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Name russisch: Рейзберг Арнольд Бернгардович
Geboren: 17.02.1904, Borislau (Boryslav, Galizien)
Beruf: Mittelschullehrer, Journalist
Letzter Wohnort in Österreich: Wien
Ankunft in Russland/Sowjetunion: 22.12.1934
Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau, Aleksandrov, Mosal'sk (Kalužskaja obl.)
Verhaftet: 22.04.1937, Moskau; 1949, Aleksandrov
Anklage: antisowjetische Agitation
Urteil: 23.07.1937, Sonderberatung (OSO), 5 Jahre Lagerhaft; Sonderberatung (OSO), 11.04.1949, 5 Jahre Verbannung
Gestorben: 20.07.1980, Berlin (DDR)
Rehabilitiert: 16.03.1955, Richterkollegium für Strafsachen des Obersten Gerichts der UdSSR
Emigrationsmotiv: KP-Emigration
Schicksal: überlebte
Arnold Reisberg wurde 1904 in Boryslav (Borislau) bei Drohobyč (heute L'vivs'ka obl.) in einer jüdischen Familie geboren. Sein Vater war Volksschullehrer. Nach der Übersiedlung nach Wien 1914 wurde der Vater Geschäftsmann. Als ältester Sohn von vier Kindern konnte Arnold Reisberg an der Universität Wien Geschichte und Geographie studieren, er promovierte am 23. Mai 1928 mit der Dissertation Der wirtschaftliche Anschluss Österreichs an Deutschland in den Jahren 1840-1848. Im Februar 1923 trat Reisberg gemeinsam mit Alfred Klahr und Arnold Deutsch dem KJV bei, 1924 der KPÖ. Als Kommunist erhielt er keine staatliche Anstellung als Lehrer und musste privat unterrichten oder vom Verdienst seiner Frau Eleonore (geb. Reiter), einer Schneiderin, leben. Reisberg war von 1932 bis 1934 Mitarbeiter in der Agitprop-Abteilung des ZK der KPÖ und Berichterstatter der Basler Komintern-Zeitschrift Rundschau. Im September 1934 wurde er (es war nicht das erste Mal) verhaftet und als Ausländer (er war polnischer Staatsbürger) aus Österreich ausgewiesen. Er hielt dann in Brünn Schulungen für Schutzbündler ab und emigrierte Ende Dezember 1934 nach Russland.
Reisberg unterrichtete als Bruno Braun von 1935 bis 1937 Geschichte an der Internationalen Leninschule (ILS) in Moskau und war Leiter des österreichischen Sektors. Daneben unterrichtete er auch an der Komintern-Kaderschmiede KUNMZ (Kommunistische Universität für die Minderheiten des Westens). Die Protokolle der im Fall Bruno Braun an der ILS abgehaltenen Sitzungen legen die Vermutung nahe, dass Reisberg durch ironisch-witzige Bemerkungen Studenten brüskierte, die mit Verleumdungen und Verdrehungen seiner Aussagen reagierten. An der Hetzjagd gegen Reisberg beteiligten sich sowohl sein Nachfolger Alfred Klahr als auch Genia Quittner, die Frau des österreichischen Physikers Franz Quittner. Die Vorfälle an der Schule und seine Parteivergangenheit in Österreich nahmen bei den Verhören einen zentralen Platz ein. Reisberg wurde entlassen und aus der Partei ausgeschlossen.
Am 22. April 1937 wurde Arnold Reisberg verhaftet, am 23. Juli 1937 zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt. Er war vier Wochen in einem Güterwagen nach Vladivostok unterwegs, bis er über Magadan mit dem Schiff seinen Bestimmungsort, den Gulagkomplex Dal'stroj (Дальстрой) an der Kolyma, erreichte. Währenddessen musste die Familie – Sohn Otto war 1930 geboren – Moskau verlassen und sich in Egor'evsk niederlassen, wo Eleonore Reisberg Arbeit als Schneiderin fand. Erst 1943 erhielt sie den ersten Brief ihres Mannes aus der Haft. Reisberg wurde – weil im Krieg fast niemand aus dem Lager entlassen wurde – erst am 2. September 1946 aus dem Севвостлаг (СВИТЛ) entlassen. Er arbeitete dann bis zum Oktober 1947 noch im Fernostgebiet und übersiedelte im Dezember 1947 zu seiner Familie in das 101 Kilometer von Moskau entfernte Aleksandrov, das knapp außerhalb des Moskauer Sperrgebietes lag. Von dort aus hoffte er, leichter seine Rückkehr nach Österreich zu bewerkstelligen. Im Jänner 1949 wurde Arnold Reisberg ein zweites Mal verhaftet und am 11. April 1949 für fünf Jahre nach Ostsibirien verbannt. Dort lebte er zuerst von den Geldüberweisungen seiner Frau, später verdingte er sich als Wald- und Hilfsarbeiter. Die Verbannung wurde Mitte 1954 aufgehoben und Reisberg erhielt eine Stelle als Deutschlehrer in der Kleinstadt Mosal'sk im Gebiet Kaluga, wohin auch seine Familie folgte.
Arnold Reisberg wollte nach Österreich zurückkehren, die KPÖ forderte ihn "für Parteiarbeit" an. Dazu kam es nicht, weil Österreich ihm und seiner Frau, die inzwischen ebenfalls sowjetische Staatsbürgerin geworden war, das Einreisevisum verweigerte. Auch Reisberg war nach seiner Entlassung aus dem Gulag sowjetischer Staatsbürger geworden, denn Polen hatte ihm schon vor dem Krieg die Staatsbürgerschaft aberkannt. Im Februar 1959 konnte die Familie in die DDR ausreisen. Reisberg wurde in die SED aufgenommen und konnte eine wissenschaftliche Tätigkeit im Institut für Marxismus-Leninismus aufnehmen, wo er Lenins Werke ins Deutsche übertrug und zahlreiche Bücher über die Geschichte der Arbeiterbewegung verfasste, darunter eine Abhandlung über die Februarkämpfe 1934 in Österreich.
Arnold Reisberg starb 1980 in Berlin.
Quelle: RGASPI, GARF
Siehe auch Willi Weinert, Zum 100. Geburtstag von Arnold Reisberg, in: Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft, 1/2004 (Kurzfassung: http://www.klahrgesellschaft.at/Mitteilungen/Weinert_1_04.html)