Leon Zelman-Preis für Dialog und Verständigung 2024 geht an den Rechtsextremismus-Experten Andreas Peham
(Wien/OTS) - Der Leon Zelman-Preis wird seit 2013 an Personen oder Initiativen vergeben, die sich im Sinne Leon Zelmans (1928-2007) aktiv für die Erinnerung an die Shoah einsetzen. Der Preis würdigt aber auch besonderes zivilgesellschaftliches Engagement, Eintreten gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Bildungs- und Jugendarbeit wie Projekte, die den interkulturellen Dialog fördern. Er erinnert an den langjährigen Leiter des Jewish Welcome Service und Herausgeber der Zeitschrift „Das Jüdische Echo“. Der Preis ist mit Euro 5.000,- dotiert und wird von der Stadt Wien gestiftet. Die Verleihung findet im Herbst im Wiener Rathaus statt.
Die Jurybegründung
Der diesjährige Preisträger Andreas Peham arbeitet seit fast 30 Jahren im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW). Er hat dort auch seinen Zivildienst absolviert.
„Mit seiner umfassenden Tätigkeit von Forschungs- über Bildungs- bis zur Vermittlungsarbeit im Sinne von Dialog und Verständigung, erfüllt Andreas Peham die Kriterien des Preises in vielfacher Hinsicht. Wesentliche Bereiche seiner Tätigkeit sind Mentoring und Analyse von Rechtsextremismus/Neonazismus, Islamismus wie Antisemitismus. Hier hat Peham auch international beachtete Arbeiten vorgelegt. Im Bereich des Antisemitismus hat er mit zahlreichen Institutionen des In- und Auslandes, vor allem in Deutschland und Israel, zusammengearbeitet.
Er ist ein gefragter Vortragender und Leiter von zahlreichen Workshops zur Extremismusprävention, wobei seine pädagogischen Fähigkeiten zur Arbeit und zum Dialog mit Jugendlichen in höheren Schulen, vor allem aber in Berufsschulen und Jugendzentren besonders hervorzuheben sind.
Andreas Peham leistet hier auch einen wesentlichen Beitrag zur interkulturellen Bildungsarbeit sowie Holocaust-Education. Im Rahmen der Zeitzeug:innenbesuche in den Schulen begleitete er viele Jahre lang die Künstlerin, Schriftstellerin und Auschwitz-Überlebende Ceija Stojka, um mit ihr gemeinsam auf die Verfolgung und das Schicksal der Roma während der NS-Zeit aufmerksam zu machen.“
Die Jury besteht aus den Expert:innen für Gedenk-und Erinnerungskultur, Martina Maschke und Peter Schwarz, den Historiker:innen Sophie Lillie und Michaela Raggam-Blesch in Nachfolge der 2023 verstorbenen Heidemarie Uhl sowie Armin Thurnher, Publizist und Herausgeber der Stadtzeitung Der Falter.
Jewish Welcome Service
1980 wurde die Organisation auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Leopold Gratz und des Stadtrates Heinz Nittel gemeinsam mit dem 2007 verstorbenen Leon Zelman gegründet. Präsident ist der jeweilige Bürgermeister der Stadt Wien. Hauptaufgaben sind Besuchsprogramme für vertriebene Wiener Jüd:innen und deren Nachkommen, Studienreisen für die jüngere Generation, die Unterstützung von Gedenk- und Erinnerungsprojekten sowie Information und Service für jüdische Wien-Besucher:innen. Seit dem Jahr 2018 unterstützt auch die Wien Holding, die Arbeit des Jewish Welcome Service.
Leon Zelman
Leon Zelman wurde am 12.6.1928 in Szczekociny, Polen, geboren. Er überlebte das Ghetto von Łódź und die Konzentrationslager von Auschwitz und Mauthausen-Ebensee, wo er am 6. Mai 1945 von den Amerikanern befreit wurde. Leon Zelman verlor seine ganze Familie in der Shoah.
Nach Spitals- und Regenerationsaufenthalt in Bad Ischl und Bad Goisern kam Leon Zelman 1946 nach Wien. Er besuchte die Maturaschule und nahm 1949 das Studium der Zeitungswissenschaften auf, das er 1954 mit dem Doktorat abschloss. Während seiner Studienzeit war Leon Zelman führender Funktionär der Jüdischen Hochschülerschaft, zunächst als Sozialreferent und von 1953-1959 als deren Präsident. 1951 war Leon Zelman unter den Mitbegründern der Zeitschrift Das Jüdische Echo. 1963 übernahm Leon Zelman vom Österreichischen Verkehrsbüro die Leitung des Reisebüros City, um den Israel- Tourismus aufzubauen. Leon Zelman war auch viele Jahre Chefredakteur der Zeitschrift „Das Jüdische Echo“, das von einem kleinen Mitteilungsblatt der Jüdischen Hochschülerschaft zu einer bedeutenden Zeitschrift für Kultur und Politik im deutschsprachigen Raum aber auch in Übersee wurde.
1995 erfolgte gemeinsam mit Armin Thurnher, Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung Falter, die Veröffentlichung der Autobiographie „Ein Leben nach dem Überleben“, die auch in den USA erschien. 1995 wurde auch die Leon- Zelman-Halle, im Rehavia Gymnasium, im ältesten Gymnasium in Jerusalem, eröffnet. Ziel war es einen Begegnungsort für jüdische, muslimische und christliche Jugendliche zu schaffen und wurde u.a. von Leon Zelmans Dr. Karl-Renner-Preis-Geld finanziert. Die andere Hälfte des Preisgeldes ging an Roma und Sinti-Organisationen. Leon Zelman selbst erhielt zahlreiche Auszeichnungen und wurde vielfach geehrt – u.a. bekam er 2001 den Ehrenring der Stadt Wien.
Ein Jahr nach Zelmans Tod am 11. Juli 2008 wurde von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Beisein von Wiens Vizebürgermeisterin Renate Brauner, dem Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny sowie dem Publizisten Ari Rath am Wiener Palais Epstein eine Gedenktafel für Leon Zelman enthüllt. Leon Zelman hat lange für die Einrichtung eines „Hauses der Geschichte“ in dem zum benachbarten Parlament gehörenden Palais gekämpft.
Weiterführende Information zum Zelman-Preis und zur Jury:
https://jewish-welcome.at/de/zelman-preis/
Rückfragehinweis:
Jewish Welcome Service
0664 503 46 56
susanne.trauneck@jewish-welcome.at
www.jewish-welcome.at
<< Weitere Beiträge aus der Rubrik "Neues"