Erich Fried, gezeichnet vom österreichischen Graphiker und Maler Georg Eisler, 12. 8. 1962.
Rechts oben handschriftliche Notiz von Erich Fried:
Wer immer weiß
zu welchem Gott er betet
wird nie erhört.
Erich Fried
DÖW Foto 4861
In den 1960er-Jahren begründete Erich Fried vor allem durch die beiden Lyrikbände Warngedichte (1964) sowie und VIETNAM und (1966) seinen Ruf als politischer Dichter. Er war seit 1963 Mitglied der Gruppe 47, beteiligte sich rege an politischen Diskussionen der 68er-Bewegung, trug seine Gedichte bei zahlreichen politischen Veranstaltungen und Demonstrationen vor und bezog oft kritisch Stellung zu politischen Themen der 1960er- bis 1980er-Jahre. Einer breiten Öffentlichkeit ist er vor allem wegen seiner beiden Liebeslyrik-Bände Liebesgedichte (1979) und Es ist was es ist (1983) bekannt.
Fried wurde am 6. Mai 1921 in Wien in eine jüdische Familie hineingeboren, er verbrachte seine Kindheit und Jugend am Alsergrund und besuchte das Gymnasium in der Wasagasse. Sein Vater Hugo, von Beruf Spediteur und Schriftsteller, und seine Mutter Nellie, eine Graphikerin bzw. Designerin, wurden nach dem "Anschluss" 1938 wegen versuchter Devisenverschiebung ins Ausland von der Gestapo verhaftet. Vater Hugo wurde bei einem Gestapoverhör die Magenwand eingetreten, er verstarb an den Folgen der Misshandlung an seinem 48. Geburtstag am 24. Mai 1938. Erich Fried flüchtete und gelangte Anfang August 1938 ins Exil nach London, wo er bis zu seinem Tod lebte. Seine Mutter Nellie, die bis Mai 1939 in Wien in Haft war, konnte mit seiner Hilfe knapp vor Kriegsbeginn ebenfalls London erreichen. Seine Großmutter Malvine Stein blieb in Wien zurück und wurde im September 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 26. März 1943 umkam.
Erich Fried gründete in London mit anderen jungen Flüchtlingen die Selbsthilfegruppe Emigrantenjugend, er schloss sich dem Freien Deutschen Kulturbund sowie dem Austrian Centre an. Aus Perspektive des DÖW war vor allem seine Mitgliedschaft bei der von jungen Emigranten betriebenen Organisation Young Austria, wo der spätere Mitgründer des DÖW Herbert Steiner als Sekretär tätig war, von besonderer Bedeutung.
In den frühen Londoner Jahren hielt sich Fried mit diversen Gelegenheitsjobs über Wasser, er arbeitete u. a. als Fabrikarbeiter, Milchchemiker und Bibliothekar. In dieser Zeit knüpfte er dauerhafte Kontakte zu SchriftstellerInnen des Exils, darunter Theodor Kramer, Robert Neumann, Willy Verkauf und Eva Priester.
Bei einer Veranstaltung des Freien Deutschen Kulturbundes zum Thema Dichter der Emigration wurden am 27. Februar 1940 erstmals Texte von Fried rezitiert. Erste Veröffentlichungen von Gedichten Frieds in Exil-Zeitschriften wie dem Young Austria, Zeitspiegel u. a. folgten. Im DÖW findet sich eine große Zahl seiner Publikationen, die durch Schenkungen, Nachlässe oder Ankauf in die Bibliothek gelangten.
Young Austria, Werbeblatt des "Jungen Österreich". London, Mai 1941
Jahrgangsband 1941/42
(Signatur: EX 3000a, Bd. 29)
Erich Fried begann im Herbst 1940 bei der Zeitschrift Young Austria mitzuarbeiten. Das Gedicht Wir lieben das Leben wurde sowohl in einem Werbeblatt des Young Austria aus dem Mai 1941 abgedruckt als auch in der Exil-Zeitung Zeitspiegel, Ausgabe: Nr. 18, S. 6, Jahrgang 3 (1941) und ist eine der allerersten Veröffentlichungen Frieds.
Zeitspiegel, Anti-Nazi Weekly. London, No. 31, 1. 8. 1942, S. 6
Jahrgangsband 1942/43
(Signatur: EX 3001)
Die Exil-Zeitschrift Zeitspiegel erschien ab 1939 wöchentlich in deutscher Sprache in London und stellte punkto Umfang und Häufigkeit des Erscheinens die bedeutendste österreichische Exilzeitschrift dar. Ab 1941 wurden regelmäßig Gedichte Frieds im Zeitspiegel veröffentlicht. Sein Gedicht Das Herz rückt ein erschien in der Ausgabe No. 31 vom 1. 8. 1942. In der Bibliothek des DÖW befinden sich mehrere von österreichischen ExilantInnen gespendete gebundene Bände des Zeitspiegels.
Mut. Gedichte junger Oesterreicher. London: Jugend Voran (Publishers for Young Austria and the Austrian World Youth Movement) 1943. 48 S.
