation und Europa, Deutsche Monatshefte gegeben hat." Seit Jahren ist Jörg Haider auf engster Tuchfühlung mit Deutschlands Rechtsradikalen. Das Beispiel Berlin: Beim so genannten Dienstagsgespräch am 18. 5. 1993 referierte er zum Thema "Freiheitliche Erneuerung für Österreich und Europa".

 

In einem "Frontal" vorliegenden, vertraulichen Polizeibericht heißt es: "So bekam Dr. Haider zum Beispiel spontanen Applaus für die Äußerung: Deutschland bräuchte eine Partei wie die Republikaner, denn national eingestellt zu sein bedeutet nicht, dass man Nazi ist." Auch "Frontal" vorliegende Fotos bestätigen: Haider ist aktuell in der rechtsextremen Publizistik präsent - Online. Es gibt ein Interview mit dem Hardliner der rechtsextremen Republikaner, Christian Käs, das per Mouseklick abrufbar ist. [...]

 

Die Republikaner-Kontakte zur FPÖ gehen noch weiter. Auf Einladung der Landtagsfraktion referierte am 16. 5. 1997 der langjährige Haider-Berater und FPÖ-Ideologe Andreas Mölzer im Stuttgarter Landtag. Auf dem Republikaner-Bundesparteitag im November 1998 in Bayern geht es auch um die rechtsextreme Zusammenarbeit. Hoch im Kurs beim REP-Vorsitzenden steht die FPÖ. Rolf Schlierer, Bundesvorsitzender der Republikaner wörtlich: "Liebe Freunde, es war und bleibt mein ausdrücklicher Wunsch, die Kontakte ins Ausland zu pflegen. Das betrifft die Freiheitliche Partei Österreichs, den Front National in Frankreich und den Vlaams Block in Flandern."

 

Auf den internationalen Zusammenhalt der Rechtsextremen weist Hans-Henning Scharsach, Buchautor und Rechtsextremismusexperte, hin: "In Frankreich, in Belgien, in Italien gehen ja die Rechten schon für Jörg Haider auf die Straße. Wir haben das ja an den euphorischen Reaktionen aus diesem Lager gesehen. Dieses rechtsextreme, rassistische Lager hofft jetzt natürlich mit Jörg Haider in diesem Europa salonfähig zu werden."

 

Deutsche Ableger

 

Der Cannstatter Kreis. Dieser Name steht für einen Debattierclub unzufriedener FDP-Parteimitglieder aus der Region Stuttgart, die ihr Heil in einer national-liberalen Ideologie suchen. Zündfunke des rechtsradikalen Zirkels soll ein Auftritt Haiders 1994 gewesen sein. Seitdem haben viele Liberale den Zirkel verlassen. Wie entstand der Kreis? "Eine Veranstaltung des Ortsverbandes mit Dr. Jörg Haider verursachte eine Erosion im Stuttgarter Verband der FDP. Die Folge war die Gründung des Cannstatter Kreises." Stationen einer Radikalisierung. Mittlerweile ist die Gruppe Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes, wie die Behörde "Frontal" bestätigt.

 

Hans-Jürgen Doll, Vizepräsident des Verfassungsschutz Baden Württemberg stuft den Cannstatter Kreis als Sammelbecken der rechten Szene ein: "Der Cannstatter Kreis hat es sich zum Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit im rechtsextremistischen Lager zu fördern. Er unterhält Kontakte zu den rechtsextremistischen Parteien NPD, DVU und zu den Republikanern und insofern bildet er eine Plattform, um sich im rechtsextremistischen Lager über alle Grenzen hinweg zusammenzuschließen."

 

Das rechtsradikale Wochenblatt "Junge Freiheit" wettert gegen Multikultur. Regelmäßiger Interviewpartner ist Jörg Haider, der keine Berührungsängste kennt. Der Verfassungsschutz findet in der Zeitung selbst verfassungsfeindliche Inhalte: Der Amtsleiter des Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen Hartwig Möller ergänzt: "Auch in den aktuellen Ausgaben der 'Jungen Freiheit' haben wir Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen festgestellt. Das sind fremdenfeindliche Äußerungen, das sind Äußerungen, die sich gegen das parlamentarische System richten, es sind Äußerungen, die sich gegen die Menschenwürde des Grundgesetzes richten."

 

Ein straffes Präsidialsystem

 

Auch im Januar dieses Jahres gibt Jörg Haider ein Interview. Inhalt ist unter anderem: Der Aufbau einer deutschen Partei am Beispiel der FPÖ. Auszüge: "Wenn sich die zum Partikularismus und zum Eigenbrödlertum neigenden freiheitlichen Gruppierungen in Deutschland einigen würden, dann wäre das eine ganz bedeutende politische Kraft ..."

 

Eine weitergehende Einschätzung Haiders gibt Hartwig Möller vorsichtig: "Als Leiter einer deutschen Verfassungsschutzbehörde möchte ich mich ungern zu einem Österreicher in dieser Frage äußern. Es ist jedoch festzustellen, dass die von uns beobachtete Junge Freiheit mit Jörg Haider und seiner Politik Propaganda betreibt. Zum Beispiel Haiders Forderung nach einem straffen Präsidialsystem, das einen Kanzler, einen Bundeskanzler entbehrlich mache, entspricht durchaus Äußerungen und ähnelt Äußerungen rechtsextremistischer Kreise in Deutschland."

 

Professor Jaschke erläutet die Hintergründe von Haiders Publikationen im rechten Milieu: "Haiders Auftritte in der rechtsextremen Publizistik haben Methode, denn hier bedient er die Ressentiments der Rechtsaußen-Szene vor allem in Sachen Geschichtspolitik, vor allen Dingen in Sachen Anti-Europa, Anti-EU, vor allen Dingen auch in Sachen Nationalismus, und ich denke, die Botschaften sind klar, die er rüberbringt. Die lautet: Ich bin Euer Mann, ich werde meine Botschaft öffentlich geschickt verpacken, populistisch faktisch, Ihr könnt mir vertrauen, und dadurch gelingt es Haider, die Unterstützung quasi der gesamten rechtsextremen Szene zu bekommen."

 

Wir hätten Jörg Haider gerne zu den Verbindungen in die rechtsextreme Szene interviewt. Doch unsere schriftliche Anfrage bleibt bis zur Sendung unbeantwortet. Auch eine Antwort.

 

 

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