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Die extreme Rechte in Zeiten von Corona - Teil 2

Neues von ganz rechts - April 2020

 

Bereits Ende März berichtete das DÖW über Einlassungen von rechts außen zur Corona-Krise. Die dabei festgestellten Grundtendenzen in Sachen Problembestimmung und der verwendeten Narrative haben sich seither bestätigt.

 

Das gilt nicht zuletzt für Versuche, die Krise für die eigene Agitation gegen MigrantInnen und andere marginalisierte Gruppen außerhalb des eigenen Nationalkollektivs in Dienst zu nehmen. So rief etwa der Umstand, dass die österreichische Bundesregierung 4,14 Millionen Euro – also rund ein Zehntausendstel des Corona-Hilfspakets von 38 Milliarden – für Geflüchtete in Syrien aufwendet, Empörung in rechten Gazetten und der dazugehörigen Online-Sphäre hervor, sei doch nicht einzusehen, weshalb die Regierenden in schwierigen Zeiten nicht die "eigenen Leute" in den Mittelpunkt ihres Handelns stellten. Im parlamentarischen Spektrum qualifizierte der freiheitliche Nationalratsabgeordnete Christian Hafenecker am 12. April via Facebook die vergleichsweise kosmetische Gabe für in syrischen Lagern Notleidende als "Schlag ins Gesicht vieler Österreicher". Parteikollege Dominik Nepp machte sich auf derselben Plattform wenige Tage später (am 18. April) dafür stark, die Austrian Airlines in der Krise durch eine Abschiebungs-Offensive zu unterstützen.

 

Für die oberösterreichische Zeitung Wochenblick, vom DÖW bislang nicht als eindeutig rechtsextrem eingestuft, griff Autorin Cornelia Kirchweger am 6. April zu besonderer Perfidie. In einem Text mit dem skurrilen Ziel, das "Wesen" und die "politische Orientierung" von SARS-CoV-2 zu enthüllen, führte sie aus: "Das Corona-Virus pfeift auf unsere Regeln und Werte. Es kennt keine Menschenrechte, keine Nächstenliebe, keine Rücksichtnahme, keine Toleranz. [...] Doch es mag Schwäche und Toleranz bei den Anderen. Das sichert sein Überleben. Es sucht sich einen Wirt, und versucht, sich darin bestmöglich zu entfalten. [...] Es ist auf die Menschen angewiesen, die es auf- und mitnehmen […]. Sein größter Feind ist Stärke, Gegenhalten, Abwehr, aus dem System drängen. […] Das schafft nur ein intaktes Immunsystem." Es ist kaum als Zufall anzusehen, dass diese Charakterisierung eines Krankheitserregers bis aufs Wort gängigen rechtsextremen Unterstellungen gegenüber dem Islam bzw. muslimischen Zugewanderten gleicht – und die Aussagen über richtigen und falschen Umgang mit dem Virus den entsprechenden Forderungen für den Umgang mit Letzteren.

 

Antimuslimische Phantasie entfaltete auch der ehemalige FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache in einem Interview vom 19. April, in dem er argwöhnte, die Bundesregierung könnte die bisherigen Ausgangsbeschränkungen gezielt während des islamischen Fastenmonats Ramadan lockern, um sie "dann Ende Mai – nach dem Ramadan – wieder hochzufahren". Strache hat sich inzwischen auch in die Phalanx derer eingeklinkt, welche die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung für überzogen halten und dies mit den Aussagen Corona-"skeptischer" Mediziner untermauern, konkret mit jenen Wolfgang Wodargs (siehe: correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2020/03/18/coronavirus-warum-die-aussagen-von-wolfgang-wodarg-wenig-mit-wissenschaft-zu-tun-haben), der in einem von Strache am 15. April auf Facebook geteilten Video die Eindämmungsmaßnahmen für "völlig unnötig" erklärt. Mit Wodarg und seinen deutschen Kollegen buhlen inzwischen auch diverse österreichische Mediziner – dieselben Thesen im Munde führend – um Aufmerksamkeit, darunter ein 2018 nach Verbotsgesetz verurteilter Wiener Arzt.