Von Erich Fried signiert
Mit Beiträgen von Jura Soyfer, Eva Aschner, Fritz Brainin, Erich Deutsch, Erich Fried, Kitty Gans, Paul Husserl, Heinz Karpeles, Erich Rattner, Arthur Rosenthal, Hans Schmeier, Lily Spandorf, Willy Verkauf
Rarissima Sammlung
(Signatur: EX 3054 // Nicht entlehnbar)
Die Lyrik-Anthologie Mut erschien 1943 im vom Young Austria betriebenen Verlag Jugend Voran. Erich Fried war an der Zusammenstellung des Bandes stark beteiligt und korrespondierte diesbezüglich intensiv mit Willy Verkauf in Jerusalem. Der Band beinhaltet mit dem Lied von der Erde eine der frühesten Veröffentlichungen eines Textes von Jura Soyfer. Fried steuerte mit 13 Gedichten die meisten Beiträge bei. Vorliegendes Exemplar ist von Fried signiert.
FRIED, Erich: Deutschland. Gedichte. London: Austrian P.E.N. 1944. 29 S.
Mit persönlicher Widmung des Autors vom 15. 10. 1944
Rarissima Sammlung
(Signatur: EX 15309 // Nicht entlehnbar)
Die in dieser ersten selbständigen Veröffentlichung von Erich Fried enthaltenen Gedichte entstanden in der Zeit von September 1943 bis Juli 1944 und wurden zum Teil in den in London erscheinenden Exil-Zeitschriften Young Austria und Freie Tribüne abgedruckt. Der Band erschien mit Unterstützung der österreichischen Journalisten und Schriftsteller Robert Neumann, Joseph Kalmer sowie des aus Budapest gebürtigen Journalisten David Martin (eigentlich Ludwig Detsinyi) im Verlag des österreichischen Exil-PEN in London. Das in der DÖW-Bibliothek enthaltene Exemplar enthält eine mit 15. 10. 1944 datierte persönliche Widmung Frieds.
FRIED, Erich: Oesterreich. Gedichte. Geschrieben 1944 - 1945 in England. Gewidmet dem Andenken Stefan Brills. Zürich: Atrium Verlag 1946. 31 S.
Rarissima Sammlung
(Signatur: 4485 // Nicht entlehnbar)
Die zweite selbständige Publikation Erich Frieds. Auf dem Titelblatt wurde aus Aktualitätsüberlegungen hingewiesen, dass die Gedichte zwischen 1944 - 1945 geschrieben wurden, obwohl diese bereits 1942 - 1943 entstanden waren. Ebenso ist das Erscheinungsdatum 1946 Züricher Atrium Verlag falsch, da der Band bereits im Spätherbst 1945 in London gedruckt und veröffentlicht wurde. Vorliegendes Exemplar ist von Fried signiert und enthält als Besitzvermerk einen Stempel der Freien Österreichischen Jugend BUNDESLEITUNG, es dürfte durch Herbert Steiner in die Bibliothek des DÖW gelangt sein.
Bekenntnis zu Österreich. Moderne Arbeiterlyrik. Graz: Antifaschistischer Volksverlag 1945. 112 S.
(Signatur: 1949)
Die Anthologie erschien im November 1945 in Graz im kurzlebigen Antifaschistischen Volksverlag und beinhaltet zu einem Großteil Gedichte von AutorInnen aus dem englischen Exil, Erich Fried ist mit zwei Gedichten vertreten. Erwähnenswert ist auch ein Gedicht von Hans Schmeier einem sehr guten Freund Frieds, der im Oktober 1943 im Alter von 18 Jahren in London Selbstmord beging. Neben den ExilautorInnen sind u. a. auch zwei Gedichte von Jura Soyfer (darunter das Dachaulied) und - wahrscheinlich als Erstveröffentlichung - neun Gedichte des 1943 hingerichteten Lehrers und Widerstandskämpfers Richard Zach enthalten.
FRIED, Erich: und VIETNAM und. Einundvierzig Gedichte. Berlin: Wagenbach 1966. 70 S.
(Signatur: 22887)
Erich Fried lernte 1966 Klaus Wagenbach kennen, der zwei Jahre zuvor einen kleinen Verlag in Berlin gegründet hatte. Wagenbach veröffentlichte Frieds Gedichtband und VIETNAM und im selben Jahr als 14. Band seiner inzwischen legendären Reihe Quarthefte. In den folgenden Jahrzehnten wurde der Wagenbach-Verlag Frieds Hausverlag. Der große kommerzielle Erfolg kam für Erich Fried erst 1979 mit seinem ebenfalls bei Wagenbach veröffentlichten Buch Liebesgedichte. Klaus Wagenbach und Erich Fried blieben bis zu Frieds Tod 1988 Freunde.
Im Mai 1988 fand in Wien unter starker organisatorischer Beteiligung von Herbert Steiner und des DÖW ein Widersehenstreffen von ehemaligen Mitgliedern des Young Austria anlässlich des 50. Jahrestages der Besetzung Österreichs statt. Erich Fried - damals schon schwer krank - beteiligte sich mit einem kurzen Text, der im letzten Rundbrief vor dem eigentlichen Treffen Anfang Mai 1988 verschickt wurde. Wenige Monate später starb Fried am 22. November 1988.