logo
logo

Fedin, Alfred

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

A    B    C    D    E    F    G    H    I    J    K    L    M    N    O    P    Q    R    S    T    U    V    W    Z   

 

 

Name russisch: Федин Альфред Оскарович

Geboren: 13.03.1893, Tarnopol (Galizien)

Beruf: Arzt, Redakteur

Letzter Wohnort in Österreich: Wien

Ankunft in Russland/Sowjetunion: 1922

Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau, Gandrabury (Odesskaja obl.)

Verhaftet: 21.03.1938, Moskau; 24.02.1949, Gandrabury

Anklage: Spionage

Urteil: 26.05.1938, Sonderberatung (OSO), 10 Jahre Lagerhaft; 18.05.1949, Sondergericht des Ministeriums für Staatssicherheit, Verbannung

Rehabilitiert: 17.03.1958, Militärtribunal des Moskauer Wehrkreises

Emigrationsmotiv: KP-Emigration

Schicksal: unbekannt

 

Alfred Fedin wurde 1893 in Tarnopol (Ternopil') in Galizien geboren, er stammte aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie. Von 1904 bis 1912 besuchte er ein Gymnasium in seiner Heimatstadt, dann übersiedelte er nach Wien, um Medizin zu studieren. Zu Kriegsbeginn wurde er in die k.u.k. Armee eingezogen, wo er bis 1917 diente und es bis zum Unteroffizier brachte. Anschließend kehrte er nach Wien zurück, war als Korrepetitor tätig und setzte sein Medizinstudium fort. In der Folge war er als Arzt ein Jahr in einer kleinen Provinzstadt tätig, obwohl er das Studium nicht abgeschlossen hatte. Ab 1911 war er Mitglied der SAJ; 1918 trat er in die KPÖ ein, sein Parteiname war Alfred Gläsner. Ende 1922 übersiedelte er in die Sowjetunion, um dort zu arbeiten, und zwar als Arzt in einem zum Hotel Lux (Люкс) gehörenden Ambulatorium, wo er bis 1928 tätig war. Gleichzeitig arbeitete er für den Geheimdienst der Roten Armee. 1923 wurde Fedin Mitglied der VKP (b).

 

Im Auftrag der Komintern fuhr Fedin 1928 nach Österreich, war hier ein Jahr politisch tätig und kehrte dann nach Moskau zurück. Nach 1930 lässt sich seine Biografie nur bruchstückhaft rekonstruieren, eine Zeitlang dürfte er als Arzt in der Provinz tätig gewesen sein, dann war er wieder in Moskau und als politischer Redakteur der Deutschen Zentral-Zeitung (DZZ) beschäftigt, außerdem war er Redakteur eines medizinischen Verlages. Als er am 21. März 1938 verhaftet wurde, war er mit Tat'jana Rakovič (Татьяна Георгиевна Ракович) verheiratet und hatte drei Kinder im Alter von zehn, neun und sieben Jahren. Er litt an Diabetes und hatte einen Herzfehler.

 

Fedin war sowjetischer Staatsbürger. Laut Verhörprotokoll war er ab 1933 Informant des NKVD, was durchaus glaubwürdig ist, während seine Geständnisse über seine Spionagetätigkeit wie üblich einfach erfunden sind. So "gestand" Fedin, er sei 1932 von einem aus Wien stammenden Architekten namens Hans Neumann (Нейман) zur Spionage für Österreich angeworben worden, habe mit ihm zusammen eine Organisation aufgebaut und seinerseits u. a. die Österreicher Oskar Deutschländer und Alois Ketzlik als Spione angeworben. Deutschländer und Ketzlik, die beide bei der DZZ beschäftigt gewesen waren, waren bereits Anfang Februar 1938 verhaftet worden. Über Hans Neumann, der laut diesem Protokoll verhaftet und erschossen wurde, ist dagegen nichts bekannt. Neumann sei etwa 1903 geboren, jüdischer Abstammung und Sohn eines bekannten Wiener Architekten gewesen; er sei 1931 als ausländischer Spezialist nach Russland gekommen. Nach Angaben von Fedin habe Neumann in der Sowjetunion intensiven Kontakt zu folgenden Österreichern gehabt: Ernst Fischer, Otto Fischer, Felix Frankl und Josef Berger.

 

Fedin wurde am 26. Mai 1938 wegen Spionage zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt und in ein Lager bei Tajšet im Gebiet Irkutsk deportiert. Eine Eingabe an L. P. Berija vom August 1939, in der er erklärte, wie seine falschen Geständnisse zustande gekommen waren, nützte nichts, ebenso wenig seine Berufung auf seine Dienste für den NKVD. Im August 1945 verfasste Fedin erneut eine Eingabe an Berija und regte an, in den nun zugänglichen Archiven in Österreich die Beweise für seine Tätigkeit im sozialistischen Studentenverband und dann in der KPÖ zu überprüfen. Auch diese Eingabe blieb ohne Erfolg. Fedin wurde erst am 22. März 1948 aus dem Lager entlassen; auch nach Verbüßung der Strafe durfte er nicht nach Moskau zurückkehren. Er ließ sich in Gandrabury bei Anan'ev im Gebiet Odessa nieder und arbeitete in einem Ambulatorium als Krankenpfleger. Am 24. Februar 1949 wurde er erneut wegen der alten Spionagevorwürfe verhaftet und am 18. Mai 1949 von einem Sondergericht des Ministeriums für Staatssicherheit zur Verbannung in das Gebiet Krasnojarsk verurteilt. Wann und wo Fedin gestorben ist, ist nicht bekannt, seine Frau T. G. Rakovič stellte jedenfalls im August 1957 den Antrag auf posthume Rehabilitierung ihres Mannes. Sie lebte damals im Gebiet Odessa.

 

 

Quelle: GARF

 

» nächste Biographie

Unterstützt von: