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Die extreme Rechte über den Erfolg der FPÖ

Neues von ganz rechts - Oktober 2024

Die Reaktionen der extremen Rechten auf den freiheitlichen Erfolg bei den Nationalratswahlen vom 27. September fielen euphorisch aus. Im Vorfeld der Wahlen hatten sich viele Kader der extremen Rechten für die FPÖ stark gemacht, was angesichts ihres weiteren Rechtsrucks unter Parteichef Herbert Kickl nicht überrascht.

 

Nur im Neonazismus war man gespalten: Während im stark ideologisierten Teil (Infokanal und Radio Deutschösterreich) die FPÖ als „Systempartei“ und „Partei der Freunde Putins“ abgelehnt wird, kursierten in verschiedenen neonazistischen Subkulturen Wahlaufrufe für die Freiheitlichen. So verbreitete die Wiener Tanzbrigade auf Telegram ein Sujet aus der Werkstatt des rechtsextremen KI-Bildproduzenten „Wilhelm Kachel“, auf dem ein computergezeichneter blonder Mann dazu aufruft, die FPÖ zu wählen. In Kroatien drückte der in der internationalen Neonaziszene bestens vernetzte Tomislav Sunić die Daumen und versicherte Kickl auf Facebook, dass auch „viele Diaspora-Kroaten“ hinter ihm stehen würden.

 

Im verschwörungsaffinen Milieu der Querdenker wurde durchgehend für die FPÖ getrommelt. So hatte der von Kickl als „weltbekannte[r] Mediziner“ verharmloste und als „Lichtgestalt der Freiheit und Gesundheit“ gefeierte Antisemit Sucharit Bhakdi eine Wahlempfehlung für die FPÖ abgegeben. Am Höhepunkt des Wahlkampfes war Bhakdi zudem am 24. September Stargast auf einer FPÖ-Wahlveranstaltung in der Wiener Lugner City. Die offen antisemitischen Inhalte seiner dort gehaltenen Rede veranlassten die Jüdischen Österreichischen Hochschüler*innen (JÖH) zu einer Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft.[1] Auch der maßgebliche Organisator der rechtsoffenen Anti-Corona-Maßnahmenbewegung in Österreich, Martin Rutter, unterstützte die FPÖ, mit der „eine rot-weiß-rote Trendwende“ möglich sei. Der Wahltag sei der „Zahltag“ für die Zumutungen der Anti-Corona-Maßnahmen. Rutter, der am 24. September in der Lugner City und bei der FPÖ-Siegesfeier in der Wiener Stiegl-Ambulanz dabei sein durfte[2], mobilisierte nicht nur zum Wahlkampffinale, sondern postete in den Tagen vor der Wahl zahlreiche FPÖ-Wahlaufrufe. Nach der Wahl griff er in einem später gelöschten Telegram-Post wieder ein „heißes Eisen“ an: Die (jüdische) „Endzeit-Sekte Chabad-Lubawitsch“ würde Österreich regieren bzw. hätte „sehr viel Einfluss auf die Systempolitik“.

 

Auch der oft als „Neue Rechte“ bezeichnete Teil des Rechtsextremismus unterstützte die FPÖ nach Kräften. IBÖ-Anführer Martin Sellner legte sich mehr denn je für die FPÖ ins Zeug und gab sogar eine „persönliche Empfehlung“ für Vorzugsstimmen ab: Leo Lugner in Wien und Silvio Hemmelmayr auf der Bundesliste. In einer Videobotschaft an den AfD-nahen Deutschlandkurier rief er dazu auf, „verdammt noch mal zur Wahl“ zu gehen, da die „Zukunft Österreichs […] auf dem Spiel“ stehe. Dabei betonte er „die historische Chance für die FPÖ und den ‚Volkskanzler‘-Kandidaten Herbert Kickl erstmals den ersten Platz zu erreichen, um möglicherweise eine freiheitlich-patriotische ‚Remigrations-Koalition‘ für Österreich bilden zu können“. Nun weiß Sellner um die Festlegungen der anderen Parteien, die eine solche Regierung ausschließen – aber würde er das einräumen, fiele die Inszenierung der FPÖ als um ihre, angeblich von einer Mehrheit gewünschte Herrschaft gebrachtes Opfer des „Systems“ schwerer. Am Wahlabend verkündete Sellner auf Telegram: „Wahnsinn: FPÖ bei 30%! […] Es wird immer bitterer für die linke Loser! Feiert den 29.9. Er wird in die Geschichte eingehen!“

 

Sellners Identitäre feierten den Triumph, wie es im IBÖ-Telegram-Kanal hieß, „auf ihre Art. In Sylt-Adjustierung besuchten sie die Wahlfeiern der Kartellparteien von SPÖ bis NEOS und brachten mit Konfetti, Gigi D’Agostino und einem Banner Stimmung in die traurigen Runden!“ Der freiheitliche Wahlsieg sei „die Erfüllung von 5 Jahren Aufklärung, Aktion und Widerstand. […] Straße und Parlament, Partei und Vorfeld haben gesiegt. Österreich wird das Land der Reconquista und der Remigration werden.“

 

Dass Kickl sein erstes Interview nach den Wahlen AUF1 und dem befreundeten oberösterreichischen Regionalsender RTV gab, ist Programm: Unter seiner Obmannschaft wurde Stefan Magnets Desinformationsplattform zu einem freiheitlichen Leitmedium geadelt. Während andere „alternative“ Medienprojekte unter Protest der FPÖ und aufgrund von nicht bestandenen Sicherheitsüberprüfungen durch das Innenministerium sich nicht für die Wahlberichterstattung aus dem Parlament akkreditieren konnten, durfte AUF1 dank RTV aus dem Hohen Haus berichten. In seinem abschließenden Kommentar fasste Magnet noch einmal die Gründe für den freiheitlichen Wahlsieg zusammen. Die FPÖ gehe einen „patriotischen, anti-globalistischen und anti-System Weg“ und sei „nicht abgewichen“. Auch hätten die Freiheitlichen nicht versucht, „sich dem System anzudienen“. Vielmehr hätte man sich gegen die „globalistische Auswüchse einer globalen Machtpolitik hin zur Einen-Welt-Regierung“ gestellt. Ein paar Tage vor der Wahl streute Magnet noch Gerüchte, wonach der „Deep State und das Medien-Kartell […] in höchster Alarmbereitschaft“ sei und der FPÖ „den Sieg stehlen“ wollten.

 

Magnets Kamerad aus Zeiten des neonazistischen Bundes freier Jugend (BfJ), Michael Scharfmüller, konnte am Wahltag die nicht bestandene Sicherheitsprüfung durch eine Einladung als AUF1-Studiogast umgehen und schaffte es so ins Parlament. Danach erklärte er dem befreundeten Internet-TV-Kanal von COMPACT, warum die FPÖ gewonnen habe: Weil sie in den letzten Jahren „nicht von der Seite des Volkes gewichen“ sei, egal ob es „Corona betroffen hat […] oder den Großen Austausch“. Scharfmüllers Info-DIREKT hatte ebenfalls zur Stimmabgabe für die FPÖ aufgerufen und kommentierte das Wahlergebnis als „gute Nachrichten für alle Patrioten aus Österreich!“

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