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Emil Gottesmann: Jeder hat gewusst, dass er drankommen wird

Emil Gottesmann, geb. 1903 in Wien, 1932 Austritt aus der mosaischen Religionsgemeinschaft, kaufmännischer Angestellter bzw. Handelsvertreter. Mitglied des Republikanischen Schutzbundes, nach 1934 für die illegalen Revolutionären Sozialisten tätig. Mitarbeiter der "Aktion Gildemeester". November 1943 Deportation nach Theresienstadt, von dort am 29. September 1944 nach Auschwitz, 1945 Befreiung in einem Nebenlager von Dachau.

Rückkehr nach Wien.

Verstorben.

 

 

Die Leute, die ausheben gegangen sind, das waren jüdische Gruppen, waren vier oder fünf Juden mit einem SS-Mann. Die haben in der Nacht sich das Haus aufsperren lassen. Sie haben Listen gehabt, in diesem Haus, zum Beispiel in der Castellezgasse auf Tür Nummer soundso, wohnt der und der und der. In der Nacht wurde beim Haustor angeläutet. Das Haustor wurde aufgesperrt, zeitig in der Nacht. Man hat die Wohnungen angeläutet, die Leute mussten dort einpacken. Die Ausheber, die so genannten Ausheber, so haben wir sie genannt, haben ihnen geholfen beim Packen. Unten ist ein Auto gestanden, in das hat man die Leute verladen und in die Sammellager Malzgasse und Kleine Sperlgasse gebracht. Es ist hie und da jemandem gelungen, auch noch zu verschwinden bei dieser Gelegenheit, und zwar weil keine Listen bestanden, wo die Leute mit Namen verzeichnet waren, sondern erst nachträglich eruiert werden musste, wer fehlt. Der SS-Mann hat aufgeschrieben, zum Beispiel, weiß ich, 30 Leute, und es waren nur 29 im Auto. Aber momentan hat man nicht gewusst, wer war der Neunundzwanzigste, wer war der Dreißigste, der verschwunden ist. So konnten manche Leute noch irgendwie verschwinden. [...]

Vom Lager aus sind sie auf den Bahnhof geführt worden, in Lastautos. Die Autos hat man durch die Straßen Wiens geführt, das war schon bekannt, man hat das gesehen. Die Autos waren hinten offen, da hat man gesehen, dass da Leute drinnen sitzen. Am Aspang-Bahnhof im 3. Bezirk war eine ganze Zugsgarnitur für die ca. 1000 Leute vom Transport. Der Aspang-Bahnhof war für solche Transporte bestimmt. So ein Transport ist alle 14 Tage gegangen, da war der ganze Bahnhof irgendwie abgesperrt. Die Verladung und so weiter hat sich ja in ein paar Stunden abgespielt, dann war das erledigt. [...]

In der Zeit zwischen Festnahme und Transport wurden die Menschen in Sammellagern im 2. Bezirk angehalten. Eines dieser Lager befand sich in der Malzgasse. Ich war einige Male drinnen. Die Leute konnten sich innerhalb des Hauses frei bewegen, sie haben dort Essen bekommen. Es war mehr als überfüllt. Die Leute sind ja auf Matratzen gelegen. Oft waren sie nur acht Tage dort, je nachdem, wie viele Leute für den Transport gesammelt wurden und wie lange das gedauert hat. Ich glaube, es ist so alle 14 Tage ein Zug mit 1000 Leuten weggegangen. Wenn die weg waren, hat man begonnen, das Lager wieder aufzufüllen. Da hat 's wiederum begonnen mit den Aushebungen. [...]

Jeder hat gewusst, dass er drankommen wird. Hier in Wien hat doch jeder gewusst, was vor sich geht, Transporte nach Theresienstadt. Jeder kommt einmal dran. [...]

Die "Zentralstelle für jüdische Auswanderung" übersiedelte 1943 von der Prinz Eugen-Straße in die Castellezgasse 35. Ich habe dann dort gearbeitet, plötzlich wurden meine beiden Brüder für Theresienstadt nominiert. Meine Brüder sind Ende 1942 nach Theresienstadt gekommen, ich im Oktober 1943. Ich habe sie noch in Theresienstadt angetroffen. Mein jüngerer Bruder und ich sind im Oktober 1944 nach Auschwitz gebracht worden, und von Auschwitz bin ich nach Dachau gekommen. Von Oktober 1943 an war ich in Theresienstadt, und im Oktober, November 1944 sind wir nach Auschwitz. Mein älterer Bruder hat sich in Theresienstadt versteckt, der hätte auch nach Auschwitz gehen sollen, der hat sich aber versteckt und geglaubt, er kann dort irgendwie überleben. Soweit ich dann nachher erfahren habe, wie ich zurückgekommen bin, ist er doch gefunden worden, ist nach Auschwitz gekommen und ist gleich ins Gas gegangen. Wie wir in Auschwitz angekommen sind, wurden mein anderer Bruder und ich getrennt. Ich habe das Glück gehabt, auf die gute Seite zu kommen, mein jüngerer Bruder, der klein war und schwächlich, der wurde auf die andere Seite eingeteilt. [...]

Meine Mutter war auch in Theresienstadt, sie hat überlebt.

 

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