 

Für abenteuerliche Schlussfolgerungen am rechten Rand sorgte die vom Institut SORA durchgeführte, erste Untersuchung zur Erhellung der Dunkelziffer an Covid-19-Infizierten in Österreich. Dass diese (unter dem Einfluss der ergriffenen Maßnahmen) nur 0,33 % Erkrankte in der Stichprobe auswies, deutete die Plattform unzensuriert.at wie folgt: "Ich muss über 300 verschiedene Personen treffen und mich mit jedem von ihnen mindestens 15 Minuten in einem geringeren Abstand als ein Meter unterhalten, um Gefahr zu laufen, angesteckt zu werden." Dieser Sichtweise blieb das von Martin Graf gegründete Desinformationsportal auch in einem weiteren Artikel vom 19. April treu. Nun hielt man bereits 2000 Kontakte von mindestens 15 Minuten mit unter einem Meter Abstand für nötig, um überhaupt in die Gefahr einer Ansteckung zu geraten. Überhaupt bestehe, wie die SORA-Studie gezeigt habe, ein Infektionsrisiko "nur für 0,17 Prozent der Bevölkerung".

 

Während unzensuriert.at die Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung lediglich für übertrieben hält, agitiert die Initiative Heimat & Umwelt (IHU) – die sich bislang vor allem mit der Forderung nach einem EU-Austritt Österreichs profiliert hatte – gleich für deren sofortige und restlose Aufhebung. Als Kronzeugen führt sie in der März-Ausgabe ihres Periodikums nicht nur Wolfgang Wodarg an, sondern verweist darüber hinaus auch auf "Forscher", welche "die Theorie der Übertragbarkeit von Krankheiten durch 'Viren'" generell "in Frage stellen". Auf dem TV-Sender oe24 fand die Anführerin der IHU, Inge Rauscher, zusammen mit dem Arzt Peer Eifler am 28. März eine Plattform zur Bewerbung einer Petition für die sofortige Aufhebung der Maßnahmen. Während Eifler die Pandemie zu einer "ganz normale[n] Grippewelle" erklärte, zeigte Rauscher sich überzeugt, dass es gar keine Corona-Toten gäbe: die Menschen stürben vielmehr "an anderen Dingen". Ein Flugblatt der IHU, das für die erwähnte Petition wirbt, sieht im Zuge der Pandemiebekämpfung die "Errichtung einer weltweiten Diktatur" und einen "verordneten 'kollektiven Selbstmord'‘ unserer demokratischen Gesellschaftsordnung" im Gange.

 

Das Feld Corona-spezifischer Verschwörungsphantasien wird u. a. von Andreas Mölzers Wochenzeitung ZurZeit beackert, die nach Regierungsplänen in den Genuss einer Sonderförderung aus dem Corona-Krisentopf kommen soll (siehe: www.derstandard.at/story/2000116750804/moelzers-zur-zeit-erhaelt-steuergeld-und-verbreitet-corona-verschwoerungstheorien). So ortet der Autor eines am 9. April online veröffentlichten ZurZeit-Artikels hinter der Pandemie "eine Form der biologischen Kriegsführung". So wie man einst Pesttote "als Munition für Katapulte missbraucht" habe, habe China nun das Corona-Virus über chinesische Wanderarbeiter in Italien eingeschleust. In Spanien wiederum sei "[d]as chinesische Virus [...] durch die links-feministischen Aufmärsche am internationalen Frauentag verbreitet" worden. Mit ähnlicher Stoßrichtung lässt der kürzlich reaktivierte Blog Unser Mitteleuropa einen ungarischen Rechtsextremisten in einer mehrteiligen Video-Serie darüber räsonieren, wer "das Coronavirus auf uns losgelassen" habe. Seine Antwort: China im Verbund mit der WHO und Bill Gates, George Soros und dem Hause Rothschild als Unterlassungstäter und/oder Profiteure der Krise.

 

 

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